Oh, oh!

Im letzten Blog habe ich einen Bericht über die Ereignisse ab dem Anlegen in Mystic versprochen.

Weil wir vor der Straßenbrücke auf deren Öffnung warten mussten, und es noch eine ganze Weile dauern würde, wollten wir für die kurze Zeit an dem lokalen Dinghysteg festmachen. Genauer gesagt passierte das, worüber wir hier reden, nicht nach, sondern während des Anlegens. Denn plötzlich kamen aus dem Motorraum schreckliche Geräusche, beim Einlegen von Vorwärts- oder Rückwärts-Gang kamen mahlende Töne vom Steuerbordmotor, als ob da jemand mit den Zähnen knirschte. Der Propeller drehte sich nicht mehr, egal, ob der Gashebel nach vorne oder nach nach hinten geschaltet war. Schrecklich!

angelegt

Unmittelbar nach dem glücklicherweise sicheren Anlegen machte Volker sich auf Fehlersuche. Mit telefonischem Support von Bernhard, Wes und Ralf zeigte sich, dass es ein Schaden am Saildrive sein muss, aber die Ursache konnten wir noch nicht finden.

Ein kurzer Tauchgang zur Schraube brachte keine neuen Erkenntnisse, die Schraube hing frei und fest verbunden am Saildrive. Ein Monteur der am nächsten Tag kam, in Verbindung mit einem abermaligen Tauchgang von Volker, half auch nicht weiter. Es muss ein Kegellager oder eine Verbindung im unteren Teil des Saildrives gebrochen sein.

Eigentlich wollten wir doch sobald wie möglich nach Süden segeln, denn die Temperaturen entwickeln sich hier in die falsche Richtung, im Moment ist es in New England deutlich kühler als in Deutschland. Vor allem die Nächte sind kalt, das ist auf dem Wasser noch mehr zu spüren als in einem Haus an Land.

Die Hexen im örtlichen Laden helfen auch nicht weiter

Nun folgen drei Tage voller Telefonate, mit hiesigen Monteuren und Werften. Bei unserem Versuch, in den Häfen und Werften einen Krantermin zu bekommen, und einen Mechaniker zu finden, werden wir abschlägig beschieden. Alle Werften haben keine Zeit, weil sie jetzt am Saisonende so viel zu tun haben, um die zahlreichen Boote, die es in diesem Wassersportmekka gibt, aus dem Wasser zu holen. Wir werden vertröstet, weitergereicht, ignoriert, eine meint sogar, dass wir nun „F..cked up“ seien und keiner Zeit für uns haben werde.

Mega frustrierend, die Stimmung an Bord sinkt. Glücklicherweise finden wir dann am Ende doch eine Werft. Die Zusage für einen Krantermin und die Aussicht auf einen Volvo Penta-Monteur bei der Safe Harbour Newport Shipyard, in Newport Rhode Island, hellen unsere Stimmung wieder ein bisschen auf.

Die Leute in Mystic sind zudem wirklich unglaublich freundlich, alle, denen wir von unseren Problemen erzählen, versuchen uns zu helfen, telefonieren mit Freunden, um eine Werft oder einen Monteur zu finden. Oder sie bieten uns an, uns mit dem Auto zum Einkaufen zu fahren, und wir bekommen Tipps für die besten Restaurants vor Ort.

Die Hexe ist gut sichtbar

Unser Liegeplatz ist sehr prominent, an unserem ersten Tag war hier Feiertag, Kolumbustag, enorm viele Menschen laufen an dem schönen Platz mit Park vorbei und bestaunen unser Boot. Ein paar sprechen uns an, und in den folgenden Tagen kommen noch viele interessierte Spaziergänger vorbei, wenn sie uns draußen auf dem Boot sehen, werden wir meistens angesprochen, und alle wollen mehr wissen, über uns und unsere Reise, über unser Boot und warum wir hier an dem Dinghysteg liegen.

Aber eigentlich sollten wir nicht hier sein

Am ersten Abend waren wir in einem sehr schönen Restaurant essen. Neben uns saß Patty an der Theke, wir kommen ins Gespräch, finden einander sehr sympathisch, und treffen uns während unserer Zeit in Mystic täglich, zum Abendessen, auf einen Café oder ein Bier an Bord, mit Pattys Freundinnen Maria und Frane, im lokalen Pub „The Harp and Hound“, wo wir auch wieder freundliche Menschen treffen, die uns bei der Werftsuche helfen.

Die Brücke wird 100 Jahre alt. Happy Birthday!

Jetzt müssen wir nur noch mit dem einen funktionierenden Motor unseren engen Liegeplatz am Dinghysteg schadensfrei verlassen und nach Newport schippern. Die Wetteraussichten für Samstag sind vielversprechend, zudem feiert Mystic das größte Stadtfest der Saison 2022. Die wunderschöne alte Straßenbrücke wird 100 Jahre alt, da wird der Dinghysteg für seine originale Bestimmung gebraucht (das wurde uns auch deutlich vermittelt und wir wollen ja nun auch wirklich nach Newport zurück).

Schlepphilfe von den zwei französischen Freunden mit Hund

Und wieder haben wir Glück, denn zwei unserer neuen Freunde haben sich bereit erklärt, uns bei dem Ablegen zu helfen. Der frühe Zeitpunkt, um 8 Uhr, schreckt die beiden Franzosen nicht, sie wollen anschließend zum Angeln gehen. Es klappt hervorragend, das kleine Boot zieht unser Heck vom Steg weg, dreht uns dann, und schon sind wir auf dem Weg zu der Eisenbahnbrücke, durch die wir noch fahren müssen, bevor wir den Mystic River verlassen.

Der Wind auf dem Weg nach Newport ist schwach, der Backbordmotor tut zuverlässig seinen Dienst. Es ist trotzdem ein befreiendes Gefühl, unterwegs zu sein. Am Nachmittag ankern wir wieder in „unserer“ Bucht vor Bristol, der Liegeplatz in der Werft ist für Montag reserviert und wir genießen einen Abend im Aydan’s Pub.

Meat Loaf Mountain, eine Spezialität im Aydan

Heute sind wir unter Motor nach Newport gefahren, ohne Wind, wurden in der Marina sehr freundlich empfangen, zwei Leute standen schon bereit, um uns beim Anlegen zu helfen, brachten uns sämtliche Informationen über den Hafen, inklusive eines Briefes von der Projektmanagerin. Wir sind hier fast das kleinste Boot im Hafen, der ist schon sehr luxuriös, mit richtig großen Booten und allem Service, den man sich vorstellen kann. Wir können ein eigenes Golfcart haben, um den nicht so langen Weg vom Liegeplatz bis zum Ausgang des riesigen Werftgeländes laufen zu müssen.

Bisher haben wir einen sehr guten Eindruck von dem Newport Shipyard, die Leute sind sehr kompetent und ausgesprochen freundlich, wir haben ein gutes Gefühl, dass uns hier geholfen werden kann. Moe und Hadley kümmern sich sehr um uns und unsere Anliegen, und Charlie, der Dockmaster, hat mir alle Annehmlichkeiten und die wichtigen Dinge, wie Waschmaschinen, Duschen, den Chandler und das Café der Marina gezeigt.

Morgen erfahren wir mehr über die nächsten Tage, wenn der Mechaniker von Volvo hier gewesen ist, dann berichten wir weiter. Und dass wir dann hoffentlich wieder weiterfahren können.

Unser ausdrücklicher Dank geht an dieser Stelle an Frau Binge und Herr Hagena von Pantaenius Yachtversicherungen, die uns mit Rat und Tat täglich zur Seite gestanden und uns mit ihrer Fachkompetenz in dieser Situation bisher sehr unterstützt haben.

Dieser Beitrag wurde unter Leben an Bord veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Oh, oh!

  1. Rolf sagt:

    Ich drücke euch die Daumen dass ihr möglichst bald euren Weg Richtung Süden fortsetzen könnt

Schreibe einen Kommentar zu Rolf Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert