Der andere Teil


Anfänglich waren wir nicht so begeistert von der Idee, eine Tour in einem Township zu machen. Ist es nicht vermessen, dass wir mit all unserem Reichtum das Elend anderer besichtigen? Aber am Ende war ich doch überzeugt, dass beide Seiten von solchen Besuchen profitieren, für die Bewohner, weil die geführten Touren natürlich Geld in das Township bringen, und für uns, weil wir so viel lernen können.

Heute Vormittag musste ich allein mit unserem Guide zu den Townships fahren, Volker hatte es in der Nacht erwischt, in Süd- und Mittelamerika heißt das Montezumas Rache oder Inka-Quickstep, keine Ahnung, wie man in Afrika dazu sagt. Unseren Guide hatte es auch erwischt, aber er bestand darauf, mich zum Khayelitsha Township zu fahren. So musste ich heute alles Neue allein im Kopf behalten, naja, zumindest habe ich es versucht.

Es war eine lange Fahrt von Camps Bay auf die andere Seite der Halbinsel, vorbei an der Innenstadt, über den Motorway, an dessen Rändern schon die Wellblechhütten der Townships sichtbar wurden. Schließlich kommen wir in Khayelitsha an. Khayelitsha, zu Deutsch „Neue Heimat“ ist eines der größten Townships Südafrikas. Laut Nomande, der jungen Frau, die mich den ganzen Vormittag über durch das Viertel begleiten wird, sind es über drei Millionen Menschen, die hier und in den angrenzenden Gebieten Khayelitshas leben. 

Ab dem Ende des letzten Jahrtausends hat die Regierung Südafrikas begonnen, in den Townships Steinhäuser zu bauen, die dort für bessere Lebensbedingungen sorgen sollen. Es ist nicht ganz einfach einen Platz in ebendiesen Steinhäusern zu erhalten, so ganz habe ich die Bedingungen nicht verstanden, aber soviel, dass man dort auch eine, wenn auch geringe, Miete zahlen muss.

Die Wellblechhütten werden auf freien Plätzen gebaut, das Land gehört zwar der Stadt, aber die Bauten sind irgendwie geduldet. Es dauert ca. zweieinhalb Stunden, solch eine Hütte zu bauen, da kann man sich vorstellen, wie fragil diese Häuser sind. Immerhin stellt die Regierung Strom und Wasser, sodass die hygienischen Verhältnisse ziemlich gut sind. Auch gibt es Krankenhäuser, Ärzte mit eigenen Praxen, Schulen und Kindergärten.

Und so begann mein Morgen: Überpünktlich, um Viertel vor neun Uhr sind wir angekommen, im „Gartencenter“ von Juma. Juma ist der Selfmademan schlechthin. In seinem großen Garten werden Gemüse, Kartoffeln und Kräuter angepflanzt, um so den Menschen klar zu machen, dass das Essen nicht nur aus dem Supermarkt kommt, oder in isolierten Warmhalteverpackungen wächst. Auch ich durfte, bevor die eigentliche Tour beginnen sollte, ein paar Paprikapflänzchen in die Erde bringen. Und Juma sagt, da ich nun afrikanische Erde in meinen Händen gehalten habe, werde ich auch immer wieder kommen.

Nun übernimmt Nomonde die Führung der Tour, Henrik fährt uns mit seinem Auto zu einer besonderen Garage ein paar Straßen weiter. Dort betreibt Sikelela mit seinem Barista Thulani ein kleines Café, mit einer professionellen Kaffeemaschine, der Kuchen wird vom Besitzer selbst aus der   Küche des angrenzenden Häuschens gebracht. Hier kommen offensichtlich ganz viele Touristen mit ihren Tourguides vorbei, Sikelela ist inzwischen so erfolgreich, dass er auf der anderen Stadtseite, in einem viel reicheren Stadtteil, ein zweites Café eröffnet hat.

Nach dem – sehr guten – Kaffee fahren wir wieder ein Stück weiter, zu einer winzigen Galerie, die von Nomondes Bruder mit dem Künstlernamen Maninzi betrieben wird, eine kleine Wellblechhütte neben der Wohnhütte des Künstlers selbst. auch Nomonde lebt dort in einer weiteren Hütte mit ihrer sechsjährigen Tochter. (Ich glaube, einen Mann gibt es auch dazu, aber der war nicht so ein großes Thema.)

Am Eingang ist eine große Landkarte von Deutschland gemalt, jeder deutsche Besucher wird nach dem Wohnort gefragt, danach wird der Ort mit einem Punkt in der Karte eingetragen. Viele  Bilder hängen in der kleinen Galerie, von Künstlern aus der Nachbarschaft, zu jedem weiß Christopher, wie Maninzi mit bürgerlichem Namen heißt, eine Geschichte zu erzählen. Auch er malt, und ich kaufe von ihm einen farbenfrohen Hahn, der auf Wellpappe gemalt ist, sozusagen als „recycling art“.

Das Township ist – wie andere Städte – in verschiedene Viertel aufgeteilt, viele sind – warum auch immer – nach Covid-Vokabeln getauft, Level one, Vaccination, social distancing, Quarantine. In „social distancing“ würde ich eher nicht wohnen wollen, aber das ist hier eigentlich auch ein Fremdwort für die Menschen hier. Man geht zum Nachbarn, um ein Ei oder Kaffee zu leihen, trifft sich neben den Hütten am Abend, manchmal legen viele Familien auf einer Feuerstätte ihre Mahlzeiten auf.

Weiter ging es auf sandigen Wegen zu dem hiesigen Kindergarten, wo mich die Chefin durch alle Gruppen führt. Hier musste ich mich wirklich an Volkers Ermahnung erinnern, keine kleinen süßen Kinder mitzubringen. Wir gingen durch alle Altersgruppen, sie hat mir die Räumlichkeiten gezeigt, für jedes Alter gibt es eine Gruppe, die 1-2jährigen, die  Dreijährigen, usw. In der Küche werden die Mahlzeiten zubereitet, morgens gibt es Porridge, mittags ein warmes Essen. Die Kinder können – und sind – in den meisten Fällen von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends dort, sie werden betreut, bis sie mit ca. sieben Jahren in die Schule kommen. Die Schule beginnt im Januar, klar, hier sind die Sommerferien rund um Weihnachten.

Danach gehen wir – zu Fuß – durch die reinen Wellblechhütten-Township Häuser. Es sind keine halbwegs richtigen Wege mehr, sondern ganz schmale, vielleicht einen halben Meter breite Fußwege, die sich zwischen den Hütten durchschlängeln. Aber auch dort fühle ich mich zu keinem Punkt unsicher, oder gefährdet, das hatte ich mir so nicht vorgestellt.

Am Ende schloss sich ein Gang durch die dortige Mall an, da gibt es Supermärkte und „normale“ Geschäfte, aber auch jede Menge einfache Stände mit Waren aller Art, von Obst und Gemüse über kleine Werkzeuge und Kram aller Art. Natürlich sind diese Geschäfte außerhalb jeder Steuer…

In dem zweiten Fahrradladen von Juma endet diese Tour. Man kann dort Fahrräder kaufen, klar, aber nur für Mädchen oder junge Frauen gibt es Kurse im Fahrradfahren auf Trainingsrädern, und eine Lern-Werkstatt, wie man Räder repariert. Schon drei von seinen Schülerinnen waren bei großen Radrennen in Europa erfolgreich. Daneben gibt es Wlan in dem Geschäft, und die Mädchen sollen nach der Schule vorbei kommen können, und hier ihre Hausaufgaben machen.

Wir tauschen Mailadressen aus, und ich möchte gerne Jumos unglaubliche Kraft und Alternative für seine Mitbewohner honorieren, dass ich hier seine Kontakte weitergebe. Googelt einfach  „Juma Mkwela“, und Ihr werdet eine Menge interessanter Dinge über seine Aktivitäten erfahren, die von Wandmalereien über die Gemüseanbau bis zu seinen  pädagogischen Aktivitäten reichen. zu den 

And to Nomonde: If I ever wrote something wrong here or missed something out, please forgive me, it was an immense lot of information to remember. 

Thank you all for having me to get an idea about your life!

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