Ahoi Hexe

Grönland von oben

Wes und Roisin holten uns am Flughafen in Boston ab, der fünf Stunden lange Flug von Reykjavik  dorthin hat uns einen wunderbaren Ausblick auf die grönländische Eiswelt geboten, sowie auf unendlich viele kanadische Buchten, Seen und Flüsse. Vom Flughafen ging es mit dem geliehenen Auto zum Hull Yacht Club und von dort, wegen des vielen Gepäcks, mit dem Tenderboot des Yachtclubs zu dem Ankerplatz der Hexe. 

Endlich angekommen an Bord, war zunächst garnicht viel Zeit übrig, denn wir packten aus und Wes und Roisin packten ein für ihren Flug am folgenden Tag nach Seattle. Viele Bootsdetails wurden besprochen, kleine Problemchen noch gelöst, ein Einkauf im Supermarkt arrangiert und nach einem frühen Abendessen gingen wir alle ins Bett. Die Zeitverschiebung forderte mal wieder ihren Tribut. 

Wenn Himmel und Meer miteinander verschmelzen

Am nächsten Morgen ging es früh mit kleineren Reparaturen weiter, das Manometer des Watermakers wurde eingedichtet, ein neuer Borddurchlass, natürlich oberhalb der Wasserlinie, wurde montiert und schon war es Zeit, die Beiden mit dem Beiboot zum Yachtclub zu bringen, damit der gebuchte Flug erreicht wurde. Kaum dort angekommen, kam der Commodore des Clubs auf uns zu, ob wir denn eine Vereinsflagge von unserem Segelclub bei uns hätten für einen Flaggentausch. Ein paar Minuten später war die Flagge von Bord geholt und die offizielle Wimpeltauschzeremonie wurde durchgeführt. Danach gab es den obligatorischen Umtrunk, verbunden mit einer herzlichen Einladung zum Abendessen in den Hull Yacht Club, kurz HYC.

FLaggentausch

Am Abend ging es dann gestylt und gebügelt zum HYC, und wir wurden direkt von einem Clubmitlied zu einem Willkommensgetränk eingeladen und nach dem Woher und Wohin unserer Reise befragt. In diesem Stil ging der Abend weiter, das Interesse an unseren Segelabenteuern war groß, die amerikanischen Segler waren sehr neugierig und offen. Das leckere warme Büffet war die kulinarische Krönung des Abends. Danach wurde es nochmal formell, denn die Gewinner der sommerlichen Abendregattaserie wurden bekanntgegeben und es gab eine Besprechung, mit Anregungen der Mitglieder, wie diese erfolgreiche Regattaserie in der nächsten Saison fortgeführt werden soll. Dann wurden wir als Segelreisende in der großen Runde offiziell vorgestellt und nochmals beim HYC willkommen geheißen, um 22 Uhr war dann alles vorbei und wir tuckerten zum Schiff zurück. 

Die Capitania auf der Leiter

Der nächste Tag verging mit Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten wie im Flug, abends gönnten wir uns ein paar wohlverdiente Drinks in „Jo’s Nautical Bar“, die wohl so legendär zu sein scheint, dass uns alle Segler zu einem Besuch geraten hatten. Der Aufstieg vom Dinghysteg, über die hoch hinausragende Leiter, war für die Capitania eine echte Aufgabe, die sie aber mit Bravour meisterte. Die Bar scheint aus einer lang vergangenen Zeit zu stammen, überall hängen maritime Artefakte, ein Sänger gab sein Bestes auf der Gitarre, und Lindsey, die superfreundliche Bedienung, erzählte begeistert von ihrem Berlinaufenthalt.

Mit den Drinks muss man sich bei den Dinghytouren in Amerika generell zurückhalten, denn Polizei-oder Coastguardboote kontrollieren schon mal Sportboote. 

Am nächsten Morgen ging es dann ankerauf aus der Bucht heraus. Unser Tagesziel, Provincetown, liegt gut 40 Seemeilen entfernt. Provincetown ist das Mekka der Queer-Bewegung an der Ostküste von Amerika, ein bunter Menschenmix bevölkert die Gassen der historischen Altstadt und feiert in den zahlreichen Locations. 

Neugierig verfolgten wir die Szenerie, wir ließen uns von dem Menschenstrom durch die Gassen treiben und folgten der Einladung zu einem Jazzkonzert ins historische Rathaus. Bei dem Konzert wurde nicht nur die Jazzmusik der 1950-1980er Jahre in den Mittelpunkt gesetzt, sondern auch die Fotografien von Jack Bradley, der alle berühmten Jazzmusiker wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Duke Ellington abgelichtet hatte. Insgesamt umfasst sein photografisches Schaffen über 30.000 Fotos. Jack Bradleys Fotografien lagern heute im Louis Armstrong House Museum.

Mit Fotoleinwand

Von der Musik beschwingt, wandelten wir weiter durch die Straßen von Provincetown. Aber irgendwann ist Schluss mit lustig und mit dem, seltsamerweise, stotterndem Außenbordmotor, ging es etwas beunruhigt zum Hexenkat zurück. 

Gestern war dann Poliertag, eine Hälfte des Aufbaus glänzt nun wieder, wie sie soll. Hin und wieder zeigten sich Haifischflossen in der Nähe der Hexe, die Cape Cod Region ist das Epizentrum der Haie an der Ostküste. Besonders die weißen Haie mögen die zahlreich vorkommenden Robben wohl sehr. Das bewachsene Unterwasserschiff wird daher nur, soweit erreichbar, vom sicheren Beiboot aus von den angewachsenen Muscheln befreit. Abends machten wir uns noch einmal auf in den täglichen Karneval von Provincetown.

Heute sind wir zum Cape Cod Canal gesegelt und dann bei strömendem Regen durch den gut 7,5 Seemeilen langen Kanal geschippert, der sowohl landschaftlich als auch von den Brücken her, sehr an den Nordostseekanal erinnert. Und eine kräftige Strömung sorgt dafür, dass die Passage kurz ist, wir haben die Gezeit gut abgepasst, vier bis fünf Knoten schieben uns westwärts.

Kurz nach dem Kanal fiel in der ruhigen Onsetbay der Anker, keiner von uns Beiden hatte mehr Lust, weiter durch den Regen zu schippern. Die Dieselheizung wärmt gerade das Schiff auf und trocknet die nassen Klamotten. Morgen ist ein neuer Tag.

Dieser Beitrag wurde unter Leben an Bord veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Ahoi Hexe

  1. Rolf sagt:

    Danke für den schönen Bericht

Schreibe einen Kommentar zu Rolf Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert