Inspirierend

Angra do Heroísmo

1470 startete die Besiedlung der azoreanischen Inseln durch die Portugiesen. In den folgenden Jahrhunderten gab es dann immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen mit den Spaniern, die dann zu Machtwechseln, auf den Azoren führten. Ein Schwerpunkt dieser Kämpfe war die Stadt „Angra do Heroísmo“, deren strategische Bedeutung durch zwei natürliche weitläufige Ankerbuchten, die bei allen Windrichtungen Schutz boten, für die Galeeren kriegsentscheidend war.

Das Fort

Die Spanier beispielsweise errichteten ein großes Fort an der Ostseite von Angra und einen vier Kilometer langen Befestigungswall an der gegenüberliegenden Seite der Bucht. So konnten feindliche Schiffe von beiden Seiten beschossen und vertrieben werden.

Angra de Heroísmo entwickelte sich prächtig, so prächtig, dass es sogar im Laufe seiner Geschichte zweimal die Hauptstadt von Portugal wurde und einmal die Hauptstadt der Azoren. Doch die Bedeutung von Angra für Portugal, und Lissabon im Speziellen, geht noch weiter. Die Straßenzüge und die Anordnungen der Häuser in der Altstadt sind in Rechtecke aufgeteilt und die Straßen verlaufen, ausgehend vom Hafen, alle parallel zu einander. Genau diese clevere Anordnung wurde bei der Stadtentwicklung von Lissabon übernommen. Das Zentrum von Angra ist als Weltkulturerbe von der Unesco eingestuft worden. Vasco da Gama, der als erster den Seeweg, am Kap der guten Hoffnung vorbei, nach Indien gefunden hatte, ist in Angra, in einem neu errichteten Hospital für Seefahrer, verstorben und in der Stadt beigesetzt worden.

Angra de Heroísmo ist bis heute eine blühenden Stadt, mit zahlreichen Museen, einem hübschen botanischen Garten, 8 Kirchen und 14 Kapellen, von denen die meisten dem Heiligen Geist gewidmet sind. Zudem gibt es, nicht nur im Sommer, kostenlose Konzertreihen in den Gassen der Altstadt, in den Kirchen, oder am Hafen. Genau wie auf São Miguel wird auch auf Tereira Kunst und Kultur groß geschrieben.

Vom Monte Brasil aus, dem Hausberg von Angra, hat man eine tolle Aussicht auf die Stadt und die Umgebung. Gut beschilderte Wanderwege führen zu den Nachbarorten. Dreieinhalb Seemeilen südlich von Angra liegen zwei Felseninseln im Meer, die durch einen unterseeischen Vulkanausbruch entstanden sind, und mit ihren Höhlen zu einem Ausflug mit dem Beiboot einladen. 

Wir haben uns eine inspirierende Städtetour mit José und seinem Tuktuk gegönnt und bei der zweieinhalbstündigen Rundfahrt viel über Angra und seine nähere Umgebung erfahren. Man merkt José deutlich an, wie sehr er seine Stadt und seine Insel liebt. Er war in seinem mittlerweile doch recht langen Leben noch nie länger als drei Wochen weg von Terceira, und selbst das sei ihm schon zu lange gewesen, sagt er….

Der Abschied von Angra fällt auch uns schwer, so gut hat es uns dort gefallen, so schön ist die Stadt und das direkte Umfeld.

Doch heute früh um 5.30 Uhr hieß es „Anker auf“ und mit prall geblähten Segeln und Rauschefahrt haben wir uns auf den Weg nach Ponta Delgada gemacht. Mit über 10 Knoten Fahrt segeln wir unserem 90 Seemeilen entfernten Ziel, bei Idealbedingungen, entgegen.

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Kurzer Stopp auf Graciosa

Am Samstag sind eir von Angra do Heroismo nach Graciosa gesegelt und wurden morgens von einer Delfingruppe begrüßt. Die eher kleinen Tiere – ich hab gesagt, da spielen die Kindergartenkinder mit uns – haben uns bestimmt eine Viertelstunde lang begleitet. Ich finde, dass das – obwohl wir es schon so oft gesehen haben – ein wirklich erhebendes Gefühl ist, den spielenden Tieren zuzuschauen. 

Gestern gab es in dem kleinen Ort Praia, wo wir vor Anker lagen, den für die Azoren typischen Leinen-Stierkampf, eher eine Belustigung für alle, inklusive dem Stier, denn ein wirklicher Kampf. Das Ganze findet auf der Straße statt, seit Neuerem auch gerne am Strand, weil dort sowohl Stier als auch die Zuschauer immer mal im Salzwasser landen. Die Stiere von den hiesigen Bauernhöfen wird aus dem Viehtransporter-Wagen rausgenommen, hat zwei lange Schleppleinen, und läuft – nach einem Bollerschuss – durch die Straßen. Die langen Schleppleinen hängen erst lose hinter ihm, aber wenn es brenzlig wird, halten ein paar starke Männer den Toro damit fest. Ein mit rotem Hemd bekleideter „Torero“ hält einen großen Parasol (wie ein großer Regenschirm), meist in Rot, vor die Stiernase, und weicht dann dem so angetörnten Tier möglichst gut aus. Dabei laufen auch die am Straßenrand stehenden Zuschauer kreischend in die andere Richtung, unter dem Applaus der Menschen, die dem Spektakel von den sicheren Balkonen oder z.B. den Hafenmauern zuschauen. Zwei Böllerschüsse bedeuten das Ende einer solchen Performance, der Stier fährt wieder nach Hause, und ein neuer kommt nach dem nächsten Böllerschuss.

