Auf dem Weg zur zweiten Heimat, Tag 3 und 4

Tag 3: Freitag, 19. Mai 2023

Wie vorhergesagt wird der Wind stärker, als wir uns Madeira nähern, also wird die Genua mal wieder auf Reff 2 eingedreht. Passage Weather, und unser Wettermann Uwe bestätigt dies, spricht von einer „Acceleration Zone“, mit anschließender Flaute im Windschatten der Insel. Stimmt, um 13 Uhr wird das Großsegel auf volle Größe ausgerefft. Das geht gut bis 16 Uhr, dann sind wir in Lee der Insel, der Wind wird schwächer und raumt, bis wir fast auf Vorwindkurs sind. Nach einigen unnützen Diskussionen, die es zwischen Ehepaaren manchmal gibt, wird der Code D gesetzt, der zickt aber auch – diesmal wirklich der Gennaker – erst nach fünf Versuchen rollt er sich endlich komplett aus. Nicht lange, dann sind wir wieder bei 8-10 Knoten Wind und fahren zwischen fünf und sechs Knoten. Das wird kein schönes Etmal morgen früh! Und der Skipper schimpft, und schimpft und schimpft.

Volker sitzt m Kartentisch und telefoniert mit Segelfreund Pascal, als der Wind von dem blöden Vorwindkurs auf einen Amwindkurs dreht und deutlich zunimmt – der Gennaker muss weg, die Genua wird ausgerollt, aber nur bis Reff 1. Gleich danach sind es über 17 Knoten scheinbar, das Großsegel wird ebenfalls auf Reff 1 verkleinert.

Heute gibt es Abendessen aus der Dose, die zweite Portion Lasagne ist für morgen Abend reserviert. In St. Martin haben wir beim Leader Price Königin-Pastetchen und Ragout Fin gekauft, für eine schnelle Mahlzeit. Das ist ja flott warm gemacht, die Pastetchen eben mal kurz im Ofen angewärmt. Ungewöhnlich, das Ragout ist mit kleinen Klößchen angereichert, und nur wenig Fleisch drin, es hätte eigentlich gar keine Pasteten dazu gebraucht, aber es schmeckt.

Nach dem Abendessen, ich bin mit dem Spülen noch nicht fertig, reffen wir zuerst die Genua wieder aus, zehn Minuten später kommt das Großsegel dran. Als das steht, ist Volker der Meinung, dass es das jetzt war mit den Manövern, zumindest für die Nacht hat er keine Lust mehr auf weitere. Aber cool ist das schon, bei 12 – 14 Knoten Wind aus 70 – 90 Grad sind wir zehn Knoten schnell.

 Halbtagesetmal um 21:30 Uhr 90 sm, nicht doll aber in Ordnung, bei dem unsteten Wind.

Der scheinbare Wind ist deutlich über 15 Knoten, die Genua wird noch zwei Umdrehungen weggerefft. um 23:15 ist wieder mal das Großsegel mit Reff 1 dran, das war wohl nix, mit heute Nacht keine Manöver mehr! Mal sehen, wie lange das jetzt hält.  

***

Tag 4 Samstag, 20. Mai 2023

Nachdem das Großsegel in der Nacht in Reff 1 stand, und die Genua noch einmal aus- und wieder eingerefft war, verlief der Rest der Nacht ruhig. Das gab uns Gelegenheit zum Schlafen.

Ich werde davon wach, dass Volker das Vor- und das Großsegel ausrefft. Eine kleine Reparatur folgt: Die Leine von Reff eins hat sich am Baum aufgescheuert, Volker schneidet das Stück auf dem Cockpitdach sitzend ab, und zieht von der üppig vorhandenen Restleine etwas nach. Fertig.

Das Etmal ist besser als gedacht, ein bisschen schwächer als an den letzten beiden Tagen, 191 Seemeilen haben wir versegelt, noch 124 sm bis Puerto Calero.

Volker plant das Festessen zur Ankunft, schickt mich in die Bilge, um die noch vorhandenen Zutaten zu Chili con Carne zu raus zu suchen, Ulrike bekommt eine Liste mit den fehlenden Dingen, die Gäste sind eingeladen, jetzt müssen wir nur noch ankommen.

Der Wind ist bisher mit 14-15 Knoten gerade an der Grenze zum Gennaker setzten, er soll aber nachlassen. Wir ziehen den Gennaker schon mal am hoch, dann geht das nachher ganz schnell, wir müssen ihn nur noch ausrollen. Gestern war das ja ein bisschen schwierig, bis das Leichtwindsegel sich ausrollen ließ, aber beim Einrollen waren wir sehr vorsichtig, damit das beim nächsten Mal einfacher vonstatten geht.

oh, oh!

Als der Wind auf elf Knoten nachgelassen hat, und schön raum ist, wollen wir den Gennaker ausrollen, das müsste ja nur noch ein Kinderspiel sein. Dachten wir … Er ist noch nicht einmal zu einem Viertel ausgerollt, da tut es einen Schlag, das Tuch ist gerissen. Vom Schothorn aus sicher drei Meter in den Stoff hinein. Glücklicherweise lässt es sich wieder einrollen, Volker schaudert es immer noch bei dem Gedanken, was passiert wäre, wenn das bunte Segel bereits komplett ausgerollt gewesen wäre. Dann hätten wir es nicht mehr einrollen können, ich mag gar nicht daran denken, wie wir es wieder nach unten bekommen sollten. Vielleicht kann ich es in Lanzarote selbst reparieren, dann könnten wir diesen hier als Reserve fahren, der neue Gennaker ist fast schon bestellt.

So motorsegeln wir dahin, nicht so schnell wie erhofft mit dem Leichtwindsegel. Seit 16:30 schweigt der Motor mal für eine kurze Zeit. Es ist schon ein Hin und Her mit dem Wind. Dank Uwe aus Bayern, unserem Wettermann, sind wir darauf vorbereitet, so auch gestern auf die Accelleration zone und die nachfolgende Flaute in der Nähe von Madeira. Um 17:35 macht Volker die Motoren wieder an. Irgendwann wollen wir ja auch ankommen, sonst sind die Freunde für unsere Ankunftsfeier vor uns im Hafen.

Die atlantische Rundreise vom 23. Januar 2022 bis 21. Mai 2023

Nun sind es noch 65 Meilen bis zu der südwestlichen Spitze von Lanzarote, dort wird unsere Atlantikrundfahrt vollständig sein, denn wir kreuzen unsere Kurslinie. Am 23. Januar 2022 haben wir in Lanzarote abgelegt, heute Nacht sind 482 Tage vergangen, oder ein Jahr und fast vier Monate, denn wir werden am 21. Mai 2023 ankommen. 

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Eine Antwort zu Auf dem Weg zur zweiten Heimat, Tag 3 und 4

  1. Herzlichen Glückwunsch zu Eurer erfolgreichen Atlantikrunde!

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