Das nächste Sturmtief zieht über den Atlantik heran, dunkle Wolken und südwestliche Winde sind die Vorboten von dem, was bald kommen wird. Obwohl es schon später im Jahr ist, gibt es auf der Tiefdruckautobahn, zwischen Amerika und Nordeuropa, momentan noch keinen Stillstand. Die Temperaturen in Irland, unserem auserwählten Reiseland, fallen nachts noch auf kalte 7 Grad und auch hier, in Ponta Delgada, kann man nur selten von vorsommerlicher Wärme sprechen. Doch die seltenen warmen Momente habe ich, nicht immer ganz freiwillig, für einige Ausflüge ins kühle Nass genutzt.
Der erste Kontakt mit dem Salzwasser war ein Absturz von hoch oben vom Deck ins Hafenbecken. Dabei umklammerte ich noch den Schrubber, weil ich gerade dabei war, das Deck zu putzen, bzw. das Boot zu entsalzen. Der Hintergrund: Der Schnapper mit dem Relingsdraht vom seitlichen Einstieg war zwar eingehakt, aber verkehrt rum, und als ich mich leicht daran anlehnte, gab der Schnapper plötzlich nach. So gab es einen unfreiwilligen, aber Gott sei Dank folgefreien Abgang vom Boot ins Hafenwasser.
Der nächste Badetrip war zwar eher spontan, aber mit Absicht. Wir sind über die Insel gefahren, und es gibt hier neben den wunderschönen Orten, den romantischen Kraterseen und anderen Sehenswürdigkeiten, auch wunderbare Naturschwimmbecken, die bei Flut mit frischem Meerwasser gefüllt werden.
Da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und bin in zwei besonders schöne Becken reingesprungen, in Mosteiros, am nordwestlichen Zipfel von São Miguel. Danach ging es dann über Ribeira Grande, mit einem Ausflug ins tolle historische Stadtzentrum, weiter nach Furnas.
In Furnas gibt es warme Schwefel-Quellen, mit lockenden 39 Grad. Da konnte sich selbst die Capitania nicht mehr zurückhalten, und nachdem wir zwei Tickets online gebucht haben, (es gibt keinen normalen Kartenverkauf, schöne neue Welt?) genossen wir das wohltuend warme, leicht schweflig riechende Wasser. Nach einer Stunde waren wir zart angegart und müde. Es war Zeit zur Rückfahrt zu unserer Hexe.
Es grünt und blüht auf San Miguel, der Wahnsinn, mediterranes Klima, gepaart mit häufigen Regenfällen. Bäume, Sträucher und Blumen, so eine verschwenderische Vielfalt und Fülle an Vegetation haben wir noch nicht gesehen. Die Straßenränder sind gesäumt von Hortensien, Lilien aller Arten, auch Tagetesbüsche und Papageienblumen wachsen in üppiger Fülle. Die Landschaft ist leicht hügelig, sehr ordentlich, und von Grüntönen dominiert, nur auf den saftigen Weiden stehen hunderte schwarzweißer Kühe. Wer das erleben will, muss nicht unbedingt mit dem Boot hierher kommen. São Miguel ist die Hauptinsel der Azoren und wird von vielen Flughäfen aus angeflogen.
Der Yachthafen ist eingebettet in einen Industriehafen, dicht beim Zentrum von Ponta Delgada Stadt und ziemlich schwellig. Dauerlieger nutzen Altreifen als Ruckdämpfer. Zudem ist der Lärm von den Fracht- und Militärschiffen, sowie die Abgasbelastung, enorm. Wer Ponta Delgada mit frischer untoxischer Atlantikluft assoziiert, ist auf dem Holzweg. Gestern war der ganze Aufbau unseres strahlend weißen Kats mit Rußpartikeln überzogen, eine schöne Sauerei, fast so wie in Santa Cruz de Tenerife.
Ob wir bald weiter Richtung Norden fahren werden, hängt natürlich wie immer vom Wetter ab. Die Vorhersagemodelle widersprechen einander.