Die Böllerschüsse und das Gekreische sowie den Soundcheck für die abendliche Unterhaltung haben wir schon vom Boot aus gehört. Wir  wollen ja mal die Gegend erkunden und als unser Beiboot sicher in dem Fischerhafen liegt, stehen wir auf der Hauptstraße des sehr kleinen Ortes Praia inmitten einer Menschenmenge. Auf dem Platz beim Sportstadion, das außerhalb der „Arena“ liegt, wird über dem offenen Feuer gegrillt, Getränke verkauft, Tische und Bänke sind aufgestellt, dort sitzen die, die von dem Spektakel genug haben und sich nach der Aufregung stärken müssen.

Nach zwei Stieren haben auch wir genug davon und kehren zum Boot zurück. Die abendliche Musik von einer Marching Band mit hauptsächlich Blechblasinstrumenten hört sich vom Boot aus lustig an. Nur als am späteren Abend in einem Haus offensichtlich eine größere private Feier mit sehr basslastiger Partymusik beginnt, stöhnt Volker genervt auf und holt sich seine Ohrstöpsel. 

Der heutige Tag beginnt gut mit einem selbst gebackenem Brot nach einem Rezept aus der Outremer-WhatsApp-Gruppe, Arbeiten am Boot und einem erfrischenden Bad im Meer. Entzückende Fische in Perlhuhnoptik kommen neugierig ganz nah heran, von den kleinen roten Quallen halte ich mich gerne fern.

Als aber noch ein fünftes Boot in die kleine Ankerbucht kommt, und fast direkt über unserem Anker liegt, außerdem schon wieder Lärm von dem Partygebäude kommt, wird es Volker zu dumm, wir gehen um 16 Uhr Ankerauf und motoren, es ist kein Wind (zwei Knoten), zurück nach Terceira. 

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Hierhin oder dorthin?

Dem Wetter geschuldet brechen wir etwas überstürzt auf, denn wenn wir noch nach Graciosa oder São Jorge wollen, müssen wir heute los, in den nächsten Tagen kommt Westwind. Und da wir bis zu Volkers Geburtstag zurück in Ponta Delgada sein möchten, gibt es nicht viel Zeit, um geduldig einen besseren Wind abzuwarten. 

Allerdings ist der Wind auf der Südseite der Insel Terceira so schwach und die Strömung kommt genau von vorne, dass wir nur langsam vorwärts kommen. Ab dem Ende der Insel kommt der Wind mit 16 Knoten, aber leider aus NNW, und das ist exakt gegen den Kurs nach Graciosa. So ändern wir den Plan, und steuern Velas auf São Jorge an. Aber als Volker sieht, dass es noch 40 Meilen bis zum Ankerplatz wären, und man dort auf Sand ODER Felsen ankern müsste, verwirft er diese Idee dann doch als ein „No-Go“. Denn wir würden sicher erst in der Dunkelheit ankommen, da wir in Lee der Insel höchstwahrscheinlich motoren müssten, und nicht, wie gerade noch, mit 9 Knoten durch die Wellen sausen können. Und in der Dunkelheit vielleicht den Sand zu erspähen, und anschließend sicherheitshalber nach dem Anker zu tauchen, ist einfach unmöglich.

Unser Ankerplatz

So kehren wir um 13:25 um und hoffen, in der Bucht der Stadt Angra do Heroismo einen guten Ankerplatz zu finden. Von dort aus sind es morgen nur 44sm, wenn wir früh weg fahren, passt das, dass wir auf jeden Fall im Hellen ankommen. Angra ist Weltkulturerbe, selbst wenn das morgen nicht passt, haben wir  hier genug zu sehen.

Und so werfen wir kurz nach der Ankunft das Beiboot ins Wasser, fahren in die Marina, und verlieben uns in diese wunderschöne Stadt. Der einzige Nachteil ist nur, dass es hier ständig bergauf geht. Bergab natürlich auch, aber das ist ja eher angenehm. Vom Hafen weg führt eine – eigentlich zwei – Prunk-Straßen, mit Girlanden geschmückt, und gesäumt von Ladengeschäften aller Art.

Wir bekommen einen Flyer für Straßentheater an diesem Wochenende zugesteckt (naja, verstehen werden wir da nicht so viel), und schlendern bzw. steigen die Straßen und Gassen entlang. Alles ist schön, die meisten Häuserfronten sind in einem sehr guten Zustand, die Gitter an den Balkonen reichhaltig an geschwungenen Ornamenten, die Häuser farbenfroh, die Straßen sauber, es ist eine Freude, in Angra herum zu laufen. Beim Bäcker finden wir leckere Brötchen für morgen früh, und wir setzen uns bei einem kleinen Kiosk, um ein Wasser zu trinken. Natürlich wieder einmal vor einer der mehr als zahlreichen Kirchen hier.

Für unser Abendessen finden wir ein großartiges Lokal. Es nennt sich zwar ganz profan „Cerveijaria do canto“ was soviel wie „Bierkneipe an der Ecke“ heißt, ist aber eher ein modernes Speiselokal, im Frühjahr eröffnet. Wir sind direkt um sieben Uhr dort, als sie aufmachen, und um 19:45 sind alle Tische besetzt!

