Donnerstag, 5. Juni 2025, im Ärmelkanal, Tag 10
Baro 1007, Wetter: englisch, bedeckt, regnerisch, kühl, Wind SSW um 4, die See 1,5 m
Etmal nur 142 sm
Die Nacht verlief viel ruhiger als die letzte. Für mich. Um 00:30 Uhr habe ich die Wache übernommen, und meinen gestrigen Blog zusammengestellt. Durch die südwestlichen Winde – wir fahren ja nach Nordost – war es kein schöner Winkel, den ich fahren musste. Zumal, weil nach der Hälfte der Zeit der Wind immer unsteter wurde, vor allem, was die Richtung betraf. Zum Teil konnte ich gar nicht so schnell reagieren, wie das wechselte, und das Boot halste mehrmals unbeabsichtigt. Als dann der vorher eher moderate bis flaue Wind plötzlich stärker wurde, und konstant von Steuerbord anstelle von Backbord kam, habe ich mich entschlossen, den Käpt’n zu wecken, zumal es mittlerweile 03:30 Uhr geworden war, und er eigentlich nur eine Stunde schlafen wollte. Aber erst beim dritten Weckversuch um 04:00 Uhr war es möglich, ihn aus dem Land der Träume in die Realität zu holen.

In der Wache hatte Volker. alle Hände voll zu tun. Wollte doch der Hydro-Generator plötzlich nicht mehr laden! Warum das? Volker begibt sich ans Backbord-Heck (Ich hoffe, nicht ohne vorher die Schwimmweste anzulegen und den Gurt einzupicken). Und – siehe da – es hängt eine Unmenge von Kraut an dem Schaft. Das verhindert nicht nur das Laden der Batterie, es macht zudem das Boot langsamer. Vielleicht hängt noch mehr davon am Ruder und am Skeg.


Als ich um 07:30 wieder die Wache übernehme, ist es bereits hell, aber grau grau grau. Also englisches Wetter! Der Kurs ist angenehmer, raumschots, nur die Gezeit, und vielleicht das Kraut unterm Boot, machen die Hexe langsamer.

Volker hatte sich gerade zu einem kleinen Nickerchen hingelegt, da höre ich plötzlich ein kleines metallisches „Ping“ auf dem Kajütdach oberhalb des Kartentisches. Dort finde ich eine kleine Schraube, die irgendwo aus dem Segel heraus gefallen ist. Weil sie aber so klein ist, denke ich mir, kann es nicht ganz so schlimm sein, und lasse den Skipper schlafen. Tatsächlich war es eine Schraube von einer Lattentasche im Großsegel, die kann Volker wieder anschrauben. Klar, das bedeutet Action. Das Vorsegel wird eingeholt, das Boot in den Wind gedreht, das Großsegel ein Stück abgelassen, dann kann Volker die Schraube wieder rein drehen Nun muss die ganze Chose wieder zurück, doch vorher probieren wir noch etwas aus. Die Geschwindigkeit des Bootes passte so gar nicht zu dem Speed, den wir sonst gewöhnt sind, vielleicht haben wir doch Seegras am Ruder hängen. Wir fahren einmal mit Vollgas rückwärts, hoffen, dass jetzt alles weg ist.
Leider hat der Wind wieder so gedreht, dass er genau von hinten kommt, wir fahren seit 16 Uhr im Schmetterling. Wir versuchen so schnell wie möglich voran zu kommen, denn um 20 Uhr kippt die Gezeitenströmung in der engen Durchfahrt zwischen Alderney und dem französischen Cap de La Hague, und würde mit mehr als drei Knoten gegen unsere Fahrt strömen, also wollen wir vor acht Uhr dort sein.
Inzwischen merken wir die Nächte mit den unterbrochenen Schlafzyklen, wir schlafen unter Tag immer wieder abwechselnd, und treffen uns vor allem zu Segelmannövern oder zum Essen.
Der ewige Vorwindkurs nervt. Es ist viel anstrengenderes Steuern, weil man ständig auf der Hut sein muss, dass zum Einen die Genua nicht back steht, und man zum anderen aber auch keine Patenthalse fährt. Letzte Nacht sind dabei an dem Bullenstander, der das Großsegel in Lee fest hält, alle Gummis gerissen.


Und dieses Geschaukel! Wenn der Wind gegen die Strömung steht, und die Welle auch noch aus einer dritten Richtung kommt, ist es fast unmöglich, einen vernünftigen Kurs zu halten. Und wir segeln dann so schrecklich langsam. Aber nach sechs Stungen kippt ja die Gezeit, und dann wird alles besser.