Auf derGetränkekarte stehen zwar ca. 20 verschiedene Biersorten, aber auch mindestens genau so viele Weine der Azoren, und zu essen gibt es wunderbare portugiesische Gerichte. Ich entscheide mich für einen Meereseintopf mit Fisch, Muscheln, Gambas und Sepia, so fein! Volker bekommt „Alcatra de Carne“, so etwas wie slow cooked Rindfleisch in einer sehr dunklen Soße und „richtige“ aus frischen Kartoffeln geschnittene schlanke Pommes. Extrem lecker! Die Reste des dazu gereichten leicht süßlichen Brotes stecken wir in den Rucksack fürs Frühstück. Wer mal hierher kommt, sollte sich dieses Bierlokal nicht entgehen lassen.

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Heiliger Geist

Genau so lange wie der Mainzer Karnevalsumzug dauert die Parade zu den „Grandes Festas do Divino Espirito Santo“, den Tagen des Heiligen Geistes. Kein Wochenende vergeht auf São Miguel ohne ein großes Event, und das nicht nur im Sommer, sondern das ganze Jahr rund wird kräftig gefeiert, Hauptsache, es gibt irgendeinen Anlass.

Impressionen vom Umzug

Bei dem Fest des Heiligen Geistes hat jede Gemeinde der Insel mitgemacht und war Teil des Umzugs und der abendlichen Konzerte. Gemeinden mit agrarwirtschaftlichem Schwerpunkt spannten ihre Rinderbullen vor den Karren, andere hatten Umzugswagen mit Nähmaschinen, sowie den dazugehörigen, nähenden oder stickenden Frauen, „an Bord“, Mitglieder der Gemeinde von Candelaria gossen Kerzen aus flüssigem Wachs, bei anderen wurde während des Fahrens Brot gebacken, und andere Gruppen boten ihre Sanges-, oder Musikkünste dar. Die Zuglänge erstreckte sich über mehrere Kilometer. Beeindruckend, was da wieder von zahlreichen Freiwilligen auf die Beine gestellt wurde. Abends kam gefühlt die gesamte Einwohnerschaft von São Miguel in Ponta Delgada zusammen. Auf dem Kirchplatz wurde bis spät in die Nacht weiter gefeiert. Nur geschunkelt und getrunken, wie in Mainz am Rhein, beim Karneval, wurde dann doch nicht.

Am Freitag zuvor waren wir zu einem Konzert eingeladen, das in der Nähe der heißen Schwefelquellen von Furnas auf einem privaten alternativen Hof mit mehreren Gebäuden und riesigem Garten stattfand. Dort finden Künstler und Freunde Unterschlupf für eine bestimmte Zeit. So auch Aryan, ein persisch-stämmiger Musiker, der für einen kleinen Kreis ein Konzert gab. Er hat gesungen, auf dem Keyboard gespielt, außerdem mit der Duduk – das ist eine armenische Flöte, die wie eine Klarinette mit Doppelblatt angeblasen wird – und einer dreisaitigen iranischen Gitarre meditative Musik gemacht. Wir hatten das Glück, dass unser Freund Jörn Aryan eines Nachmittags bei Eiscafé kennengelernt hat, so wurden auch wir zu dem Konzert eingeladen. Hier ein kleiner Ausschnitt:

Am Sonntag war es für uns an der Zeit, die Hexe für die Weiterreise vorzubereiten. Bedingt durch unsere lange Zeit in der Marina, war das Boot mit Festmacherleinen, spinnennetzartig eingewebt. Deswegen steuerten wir später am Abend einen Liegeplatz am Kopfende des Steges an, von dem wir am nächsten Morgen einfacher Ablegen konnten. Ziel des geplanten Segeltörns war Terceira, die 93 Seemeilen entfernte Nachbarinsel.

Sonnenaufgang auf See

Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 5 Uhr, es ist noch stockfinster draußen. Um 20 nach 5 Uhr sind wir auf dem Weg zur Hafenausfahrt, das Großsegel geht hoch, die Genua wird mit ausgerollt, aber wegen Windmangels läuft der Motor noch für weitere zwei Stunden mit. Dann sind wir soweit aus dem Windschatten von São Miguel raus, dass die Lärmquelle abgestellt werden kann, und die Faszination Segeln beginnt. 

Mit einem tiefen Raumschotkurs segeln wir unserem Ziel Terceira entgegen. Aus den 155 Grad Windeinfallswinkel werden druckvollere 120° und unser Hexenkat stürmt mit gut 10 Knoten Fahrt los. Gerade als Cornelia fest eingeschlafen ist, frischt es auf 24 Knoten Wind auf und plötzlich zeigt die  Logge 17 Knoten an. Das ist mir dann doch ein bisschen zu viel Druck im Boot. Zunächst gehe ich auf einen tieferen Kurs und wecke dann das Dornröschen aus seinem Mittagsschlaf. In knappen vier Minuten ist ein Reff eingebunden und wir sind wieder auf Kurs. Nach einer weiteren Stunde hat der Wind über einen längeren Zeitraum so nachgelassen, dass wir schnell ausreffen. 

Um Punkt 17 Uhr queren wir die Hafeneinfahrt von Praia da Vitória, unter Vollzeug mit 10,6 Knoten Speed. Die Motoren werden gestartet und die Segel flux geborgen. Ein guter Segeltag ist vergangen und hat sich nachhaltig in unser Gehirn, unter der Rubrik „schöne Erlebnisse“, eingeprägt. Die Ankerbucht ist mit 27 anderen Segelbooten gut gefüllt.

Praia da Vitória mit den ankernden Seglern

Mal schauen, was Terceira in den nächsten Tagen für uns bereit hält.

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Dann halt nicht …

So wird das nix mit uns, ich meine mit Irland und uns. Wenn wir die Wettervorhersagen, selbst für den Süden von Irland, z.B. Kinsale anschauen, verdrehen wir nur noch die Augen. Regen gibt es fast an jedem Tag, dazu noch einstellige Temperaturen in der Nacht, und tagsüber erreicht das Quecksilber gerade mal nichtsommerliche 18 Grad. Die Verlockung war da, die grüne Insel mit dem Kleeblatt als Symbol zu bereisen, aber die Attraktivität ist jetzt erkaltet oder ins Wasser gefallen. Zu wechselhaft stellt sich dieser Sommer dar und zu schön ist es auf den Azoren, im Moment. 

Cornelia hat ja schon das Kulturprogramm des letzten Wochendes im voraus angekündigt und wir waren dann auch wirklich jeden Tag live dabei, bei der Musik. Am ersten Abend wurde „Maria de Buenos Aires“, eine argentinische Oper, komponiert von Astor Piazolla, mit einem kompletten Sinfonieorchester dargeboten. Ein wunderbares musikalisches Erlebnis, gespickt mit lateinamerikanischen Tango-Rhythmen und eindrucksvollen Gesangspartien. 

Am Samstag Abend trat Helena Oliveira und Band auf, eine lokal sehr bekannte Sängerin, die unter dem Titel der Show „Nelken von hier und anderswo“ das Publikum in ihren Bann zog. Es waren Lieder aus der Zeit der Nelkenrevolution in Portugal. Bei dieser Revolution, die Nelke galt als Symbol der Arbeiterschaft,  erreichten die Aufständischen das Ende der Diktatur durch einen Marsch auf Lissabon am  25. April 1974 und befreiten die politischen Gefangenen aus Kerker und Folterhaft. Viele Menschen im Publikum kannten die Texte und sangen leise mit.

Der Sonntagabend stand dann ganz unter dem Zeichen des Broadway und der brasilianischen Musik: „Do Rio à Broadway“, dargeboten von dem stimmstarken Coro Sinfonico do Coral de São Jose. Evergreens wie „New York, New York“, „Puttin’ on the Ritz“, „My Way“ oder „Night and Day“ und das brasilianische „The Girl from Ipanema“, wurden gekonnt vorgetragen. Vier Zugaben am Ende dieses Abends sind das Abbild der Begeisterung des Publikums. Dass der Eintritt frei war, hat Cornelia ja schon erwähnt.

Bleiben wir mal bei den monetären Vorzügen des Lebens auf den Azoren. Frisches Obst, Gemüse und Fleisch sind unschlagbar günstig. Ein Kilo Bananen gibt es auf dem lokalen Lebensmittelmarkt für 50 Cent, ein Kilo Äpfel kostet 1,50 €, ein Brokkoli oder Blumenkohl ebenso. Ein Kilo frisches Rinderhack kostet 4,99 € und ein Kilo bestes Rinderfilet geht für 25 € über die Theke, komplett pariert versteht sich. Cornelia ruft gerade rüber, dass ich bloß nicht vergessen soll, den Käse zu erwähnen. Also hier wie gewünscht, der regionale Kuh- oder Ziegenkäse schmeckt je nachdem von welcher der Inseln er kommt, mal würzig stark bis zurückhaltend mild. Im favorisierten Käseladen liegen die Kilo so um die 15 Euro. Die Capitania überlegt jetzt schon, wie sie massig Käse am Ende unsere Azorenaufenthaltes mit nach Deutschland oder zu den Kanaren mitnehmen kann. So geht Begeisterung!

Drei Tage je eine Stunde, bewaffnet mit Spachtel und rauer Bürste, wird dem Bewuchs zu Leine gerückt

Nicht so richtig begeistert sind wir von unserem neuen Antifoulinganstrich mit dem Coppercoat. Da haben wir deutlich mehr erwartet. Zwar schwimme ich beim Reinigen des Rumpfes nicht in mehr in einer Wasser-/Giftwolke aus Antifouling rum. Aber was sich in den letzten vier Wochen so am Rumpf angesetzt hat, ist schon enttäuschend. Der Bootsnachbar sagt zwar, dass der Bewuchsdruck hier im Hafen sehr hoch sei, aber andere Rümpfe mit konventionellem Antifouling sehen zum Teil besser aus. Jetzt warten wir mal ab, wie das wird, wenn wir wieder mit dem Boot mehr durch die Gegend segeln.

Immer wieder spannend, wenn man die Logge zum Reinigen rauszieht, sofort schießt das Seewasser fontänenartig ins Boot, bis der Blindstopfen das Loch im Rumpf verschließt.

Ansonsten werden wir uns mal beim Hersteller von Coppercoat nach der schlechten Leistung des Antifoulings erkundigen, ob das so normal ist.

Außerdem haben wir mal wieder die Logge komplett gereinigt, den Hydraulikölbehälter vom Hydrogenerator, aufgefüllt, ein paar beschädigte Abdeckungen der Motorraumlüfter ausgewechselt und den Backbordmotorraum  gereinigt. 

Am Wochenende gibt es hier wieder Kultur ohne Ende, eine Reihe von Kirchenkonzerten sind angekündigt, und direkt neben dem Hafen wird gerade eine große Bühne aufgebaut. Was dort gespielt wird, wissen wir noch nicht, es soll ebenfalls eine hiesige Sängerin sein. Aber wir können wir dann vom Boot aus zuhören.

Und segeln wollen wir auch bald. Statt Irland steht eine Azorenkreuzfahrt auf dem Programm. Nächste Woche geht es los. Zuerst wollen wir nach Terceira, der 90 Seemeilen entfernten, westlichen Insel Nachbarinsel von São Miguel.

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Zurück auf der Insel

Nun sind wir schon seit Sonntag zurück auf unserer Hexe. Die lag immer noch gut vertäut und unbeschädigt in der Marina von Ponta Delgada, als wir vom Flughafen kamen. Seitdem genießen wir wieder das südlichere Leben. Obwohl die Temperaturen hier sich im unteren zwanziger Wert bewegen, wärmt die Sonne doch ordentlich, und die bösen Wolken bleiben an den Bergen hängen. 

Die ersten Tage waren eher unspektakulär. Volker war sehr betriebsam, er hat den Wassertank auf Bewuchs hin inspiziert und in perfektem Zustand vorgefunden. Außerdem hat er die Toilettenpumpe überholt, wir hatten die Ersatzteile aus Deutschland mitgebracht,  nun funktioniert auch der Teil des Lebens wieder einwandfrei.

Hexe an ihrem Starplatz

Hier haben wir alte Freunde wieder getroffen und neue kennengelernt, das war wie immer sehr bereichernd. Volker und Ellen, denen ich kurz vor unserem Abflug im Hafen begegnet bin, haben uns an der Marina abgeholt und zu ihrem beeindruckenden Haus eingeladen, mit Land drumherum, soweit man schauen kann. Wir alle haben einen Nachmittag lang ununterbrochen geredet und spannende Geschichten gehört, Schwänke aus unser aller Leben, eben.

Wir liegen hier an einem großartigen Fleck. Wir haben einen Liegeplatz zwischen zwei Stegen, was uns ermöglicht, die Hexe so nach beiden Seiten abzuspannen, dass sie in allen Winden wunderbar geschützt ist. Fast alle Festlieger und Gäste müssen an unserem Boot vorbei. Da kommt man auch schnell mal ins Schnacken mit den anderen Seglern, es wird uns nicht langweilig.

Zudem ist Ponta Delgada eine tolle Stadt, wir laufen jeden Tag durch immer neue Straßen und Gassen. Die Straßen im Zentrum sind ein bisschen schicker, aber auch enge Gassen mit nicht so gepflegten Hausfassaden haben wir gesehen. Es gibt renovierte, aber auch baufällige Häuser, hunderte von Optikern im Zentrum, und kleine Läden in der weiteren Umgebung. Die Restaurants sind am Abend extrem gut besucht, ohne Reservation läuft in den meisten nix, in anderen muss man sehr geduldig anstehen, um irgendwann einen Tisch zu ergattern. Unser Lieblingsrestaurant, das „Louvre“ z.B. ist seit unserer Ankunft jeden Abend ausgebucht, höchsten um 21 Uhr würde man eventuell noch einen Platz bekommen.

Heute haben wir „in Kultur gemacht“. Wir hatten gestern ein Plakat gesehen für ein Konzert am Freitag mit „Ritmos Latinos“ für großes Orchester, das im „Largo do Colégio“ stattfinden soll. Im Internet war nichts nichts zu finden, wie und wo man Tickets bekommt, also sind wir nach dem Frühstück aufgebrochen, um dieses Colégio zu finden. Der Platz davor war bereits bestuhlt und der Soundcheck in vollem Gang! Ein freundlicher Helfer erklärte uns, dass die Konzerte nichts kosten, man solle um 21:30 einfach kommen und Platz nehmen. Cool, das machen wir morgen!

Nebenan war gleich ein Museum, und Volker meinte, das sollten wir uns uns doch nicht entgehen lassen, heute sei Kultur-Tag. Dieses Museum ist eine Sammlung sakraler Kunst, in einem ehemaligen Jesuitenkloster untergebracht, das Museo Carlos Machado.

Es besitzt eine große Sammlung von religiöser Kunst aus vielen Jahrhunderten, aber das beeindruckendste ist die eigentliche Kirche mit dem hohen, komplett aus Holz geschnitzten Altar und den beiden Wänden mit blau-weißen Kachelmosaiken, die von Menschen aus dem Dorf gefertigt wurden, von den Mönchen angestellt, um die armen Leute zu unterstützen. Die filigranen Holzschnitzarbeiten des wunderschönen Altars sind an der Decke und an einem Seitenaltar mit Gold verziert, die anderen Teile nicht.

Die Jesuiten-Padres, hoch gelehrt und gebildet, wurden 1760 ausgewiesen, und der Kirchenraum blieb unvollendet, denn natürlich sollten auch die restlichen Holzarbeiten mit Blattgold überzogen werden. Erst in diesem Jahrtausend konnten der Altar und die Gemälde der Sammlung in den ursprünglichen Zustand gesetzt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Doch damit nicht genug der Kultur: Zu dem  Museum gehört auch ein nahegelegenes ehemaliges Nonnenkloster der Sankt Augustinerinnen. Dort befindet sich neben dem wiederum sehr beeindruckenden hochbarocken Kirchenraum ebenfalls eine große Sammlung sakraler Kunst des 17. Jahrhunderts, aber auch naturkundliche Sammlungen mit einer Vielzahl an präparierten Vögeln, Fischen und Landtieren sind zu sehen. Hier ein paar Bilder:

Danach war unser Kopf voll, und unsere Beine müde, jetzt brauchten wir erst einmal ein Stück selbst gebackenen Apfelkuchens an Bord.

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Taschentücheralarm

Und schon wieder haben wir den Rückflug zum Boot nach Ponta Delgada für eine Woche verschoben. Am letzten Wochenende war es Allegra, die dem bösartigen Kindergartenvirus erlegen ist, sodass wir dachten, es wäre vielleicht erholsamer für sie, wenn wir Zoey für ein paar Tage zu uns holen würden. Aber dann wurde Zoey selber krank, und auch Volker hatte sich angesteckt. 

Also gut, die bösen Tiefdruckgebiete wechseln sich sowieso immer noch ab auf dem Nordatlantik, da versäumen wir nichts, wenn wir noch ein paar Tage hier bleiben. Es gibt nur einmal in der Woche einen Direktflug ab Frankfurt zu den Azoren, sodass wir immer in Wochenabständen planen müssen. Die Marina in Ponta Delgada zeigt sich entspannt, dass die „Hexe“ noch ein bisschen bleibt, wahrscheinlich freuen sie sich auch über die Einnahmen, denn jetzt haben die meisten Segler, die im April/Mai aus der Karibik kamen, die Azoren verlassen.

Ob das gegen Erkältung hilft?

So, im Laufe der Woche hat auch Volker sich erholt und eigentlich wollten wir am Freitag zu einem vorläufig letzten Besuch bei den Enkelkindern starten. Dann aber habe ich Donnerstag Abend begonnen zu husten, und Volker musste sich die halbe Nacht mein Gebelle anhören. Daraufhin hat er kurzentschlossen am Freitag Morgen mit einer sehr netten Dame bei der Lufthansa gesprochen und unseren Flug erneut umgebucht. (Ich weiß schon, warum ich normalerweise die Rückflüge zum Boot nicht direkt mit buche, oder wenn, dann auf jeden Fall mit einer Option zum Umbuchen!)  Aber obwohl sich der Wind eigentlich für die nächste Woche günstig gezeigt hatte, ist diese Vorhersage seit heute Morgen auch schon wieder obsolet.

So genießen wir nun noch ein bisschen das satte Grün des verregneten Deutschland, ab morgen soll es wärmer werden. Dann kann Volker mit unserer kleinen Enkeltochter schwimmen, paddeln und radeln, und in ein paar Tagen bin auch ich wieder fit für das Biergartenwetter.

Sehr grün bei leider bedecktem Himmel

Das Treffen zu meinem fünfzigjährigen Abitur war ein voller Erfolg. Am Ende der Schulzeit zählte unsere Stufe ungefähr 90 Mitschülerinnen und Mitschüler, davon waren nach 50 Jahren noch 47 gekommen, ein paar sind nicht mehr auffindbar, oder sehr weit weg verzogen, und leider sind auch einige, glücklicherweise nur wenige, für immer gegangen. Wir haben eine Führung durch unsere Schule von dem vorherigen Direktor bekommen, der ganz offensichtlich immer noch für das Goethe-Gymnasium schwärmt. Wir waren alle begeistert, in welch herausragendem Zustand sich das Gebäude und die Inneneinrichtung befindet. Besonders stolz zeigt sich unser Guide über die von den Schülerinnen und Schülern selbst renovierten und gestalteten Toilettenräume, auch die durften wir bewundern. 

Nach einer kleinen Kaffeepause schloss sich eine weitere sehr interessante Führung von Mitschüler Georg durch die nicht-öffentliche wissenschaftliche botanische Sammlung des Senckenbergmuseums an. 

Am Abend kam dann das fröhliche Beisammensein beim Äppelwoi. Zunächst mussten wir alle über uns erzählen, was uns in den letzten 50 Jahren bewegt hat. Anschließend wurden die Erfahrungen und Erlebnisse der vielen Jahre in kleineren Grüppchen weiter ausgetauscht. Insgesamt ein großartiger Tag, danke an unsere Organisatoren!

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Immer noch …

Mal wieder ist ein Tiefdruckband über uns hinweg gezogen, immer noch ist der direkte Weg nach Irland versperrt. Die Götter des Windes haben diesmal kein Einsehen mit uns, doch dafür fühlen wir uns pudelwohl auf São Miguel. Und auch die Hauptstadt Ponta Delgada mit ihren Märkten, den kleinen verwinkelten Gassen, dem schmucken Hauptplatz im Zentrum der Innenstadt und das Hafenviertel üben eine magische Anziehungskraft auf uns aus. Das abendliche Programm bietet zudem Livemusik, nette Bars und tolle Restaurants.

Das soziale Leben im Hafen mit den Booten aus der ganzen Welt, die auf der Durchreise sind, ist bunt und abwechslungsreich. Wir liegen ja an einem Durchgangssteg und fast alle kommen bei uns vorbei. Mit dem Nachbar werde ich morgen an der samstäglichen Regatta teilnehmen. Sein Schiff ist so schön wie es einzigartig ist, eine Luffe 45 DS. Das DS steht für Decksalon, den er selbst entworfen hat. Viele nette Menschen haben wir hier schon kennengelernt. Von daher sind wir nicht so traurig, dass wir noch hier bleiben „müssen“.

Mit Günter und Monika von der Hugin haben wir einen zweiten Ausflug über die Insel gemacht, dabei bekannte Schönheiten wieder gesehen und auch Neues entdeckt. Vielen Dank fürs Mitnehmen!

Jeden Tag stehen zudem neue kosmetische Arbeiten oder Unterhalt an Bord an. Der komplette Aufbau musste mal wieder poliert werden, eine Silikonnaht ist erneuert, das Edelstahl ist poliert und eine Backskiste mit Epoxykleber abgedichtet worden. Nix Spektakuläres, aber das hört wohl nie auf.

Zudem muss ich hin und wieder ins Wasser hüpfen und mit einer Spachtel bewaffnet dem Seegras zu Leibe rücken. Wie wir jetzt erfahren haben, hilft das Coppercoat wohl gegen Muschelbewuchs, aber eher nicht gegen Bewuchs von Seegras. Eins ist und bleibt natürlich gut beim Kampf gegen den Rasen, wie ich ihn spaßeshalber nenne, muss ich nun nicht mehr in einer Giftwolke aus Antifouling-Abrieb herum schwimmen. Das Coppercoat mit seinem Epoxy- und Kupferanteil ist steinhart.

Seit vier Tagen müssen wir zudem abends und morgens nicht mehr heizen, bedingt durch die südlichen Winde ist es schön warm geworden. Das Quecksilber zeigt rund um die Uhr freundliche 20-22 Grad an.

Nicht unerwähnt sollen die Ananasse von São Miguel bleiben. Verteilt über die Insel gibt es zahlreiche Gewächshäuser, in denen die leckere Südfrucht kultiviert wird. Die Ananas hier ist in der Tat so süß wie die aus der Karibik. Wir haben schon einige vernichtet. Am besten kauft man die goldgelben Früchte in der lokalen Markthalle, die sich in einer ehemaligen Tiefgarage befindet. Neben den Ananassen gibt es dort alle erdenklichen Obst- und Gemüsesorten. Vieles wird regional auf der Insel angebaut. Auf dem oberen Parkdeck wird Fleisch, Geflügel und der beste Käse der Insel angeboten. Mehrmals in der Woche lenken wir unsere Schritte zu diesem kulinarischen Eldorado hin.

Vielfältig, preiswert und abwechslungsreich, die wechselnde Speisekarte im Louvre

Wenn wir schon bei kulinarischen Genüssen sind, muss ich unbedingt unser neues Lieblingsrestaurant in Ponta Delgada, das Louvre erwähnen. Frisch zubereitete, lokale Speisen werden dort zu einem sehr moderaten Preis auf hohem Niveau angeboten. Einmal hatte ich geschmorte Rinderbäckchen mit Süßkartoffelpüree und beim nächsten Mal eine knusprige Schweineschulter auf einem Gemüsebett deliziös!

Also, ich glaube, man merkt schon an dem ganzen Bericht, dass es uns hier auf den Azoren doch gut geht.

Bis zum nächsten Mal, ein schönes Wochenende wünschen wir allen unseren Bloglesern.

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Badetage auf São Miguel

Top-Sehenswürdigkeit von São Miguel: Die Kraterseen von Siete Cidades

Das nächste Sturmtief zieht über den Atlantik heran, dunkle Wolken und südwestliche Winde sind die Vorboten von dem, was bald kommen wird. Obwohl es schon später im Jahr ist, gibt es auf der Tiefdruckautobahn, zwischen Amerika und Nordeuropa, momentan noch keinen Stillstand. Die Temperaturen in Irland, unserem auserwählten Reiseland, fallen nachts noch auf kalte 7 Grad und auch hier, in Ponta Delgada, kann man nur selten von vorsommerlicher Wärme sprechen. Doch die seltenen warmen Momente habe ich, nicht immer ganz freiwillig, für einige Ausflüge ins kühle Nass genutzt.

Der erste Kontakt mit dem Salzwasser war ein Absturz von hoch oben vom Deck ins Hafenbecken. Dabei umklammerte ich noch den Schrubber, weil ich gerade dabei war, das Deck zu putzen, bzw. das Boot zu entsalzen. Der Hintergrund: Der Schnapper mit dem Relingsdraht vom seitlichen Einstieg war zwar eingehakt, aber verkehrt rum, und als ich mich leicht daran anlehnte, gab der Schnapper plötzlich nach. So gab es einen unfreiwilligen, aber Gott sei Dank folgefreien Abgang vom Boot ins Hafenwasser.

Der nächste Badetrip war zwar eher spontan, aber mit Absicht. Wir sind über die Insel gefahren, und es gibt hier neben den wunderschönen Orten, den romantischen Kraterseen und anderen Sehenswürdigkeiten, auch wunderbare Naturschwimmbecken, die bei Flut mit frischem Meerwasser gefüllt werden.

Da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und bin in zwei besonders schöne Becken reingesprungen, in Mosteiros, am nordwestlichen Zipfel von São Miguel. Danach ging es dann über Ribeira Grande, mit einem Ausflug ins tolle historische Stadtzentrum, weiter nach Furnas.

In Furnas gibt es warme Schwefel-Quellen, mit lockenden 39 Grad. Da konnte sich selbst die Capitania nicht mehr zurückhalten, und nachdem wir zwei Tickets online gebucht haben, (es gibt keinen normalen Kartenverkauf, schöne neue Welt?) genossen wir das wohltuend warme, leicht schweflig riechende Wasser. Nach einer Stunde waren wir zart angegart und müde. Es war Zeit zur Rückfahrt zu unserer Hexe.

Es grünt und blüht auf San Miguel, der Wahnsinn, mediterranes Klima, gepaart mit häufigen Regenfällen. Bäume, Sträucher und Blumen, so eine verschwenderische Vielfalt und Fülle an Vegetation haben wir noch nicht gesehen. Die Straßenränder sind gesäumt von Hortensien, Lilien aller Arten, auch Tagetesbüsche und Papageienblumen wachsen in üppiger Fülle. Die Landschaft ist leicht hügelig, sehr ordentlich, und von Grüntönen dominiert, nur auf den saftigen Weiden stehen hunderte schwarzweißer Kühe. Wer das erleben will, muss nicht unbedingt mit dem Boot hierher kommen. São Miguel ist die Hauptinsel der Azoren und wird von vielen Flughäfen aus angeflogen.

Der Yachthafen ist eingebettet in einen Industriehafen, dicht beim Zentrum von Ponta Delgada Stadt und ziemlich schwellig. Dauerlieger nutzen Altreifen als Ruckdämpfer. Zudem ist der Lärm von den Fracht- und Militärschiffen, sowie die Abgasbelastung, enorm. Wer Ponta Delgada mit frischer untoxischer Atlantikluft assoziiert, ist auf dem Holzweg. Gestern war der ganze Aufbau unseres strahlend weißen Kats mit Rußpartikeln überzogen, eine schöne Sauerei, fast so wie in Santa Cruz de Tenerife.

Ob wir bald weiter Richtung Norden fahren werden, hängt natürlich wie immer vom Wetter ab. Die Vorhersagemodelle widersprechen einander.

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Insel, die aus Träumen geboren …

… so singt Roland Kaiser über Santa Maria. Der Text geht ein wenig schnulzig weiter, aber der Schlager „Santa Maria“ ist ja schon 1980 auf die Welt gekommen.

Sieben schöne Tage hatten wir auf dieser Insel. Mit einem großen Hallo wurden wir von Jens und Martina von der SY Maje, sowie von Lloyd, dem Hafenmeister, auf der südlichsten Azoreninsel empfangen. Santa Maria ist ein kleines vulkanisches Eiland, mitten in der großen Weite des atlantischen Ozeans. Und doch ist es eine besondere Insel, mit sanft-hügeligen Landschaften, die uns an Schottland erinnern.

Doch bevor wir weiter von Santa Maria berichten, wollen wir erst einmal das Wiedersehen mit Jens und Martina und Günter und Monika feiern. Es ist doch schön, wenn die Wege mit befreundeten Seglern sich wieder kreuzen, man gemeinsam in Erinnerungen schwelgen kann und das Gefühl von Vertrautheit sich einstellt. Und auch neue Segelfreunde haben wir gefunden, Regula und Thomas aus der Schweiz waren beim gestrigen Champagne-Friday dabei. Die Crew der Maje wird den Sommer auf den Azoren verbringen, während Günter und Monika, wie wir, auf ein Wetterfenster warten, um weiter in Richtung Irland zu segeln.

Günter hatte für die Folgetage ein Auto gemietet, und gemeinsam mit den beiden haben wir eine mehrstündige Inselrundfahrt gemacht, bei der wir Altbekanntes vom letzten Santa Maria Besuch erneut angeschaut und auch neue Highlights wie den Wasserfall am Ostende der Insel entdeckt haben.

Als Ergänzung zu dem Besichtigungsprogramm mit dem Wagen haben wir beide uns an einem Nachmittag in unser Schlauchboot gesetzt und sind an der Steilküste vor dem Hafen entlang gefahren. Dabei sieht man wirklich beeindruckende Felsformationen, die von Lavaströmen und erkaltetem Stein geprägt sind.

Santa Maria ist ein Idyll, das aufgrund des kleinen Hafens und des auch nicht ganz so großen Flughafens vom Massentourismus verschont geblieben ist. Nur an einem Tag in der letzen Woche kam ein kleines Kreuzfahrtschiff, die Hanseatic Nature, mit 180 Passagieren an Bord, die vor dem Hafen ankerte. Die Kreuzfahrer wurden mit Zubringerbooten an Land gebracht. Nach 16 Uhr war das kurzfristig emsige Treiben im Hafen schon wieder Geschichte, und die bekannte Ruhe zog ein. Wir haben die wesentlichen Sehenswürdigkeiten von Vila do Porto angeschaut, und waren begeistert von einer Ausstellung über das Schuhmacherhandwerk der Insel.

Apropos Ruhe, der Hafen mit seinen Mauern und Kais wird gerade gegen zukünftige Stürme gewappnet. Vor den Außenmolen werden riesige Steine platziert und im Innenhafen werden die Molensteine lautstark mit Bagger umgeschichtet. Das sieht aus, als ob da ein riesiger Greifarm an der Böschung Tetris spielt. An unserem Liegeplatz, am Kopf des Stegs, bekommen wir den meisten Lärm ab, ein Umstand, der nicht zu ändern ist. Die Abende, verbringen wir meistens zusammen mit den Freunden, in geselliger Runde.

Vorgestern hat Cornelia mich hoch in den Mast gezogen, nicht, weil ich mich schlecht benommen habe, ein Riggcheck stand auf dem Programm. Alle Wanten, Stage, Fallen und Halterungen sahen gut aus, nur die Edelstahlteile wiesen einen leichten Anflug von Flugrost auf. Also ging es noch ein zweites Mal den Mast hoch, und mit Edelstahlpolierpaste und Zahnbürste rückte ich dem Bösewicht zu Leibe. Ein freundlicher Regenschauer hat in einer Nacht den letzten Saharastaub aus Mast und Fallen gewaschen. Somit ist das stehende und laufende Gut wieder tiptop.

Jeden Tag schauen wir nach den aktuellen Wettermodellen für die anvisierte Reise nach Irland, um dann aufs Neue sehen zu müssen, dass der Wind im Norden noch immer mit bis zu 40 Knoten weht, und die See in der Nähe von Irland mit 6-8 Meter hohen Wellen, ab dem kommenden Wochenende, für uns unpassierbar wird. Das korreliert mit den doch recht kühlen Temperaturen, die hier auf den Azoren vorherrschen.

Jens hat mir sehr beim Entlüften der Dieselheizung geholfen. Im Warmwasserstrang war wohl eine große Luftblase, die sich vor dem Lüfter in der Eignerkabine angestaut hat.

Heute hat uns früh am Morgen die Reiselust gepackt, und wir haben die Leinen losgeworfen. Ziel ist Ponta Delgada auf San Miguel.

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