Der Autopilot ohne Namen, Tag 5 der Reise zu den Kanaren

Donnerstag 2. Oktober 2025
Baro 1023, sonnig, Wind 12 – 7 – 10 Knoten aus nördlichen Richtungen, Etmal 134

Seit Mitternacht zieht uns die Genua und das Großsegel übers Wasser, total ruhig, das ist sehr entspannt für Skipper und Navigatorin. Nach dem Frühstück wird wieder der Gennaker ausgerollt, bei einem Windwinkel von 135º zieht der am besten trotz eher leichten Windes zwischen sieben und zehn Knoten. Wir haben Glück, tatsächlich gibt es  mehr Wind, zumindest da, wo wir gerade sind, als in allen Voraussagen, PredictWind, ECMWF, GFS, Spire und UKMO angekündigt war. Wir wollen mal nicht meckern und freuen uns über einen Tag mit Gennaker.

Es ist wunderschön warm, wir genießen die Sonne auf dem Vordeck, leider ohne den Besuch von putzigen Delfinen, und glücklicherweise ohne den Besuch von spielenden Walen, die unsere Ruder anknabbern würden. An der portugiesischen Küste haben gestern und heute wieder drei Angriffe in der Nähe von Viano do Castelo stattgefunden, und das sind nur die drei, die registriert wurden. Deshalb versuchen wir auf jeden Fall, einen Abstand von mindestens 70 Meilen von der Küste zu halten, in dieser Entfernung gab es bisher noch keine Angriffe und auch keine Sichtungen.

Die Freude über das angenehme Segeln bei schönem Wind hat leider am frühen Abend ein Ende, denn der Wind geht komplett schlafen, nachdem er sich nicht mehr sicher war, woher er wehen soll. Um 21 Uhr holen wir den neuen Wetterbericht von PredictWind, und der macht aber gar nicht viel Hoffnung. Bis mindestens morgen Abend werden wir unter Motor fahren müssen, und auch danach ist der Wind eher mittelmäßig aus Nord. Das ist für uns aus falscher Richtung, weil er direkt von hinten kommt, und das Segeln dann allerhöchstens mit Spinnaker funktioniert, aber sicher auch nicht schnell ist, und sehr anstrengend, denn man muss auf die kleinste Winddrehung reagieren.

Die Front, die am Abend rings um uns herum aufzieht, macht Volker Hoffnung auf eine windige Nacht, sie zieht aber an uns vorbei.

Es hilft ja nix, auch wenn Volker über den nicht vorhandenen Wind meckert und natürlich ich daran Schuld bin, der Motor muss an, wenn wir weiter kommen wollen. Auf jeden Fall  wird die Nacht entspannt werden, keiner muss nach der korrekten Segelstellung schauen, oder reffen oder ausreffen. Falls uns irgendwelche Schiffe zu nahe kommen, warnen AIS- und Radaralarme so laut, dass man es selbst im Tiefschlaf hören würde.

Volker schreibt:

Aufs Grad genau steuert der Autopilot, virtuelles Segeln nenne ich das, man sitzt vorm Plotterbildschirm und stellt den Kurs zum Wind so ein, dass der Gennaker genügend Druck entwickelt, damit die Hexe gut läuft. Ein Grad nach Backbord, drei Grad nach Steuerbord, fünf Grad nach Backbord, permanent wird der Kurs optimiert. Das Steuersignal für den Autopiloten geht dabei folgenden Weg, über die Eingabetasten am Plotterbildschirm oder über die Fernbedienung des Autopiloten geht die Kurseingabe zum Kurscomputer, der mit seinem Kreiselkompass unter dem hinteren Bett installiert ist. Der Kurscomputer sendet per Kabel ein Signal an den Ruderlagensensor, der achtern im Motorraum direkt mit dem der hydraulischen Schubstange verbunden ist. Der Kolben in der hydraulischen Schubstange bewegt sich und überträgt diese Bewegung auf den Ruderquadranten und damit direkt auf das Ruder. Der gewünschte neue Kurs liegt an.

Beide Autopiloten, egal ob der im Badkbordrumpf oder der im Steuerbordrumpf, arbeiten zuverlässig wie ein ein Uhrwerk und halten unser Schiff sicher und zuverlässig bei allen Wetterbedingungen auf Kurs. Damit das so ist, tauschen wir schon bei kleinsten Undichtigkeiten die Hydraulikzylinder aus, ersetzen Dichtungen, erneuern den Ruderlagensensor und kontrollieren vor längeren Reisen die zahlreichen Halteschrauben der Ruderquadranten. Nur eins tun wir nicht, wie viele andere Segler es machen, wir haben unseren Autopiloten bis jetzt noch keinen Namen gegeben. Auch namenlos erhalten sie viel Andacht und Zuwendung, sie sind der 3. Steuermann an Bord.

Der schwarze Ruderlagensensor. Mit seiner kleinen Schubstange, die rechts auf dem schwarzen Arm sitzt und ebenfalls mit einem von den beiden Armen des Ruderquadranten verbunden ist.
Der aufgeschraubte Ruderquadrant mit seinen beiden Armen, das deutlich hellere runde obere Stahlgebilde ist die Achse vom Ruder selbst. Sie muss kraftschlüssig mit dem Ruderquadrant verbunden sein.
Der Hydraulikzylinder des Autopiloten im Vordergrund, mit seiner Schubstange und im linken hinteren Bildrand dem dazugehörigen Ausgleichsbehälter mit dem Hydrauliköl.
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Tag 4: Die Biscaya liegt hinter uns

Mittwoch 1. Oktober 2025
Baro 1022, Wind NO 4-5, sonnig, warm. die See ca. 1,5 m, Etmal 155,3 sm 

Verkehr bei A Coruña

Die Nacht und den frühen Morgen hat der Wind gut durchgestanden, nach dem Frühstück wird er langsam leichter, wir setzen den Gennaker. Das ist leider eine kurze Freude, es gibt immer weniger Wind und wir fahren nur noch mit 3,5 Knoten. So kommen wir nie nach Lanzarote. Also schiebt mal wieder der Motor mit, heute Nachmittag soll der Wind ja drehen.

Tatsächlich kommt der Wind um 13:30 statt von Backbord von Steuerbord, wir setzen wieder den Gennaker. Bei zwölf Knoten Wind aus 150º fährt die Hexe ruhig ihren Kurs. Um 14:15 Uhr kommt plötzlich ein kleiner Vogel in den Salon geflogen und Volker packt ihn ganz zart und trägt ihn raus, hoffentlich findet er seinen Weg zurück. Er begleitet uns tatsächlich bis zum frühen Abend, gerade habe ich ihm ein Schälchen mit Wasser hingestellt, da war er fortgeflogen. Hoffentlich schafft er es bis zum Land.

Wir essen heute deftig, Volker hat einen Eintopf aus Grünkohl, englischem Sellerie, Fenchel, Kartoffeln und Mettwürstchen gekocht, sehr lecker und sehr nahrhaft. Nur der Grünkohl war eine Herausforderung an die Kaumuskeln. Irgendwie hat der Grünkohl von den Kanalinseln eine andere Konsistenz als daheim.

Am Horizont sind lauter Wolken, sodass es kein schönes Sonnenuntergangsfoto gibt. Aber der restliche Himmel ist klar, bald wird man den Mond sehen, und der soll schon zu 70% zu sehen sein, und immerhin bis Mitternacht unsere Fahrt beleuchten.

Noch steht der Gennaker, noch reicht der Wind, wir probieren jetzt mal aus, wie das ist, wenn unser Autopilot nach dem Wind steuert. Volker hatte sich bisher immer dagegen gewehrt, aber die Maschine macht das wirklich gut, sie behält stets den gleichen Windwinkel bei. Wir müssen nur darauf achten dass wir eingreifen, wenn die Windrichtung sich gravierend ändert, und wir in die falsche Richtung fahren würden. Schau mer mal, wie lange der Wind heute Nacht durchsteht.

Volker schreibt…

Die berüchtigte Biskaya liegt nun hinter uns, und sie war uns mehr als gnädig. Es war unsere 3. Biskayaüberquerung, mit Abstand aber auch die langsamste. Kleine Etmale, wenig Wind aus unterschiedlichen Richtungen, viele Seemeilen mit dem bunten Gennaker. Alles besser als ein Sturm in diesem zu Recht gefürchteten Seegebiet. Wir  beklagen uns nicht über das langsamere Vorankommen und sind froh, dieses Wetterfenster genutzt zu haben. Noch 900 Seemeilen bis Lanzarote liegen vor uns. 

Das Schöne ist, es wird täglich wärmer und für das Leben im Warmen ist der Katamaran wie geschaffen. Mit seinem großen Cockpit und dem enormen Platz auf den Trampolinen und den Außenflächen lädt das Boot geradezu zum Sonnenbaden und Relaxen ein. 

Und leckere Gerichte kochen, wird ohne stampfenden, oder rollenden Untergrund zum Vergnügen. Zudem gibt uns das ruhige Wetter genügend Raum zum stundenlangen Schlafen, wir sind frisch und ausgeruht, als wären wir gerade losgefahren.Was will man mehr?

Ob wir für die Reise zu den Kanaren neun, zehn oder sogar elf Tage brauchen werden, spielt keine Rolle, die Zeit verliert ihre Bedeutung. Es zählt der Tag, das Hier und das Jetzt. Die Freude am Segeln, das Sein auf dem blauen geliebten Atlantik, das funktionierende Schiff, das ist unser Pragmatismus.

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Tag 3 mit Gennaker

Vor Sonnenaufgang

Dienstag 30. September 2025
Baro 1023, bewölkt mit wonnigen Abschnitten, Wind zwischen 9 und 20 Knoten, die See 1,5 – 2 m

Etmal 11:00 122 sm

Die Nacht über mussten wir immer noch mit dem Motor fahren. Ich hab wieder mal bis 06:00 Uhr geschlafen, heute allerdings mit weniger schlechtem Gewissen, denn da ja hier auf dem Ozean fast kein Verkehr ist, kann Volker zwischendurch auch mal 20-30 Minuten am Stück schlafen.

Um neun Uhr kann ich die neuen Wetterberichte holen, es sieht so aus, als hätten wir doch immer mal ein bisschen Wind, allerdings heute bis zum Abend eher so um zehn Knoten. Daher: 09:25 Uhr, wir segeln mit Gennaker! Die Motoren schweigen. 

Rundgang bei Sonnenschein

Der Gennaker bleibt stehen bis nach dem Abendessen, zunächst war es sehr wenig Wind, ständig wechselnd wischen sieben und zehn Knoten, wir mussten dauernd den sehr schwankenden Kurs anpassen. Ab vierzehn Uhr stabilisiert sich der Wind bei 14 Knoten,  es geht mit sieben bis acht Knoten schnell voran. Zum Sonnenuntergang sind es öfter über 15 Knoten Wind, wir rollen das bunte Segel ein, so ist die Nacht ein bisschen entspannter. Mit der Genua muss man nicht dauernd auf jede kleinste Winddrehung reagieren, die steht ruhiger.

So vergeht der dritte Tag unserer atlantischen Reise. Wir schlafen abwechselnd mal ein bisschen, die Wäsche, die heute morgen in die Waschmaschine gekommen war, musste auf- und abgehängt werden, wir sitzen ein bisschen in der Sonne, ich lese ein Kapitel von Tim Sawyer vor, das ich morgen mal an Zoey wegschicken werde.

Um 18 Uhr schaffe ich es tatsächlich, hier von Bord aus an dem Zoom-Yoga-Meeting mit Katja teilzunehmen. Bei Ihr in Maribor ist es so kalt, dass sie heute von drinnen aus die Stunde macht, bei Roisin in Lanzarote hingegen ist es so warm, dass sie sämtliche Fenster offen hat, na und hier an Bord ist es irgendwas mittendrin. Auf jeden Fall angenehmer als im Norden.

Kochkäseschnitzel

Zum Abendessen gibt es heute Schnitzel. Volker klopft schon eifrig, und ich bekomme, mitten auf dem Atlantik, ein Kochkäseschnitzel mit selbst gemachtem Kochkäse (Danke an Leo Strempel vom SC Saar für den Quark!).

Danach wird der Gennaker geborgen, die Genua ausgerollt, wir sind vorbereitet für die Nacht. Auch einen neuen Wetterbericht haben wir geladen, heute Nacht werden wir genug Wind haben, 16 – 20 Knoten schieben uns flott voran. Nachts brennt nur die kleine rote Lampe über dem Kartentisch, nach Einbruch der Dunkelheit begleitet uns für ein paar Stunden das Solar-Flackerlicht, das uns Freundin Sabine in die Karibik mitgebracht hat.

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Am Rande der Biskaya – Tag 2

Montag 29. September 2025
Baro 1025, Wind um 5-8 Knoten aus NNO, leicht bewölkt, die See unter 1 m

Jetzt hab ich doch tatsächlich verschlafen! Eigentlich war ich um halb fünf schon mal im Salon und wollte Volker ablösen, da hat der mich aber wieder ins Bett geschickt. Natürlich habe ich mir daraufhin einen Wecker gestellt, aber nur auf der Uhr. Den habe ich dann geflissentlich überhört, bis ich um Viertel nach sieben aufgewacht bin.

Noch vor sechs Uhr hat Volker den Motor angemacht, der Wind hat zu sehr abgeflaut auf 6-7 Knoten und kommt fast genau von hinten. Es ist traumhaftes Wetter, und im Gegensatz zu den letzten Tagen wird es warm, so wie Volker es die ganze Zeit vorhergesagt hat: „Ab Brest wird es wärmer, und warte mal, wie warm es ab A Coruña wird …“ Nur leider hat der Wind eine große Pause eingelegt, und wir diskutieren, wie und ob es weitergehen soll ab dort.

Jetzt sind wir wieder allein auf dem großen weiten Meer, das wegen der herrschenden Flaute auch total ruhig ist. Mittags und am Nachmittag kommen kleine Delphine, sie sind zunächst auf der Jagd, und später kommen sie zum Spielen am Boot vorbei, das macht immer noch Spaß, die hüpfenden und tauchenden Tiere zu beobachten. 

Flaute

Sonst passiert hier nicht so viel, der Wind ist zu schwach zum Segeln, und er kommt genau von hinten. Angeblich soll das ab Morgen Vormittag besser werden, sagen meine Wetterberichte. Aber es kommen während der nächsten acht bis neun Tage immer wieder mal Flautenzeiten. Also haben wir unsere Dieselvorräte kalkuliert, und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir auf jeden Fall fünf Tage, 120 Stunden unter Motor fahren könnten. Das sollte ausreichen, damit wir auch mit dem eher schwachen Wind bis Lanzarote kommen, denn zwischendurch sind angeblich die Windwinkel besser, und die Windgeschwindigkeiten gehen auch hoch. Vamos a ver!

Neben den Delphinen sind am Nachmittag tausende Babys und Kinder von Portugiesischen Galeeren vorbei geschwommen. Selbst wenn die noch nichts tun, man weiß ja nicht, ob vielleicht ein paar erwachsene Aufpasser dabei sind. Also auf keinen Fall mal eben schwimmen gehen, so wie wir das bei Flaute auf dem Weg in die Karibik gemacht haben.

Dank der vielen Motorstunden konnte ich auch eine Maschine Wäsche waschen, und dank der warmen Sonnenstrahlen ist sie auch schnell getrocknet. Und das Wasser war warm zum Duschen! Das Meer ist flach, man spürt nur die atlantische Dünung, die das Boot leicht anhebt und senkt. Und viel Verkehr ist hier auch nicht. Ein paar Frachter sind so weit entfernt, dass man sie trotz guter Sicht nur auf dem AIS sehen kann, am Horizont habe ich sie jedenfalls nur den einen oder anderen gefunden.

Um 18:00 Uhr ist das Barometer um zwei Strich gefallen auf 1023, und zum Sonnenuntergang ziehen  ein paar kleine Wölkchen auf. Bei uns gibt es ein Ribeye für Volker und für mich Lachsfilets mit Kräuterbutter, dazu Salat und Knoblauchbaguette, himmlisch!

Ich habe ein neues Projekt: Ich habe es endlich geschafft, für meine Enkeltochter und mich mal rechtzeitig Karten für das Weihnachtsmärchen im Darmstädter Theater zu erstehen, in früheren Jahren waren die immer so schnell ausverkauft, und bis mir aufgefallen ist, dass es auf Weihnachten zugeht, gab es keine Karten mehr. Dieses Jahr war ich also rechtzeitig und werde mit Zoey in die Abenteuer von Tom Sawyer gehen. Als alte Theatergängerin weiß ich, wie gut es ist, wenn man den Stoff kennt, so werde ich für Zoey das Buch vorlesen und ihr die Dateien schicken, damit sie sie auf ihrer Toniebox hören kann. Aber dazu muss ich mich erstmal mit ein paar neuen Programmen befassen, wenn es halbwegs perfekt sein soll.

Während Volker noch einmal schlafen kann, bevor ich zu Bett gehe, lerne ich alles über Sprachmemos, wie man sie in dem Programm verarbeitet, bearbeitet, Teile raus schneidet oder einfügt, und wie man mehrere Aufnahmen, dann allerdings in einem anderen Programm, IMovie, zusammen schneiden kann.

Während wir so durch die Nacht fahren, hat sich draußen der schönste Sternenhimmel entwickelt, und begleitet uns durch die klare Nacht.

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Guernsey ade!

Sonntag 28. September 2025
St. Peter Port, Guernsey 10:00
Baro 1020, Wind um 4 Knoten SSW, Nieselregen, schlechte Sicht
Motoren BB 191, SB 190, Logge 7800, 27.09. 309 l roten Diesel getankt

Um zehn Uhr legen wir ab, denn ob wir nun im Hafen weiter rumsitzen oder auf dem Wasser langsam motoren, ist ja eigentlich egal. Also sind wir unterwegs. Es ist nicht schön auf dem Wasser, zuerst fängt es an zu nieseln, dann kommt dichter Nebel. Um zwölf Uhr wird es über der Insel ein bisschen heller.

Um 12:00 Uhr kommt der Wind, zuerst aus wechselnden Richtungen mit 9-11 Knoten, dann stabilisiert er sich bei 15 Knoten aus 10º, also Nordwind. Nachdem Volker erst leise und laut murmelnd Überlegungen angestellt hat, welches Vorsegel wir demnächst verwenden wollen, ist nun die Entscheidung einfach, wir bleiben bei der Genua. Jetzt ist auch die Strömung gekippt, wir haben keinen Gegenstrom mehr und fahren mit acht bis neun Knoten Geschwindigkeit. Das nimmt immer weiter zu, der Wind sowie die Strömung, und wir erreichen bei 20 Knoten Wind bei einem Windwinkel von 120º tatsächlich mehr als zwölf Knoten über Grund.

Am Nachmittag ist das Barometer auf 1023 gestiegen, der Wind hat leicht abgeflaut auf 12- 15 später 10 – 11 Knoten, dafür ist der Einfallswinkel spitzer, und, obwohl die Gezeit jetzt um 20:40 gekentert ist, fahren wir immer noch mit über sieben Knoten über Grund.

Ach Du Schreck! Wir wollen ja zu Abend essen, haben aber gar nichts aufgetaut!, Na gut, da muss noch ein bisschen gewartet werden, die Slavinken, mit Speck ummantelte Hackfleischrollen, erwärmen sich schnell in den letzten Sonnenstrahlen, um 19 Uhr gibt es diese mit Zwiebelsoße, Salzkartoffeln und Butterkarotten. Lecker wie immer.

Die steinige bretonische Küste mit ihren Gefahrenzeichen

22:30 Uhr: Es ist schon gigantisch, wir segeln entlang der bretonischen Küste mit ihren zahlreichen steinigen Untiefen, und halten uns schon weit draußen. Trotzdem ist es mega spannend, links, in 210º, blinkt der Leuchtturm der Ile vierge, Jungfraueninsel (?), weiß alle fünf Sekunden, in 230º blitzt das Westkardinalzeichen „Lizen Ven“, das auf die Untiefe daneben aufmerksam machen soll, und dann kommt von links auch noch ein Fischer angepest, die „Etoile d’Arvor“, der es sehr eilig hat, und offensichtlich noch nicht oder nicht mehr beim Fischen ist. Vor einer halben Stunde lag ein Nordkardinalzeichen auf unserer Route, sie alle haben bretonische Namen, dieses hier z.B. „Aman ar Ross“, was immer das bedeuten soll. Eines liegt noch vor uns, diesmal kein typisch bretonischer Name, „Grande Basse de Portsall“, ist wieder ein Westzeichen,  also neun weiße Blitze alle 15 Sekunden. Danach entfernen wir uns weiter vom Land und seinen steinigen Ausläufern, die Navigatorin kann entspannen, bis sie abgelöst wird.

Ein schicker schneller Trimeran, “Viabilis”, ein Solo-Segler, kommt – ohne Vorfahrt zu haben – auf uns zu, die ganze Zeit auf Kollisionskurs, ich rufe ihn über Funk, erhalte zwar keine Antwort, aber er ändert seinen Kurs. Um 23:30 segeln wir ganz nah an der Segelyacht Giulia vorbei, sie fährt nur mit Vorsegel und ist daher deutlich langsamer als wir. Es kommt noch ein Boot auf uns zu, dass kein AIS hat, aber Volker hat es gesehen, und die letzte Kardinalboje ist auch vorbei, jetzt muss ich ins Bett. Volker hat am Tag zwei Stündchen geschlafen, er übernimmt jetzt die Wache.

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Juwel?

Eine nicht nur touristische Sparte auf Guernsey ist der Verkauf von Goldschmuck und Diamanten in einer der zahlreichen Jeweleries. Guernsey ist das, was man gemeinhin als Steuerparadies bezeichnet, alles ist Duty Free, also Mehrwertsteuerfrei, es gibt auch keine Steuern auf Kapitaltransaktionen oder Immobilien und das gilt für alle Kanalinseln. 

Der Yachthafen für Besucher heißt Viktoria Marina und liegt mitten in der Stadt St. Peter Port. Der super freundliche Hafenservice weißt die Plätze zu und regelt die Einfahrt in den Hafen, die rund drei Stunden vor und nach Hochwasser möglich ist. Ein Drempel bewahrt das innere Hafenbecken vorm Austrocknen bei Niedrigwasser. Der Gezeitenhub ist mit sechs Metern imposant. Wir kamen Donnerstag Abend in St. Peter Port an. 

Kunstvoll dekoriertes Dessert

Nachdem wir uns alle ein bisschen Landfein gemacht haben, ging es auf eine Besichtigungstour durch die quirlige Innenstadt. Direkt im Anschluss liefen wir  steil bergauf in  das gut bewertete Restaurant mit britischen Gerichten „Pickled Pig“, zum herbeigesehnten und wohlverdienten Pint Bier und Abendessen. Wir wurden sehr freundlich empfangen und das Essen war wirklich herausragend gut. Ich hatte einen traditionellen Homemade Pie und Matthijs und Cornelia erfreuten sich an ihrem Fischcurry. Es folgte zur Feier des Tages noch ein Dessert, beim Segeln werden ja so viele Kalorien verbraucht. Danach gab es noch einen kleinen Schlummerdrink an Bord, und wir ließen die Eindrücke der bisherigen Segelreise Revue passieren.

Am nächsten Morgen erhielt die Hexe ihre wohlverdiente Süßwasserdusche, während Cornelia ein Waschprogramm startete und Matthijs die neue Dirk mit einem Spleiß versah. Nach dem Frühstück zogen wir die neue Dirk in den Mast ein, dann war es für Matthijs schon an der Zeit abzumustern Sein Rückflug ging über England nach Amsterdam. Die Kanalinseln sind  mit Turboprop-Propellermaschinen und Fähren mit dem Festland verbunden.

Den Rest des Tages haben wir mit einem Besuch in einem typisch englischen Supermarkt verbracht, ausgiebig Schlaf nachgeholt und abends einen Film aus der Mediathek angeguckt. 

Am nächsten Morgen war ich dabei, Trinkwasser in den Tank einzufüllen, da piepste auf einmal der Bilgenalarm laut los, ich rannte schnell zum Einfüllstutzen und stellte das Wasser ab. Was war geschehen? Der Borddurchlass von der Tankentlüftung war wegen Alterung durch UV-Strahlung unbemerkt innen abgebrochen, und als der Wassertank voll war, ist das nachströmende Wasser, anstelle aus dem Überlauf abzulaufen, in den Motorraum geplätschert. Eben bis die Bilgenpumpe anlief, und mit ihr der Alarm losging. Nix Dramatisches, es wurde provisorisch mit einem Stückchen Tape abgedeckt. Cornelia hat schon einen neuen Borddurchlass bestellt, weil ausgerechnet die benötigte Größe sich nicht in unserem Ersatzteilsortiment befindet. Man kann ja nicht alles mit rum schleppen! 

Nach Rücksprache mit dem Hafenmeister  haben wir kurz darauf fix abgelegt und sind schnell mit dem Kat zur Tankstelle gefahren, um sämtliche Reservekanister und die beiden Haupttanks des Bootes voll zu tanken, um anschließend wieder zu unserem Liegeplatz zurück zu kehren.

Danach habe ich noch eine offene Naht am Großsegel nachgenäht und schon war es Zeit, mit der Capitania im Schlepptau zur Bushaltestelle zu sprinten.  Da stand schon die Linie 91 parat, die uns einmal komplett, mit einem Zwischenstopp beim Wrackmuseum, um Guernsey herum kutschieren wird. 

Das Wrackmuseum liegt in einem Fort, dem Fort Grey, in einer malerischen Felsenbucht, in der zahlreiche Schiffe gestrandet und gesunken sind, und die Ölbohrplattform Orion eine Grundberührung hatte und evakuiert werden musste. Das kleine Wrackmuseum ist wirklich einen Besuch wert, und an dieser Stelle muss ich mal die Freundlichkeit der Inselbewohner anhand von drei kleinen Beispielen preisen. 

Busticket

Beispiel 1
Die Kreditkarte von Matthijs funktionierte nicht sofort, als er sein Busticket zum Flughafen bezahlen wollte. Sofort sprang ihm ein anderer Passagier mit seiner Bezahlkarte zur Hand und wollte das Ticket für ihn kaufen. Gerade da tat es seine Kreditkarte dann doch.

Beispiel 2
Wir steigen in den Bus ein, die Kreditkarte funktionierte wie im zuvor genannten Beispiel auch nicht. Der Busfahrer kauft das Ticket für uns mit seiner Kreditkarte, denn bares nimmt er nicht. Nur dann privat. Bei der Rückfahrt hat es glücklicherweise funktioniert.

Beispiel 3
Wir steigen am Wrackmuseum aus, laufen zum Ticketschalter, der freundliche Mitarbeiter weist uns darauf hin, dass man nicht mit der Kreditkarte die Eintrittstickets kaufen kann. Wir haben leider keine englischen Pfund mehr dabei. Macht aber nichts, er lässt uns ins Museum rein und meint, dass wir dann nach dem Besuch die Tickets im Schmuckgeschäft hinter dem Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite kaufen können. 

Und jetzt noch ein paar Worte zu den Landschaften:
Das Inland von Guernsey erinnert  schon sehr an England, sanfte Hügel wechseln sich mit Feldern und parkähnlichen Gärten ab. Die Küste ist geprägt von Stein und riesigen Sandbuchten, die sehr an die Bretagne erinnern. Die schönen Orte mit ihren alten Steinhäusern ducken sich teilweise hinter steinerne Deiche, fast alle Häuser haben französische Namen. 

Bewährtes ist ja so gut und  mit Neuem steigt das Risiko der Enttäuschung, nach dem Motto sind wir gestern Abend wieder zum Pickled Pig. (Außerdem war es Samstag und viele Restaurants ausgebucht.) Ich hatte demzufolge das Gleiche wie davor bestellt, die Capitania hatte eine hervorragende, langsam geschmorte Lammkeule. Guernsey ist in der Tat, unserem Empfinden nach, ein echtes Juwel, und wir hoffen, dass wir im folgenden Jahr der Insel wieder einen Besuch abstatten können.

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Im Englischen Kanal

Mittwoch 24. September 2025
Baro 1025, leicht bewölkt bis bewölkt, Wind um 6 – 7  Bft.
Nieuwport 10:35, Etmal um 10:45 175 sm

Die Windmühlen am Hafen von Nieuwpoort

Nach einem Besuch auf der Excess 14 „Geronimo“ von Corinna und Rainer verlassen wir den Hafen von Nieuwpoort. Unter der Genua allein geht es los Richtung Calais. Die Gezeit geht noch mit, wir er reichen immer wieder zehn bis zwölf Knoten Fahrt, das nutzen wir aus, um Strecke zu machen.

Um 12:40 wird das Großsegel in Reff 2 gesetzt, und so hangeln wir uns entlang der Bojen in dem schmalen Fahrwasser nach Calais. Es ist eigentlich ein gemütliches Segeln, nur dass Volker (und die Hexe) diese Vorwindkurse gar nicht leiden können. Seit mittags sind auch die Wellen viel ruhiger, das ganz wilde Gewackel hat sich gelegt. Aber wir sind unglaublich schnell, selbst bei Gegenstrom surft die Hexe manchmal mit neun Knoten auf den Wellen, und als die Strömung wieder mit uns geht, sehen wir öfter mal 12 oder sogar 13 Knoten Geschwindigkeit über Grund.

Um 19 Uhr gibt es Essen, heute Spaghetti bolognese, wieder sehr lecker. Jetzt brauchen wir auch unser Starlink, denn nun befinden wir uns außerhalb der terrestrischen Netzabdeckung des Mobilfunks. Wir haben in den Einstellungen der Starlink-App das kleine Häckchen bei der Datennutzung gesetzt, was besagt, dass wir Daten auch auf dem Meer empfangen können, pro Gigabyte für 2,65€. Perfekt!

Sunset

Um 22:15 schlafen meine beiden Herren, der eine hat sich ins Bett verabschiedet, der andere ist auf dem Sofa eingeschlafen, ich versuche, den Überblick zu behalten. Ich sehe ganz viele Fischer auf dem Radar, aber vorhin ist einer an uns vorbei gefahren, der hatte offensichtlich kein AIS an, den hatte ich daher nicht auf dem Schirm, nur plötzlich fuhr ein hell erleuchtetes Boot an uns vorbei.

Mit Wind um zwanzig Knoten und leider wieder konfusen Wellenbildern geht das die Nacht durch, Volker wacht auf, ich gehe schlafen, Matthijs löst Volker ab, um 03:00 Uhr löse ich Matthijs ab, um 05:00 schickt der inzwischen erwachte Volker mich ins Bett. Um Viertel nach sieben  wache ich auf weil die Hexe auf über 15 Knoten Geschwindigkeit beschleunigt. Kurz danach kommt auch Mattijs kommt hoch, der Kaffeegeruch hat ihn bestimmt gelockt.

Eine Fähre von Portsmouth nach Southampton kreuzt nah vorm Bug

Der Wind bleibt wieder beständig zwischen 20 und 24 Knoten, allerdings ist nun der Windwinkel besser, ungefähr 130 Grad, wir kommen gut voran, nur die Wellen bleiben kabbelig. Aber als wir an Cherbourg vorbei sind und in die Landabdeckung kommen, wird die See plötzlich ganz ruhig. Auch der Wind hat nachgelassen, aber hier ist so viel Strom, der momentan glücklicherweise mit uns geht, dass wir trotzdem noch gut voran kommen.  

Auf einmal ist das Leben viel einfacher, ich habe gemerkt, wie ich plötzlich entspannt war. Ich hatte mich hingelegt, um ein bisschen verlorenen Nachtschlafs nachzuholen, konnte aber nicht gut einschlafen, es wackelte so sehr und durch die kurzen Wellen war es auch laut im Boot. Doch dann dauerte es keine fünf Minuten und ich war fest eingeschlafen. Und auch nach dem Aufwachen ist es wunderbar, ich muss mich nicht bei jedem Schritt festhalten, kann auch einfach eine volle Teetasse zum Tisch tragen. Wind und Strömung lassen uns doch gut vorankommen, wir segeln zwischen sieben und neun Knoten, mit der Strömung, es fühlt sich fast so an, als ob wir bei leichtem Wellengang vor Anker lägen.

Wir müssen auch nicht zu schnell fahren, denn wir können erst ab 18:33 Guernsey Zeit, für uns also 19:33 Uhr, in die Marina fahren, denn an der Einfahrt befindet sich eine Barre, die man nur drei Stunden vor und nach Hochwasser überfahren kann. Hauptsache, wir sitzen bis 20 Uhr im Pub!

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Morgens früh um sechs fährt die kleine Hex

Dienstag 23. September 2025
Ijmuiden 06:00 – 22:15 Nieuwpoort, 108 sm
Baro 1025, mäßig bewölkt, nicht ganz so kühl

Der Versuch zu bezahlen

Pünktlich um sechs Uhr verlassen wir die Seaport Marina, ohne das Liegegeld bezahlt zu haben. Das war nicht unsere Absicht, sondern der Technik der neuen IMarina-App geschuldet. Brav habe ich nach Ankunft den QR-Code an unserem Liegeplatz gescannt, dann landet man auf der Seite der Marina, versuche zu bezahlen, aber da bekomme ich die Meldung, es sei momentan kein Liegeplatz für uns frei. Wir liegen aber genau an dem Platz, an dem ich den entsprechenden QR-Code scannen konnte. Und der Platz ist auch wirklich groß genug für uns. Na gut, dann werden wir die 107 € eben im nächsten Restaurant „verfressen“. (Nachtrag: Am nächsten Tag kam eine Rechnung per Mail, verstecken geht nicht mehr so gut in Zeiten von Internet und AIS, das war ja auch gar nicht unsere Intention.)

Der Gennaker steht

Es ist wenig Wind, 10-14 Knoten, aber genau von hinten, und es steht noch eine unangenehme Welle von dem Nordwind der letzten Wochen. Nach einer Weile motoren jedoch setzen Volker und Matthijs den Gennaker, und wir kreuzen vor dem Wind mit sieben bis acht Knoten Geschwindigkeit.

Dann lässt der Wind immer weiter nach, von hinten kommen deutlich Regengebiete heran, das bunte Segel wird eingerollt und ein Motor schiebt uns nach Südwest. Zu einer ganz ungewöhnlichen Zeit, um zehn Uhr, frühstücken wir bereits, danach scheint wieder die Sonne und der Wind hat erneut aufgefrischt. Wir fahren zwischen 8,5 und über zehn Knoten, noch fünf Meilen bis Hoek van Holland. 

Wellen

So geht das den ganzen Tag, mal mehr, mal weniger Wind, mal Gennaker, mal Genua, mal Motor. An der Maasmündung und vor Vlissingen müssen wir höllisch aufpassen, es ist unglaublich viel Schiffsverkehr, große Frachter, Windmühlenplattform- und Bohrplattformversorger preschen mit über 20 Knoten heran und befinden sich auf Kollisionskurs zu unserer Hexe. Einer nach dem anderen.

Anschließend bekommen wir eine kurze Pause, bis es vor Zeebrugge schon wieder sehr wuselig wird. Und dann frischt auch der Wind wieder auf, die Motoren werden ausgestellt und wir segeln, nur mit Großsegel sind wir manchmal deutlich über 12 Knoten schnell. Gigantisch! Zum Abendessen gibt es heute Fajitas mit leckerem Rindfleisch, Gemüse und Saucen. Mit dem vielen Wind – zum Teil über 20 Knoten – sind die Schiffsbewegungen unruhiger und das Tischdecken oder Abspülen wird zu einer Art Seiltanz für mich.

Unser heutiges Ziel ist Nieuwoort, Volker hat schon einen Platz im Hafen reserviert. Noch ein Schreck in der Einfahrt: Ausnahmsweise stehe ich am Ruder und hätte doch beinahe das Boot auf Grund gefahren. Ich hatte es schon in den Schlick gesetzt, kam aber nochmal raus, danach musste ich auch nicht mehr steuern. (Beim nächsten Mal muss ich wahrscheinlich die Bilgen putzen oder Rost klopfen!) 

Unser reservierter Liegeplatz beim Segelverein von Nieuwpoort ist besetzt, was nun? Es ist eine stockdunkle Nacht und die Häfen sind auch nicht gerade üppig beleuchtet. Aber Volker steuert das Boot souverän durch die verwinkelten Hafengassen, bis wir bei dem Segelclub von der Luftwaffe, dem WSKLuM, einen Platz am Kopf eines Stegs finden. Um 23:15 sind die Leinen fest, es gibt wieder ein alkoholfreies Radler als Anlegerbier, dann geht es sofort ins Bett.

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Noch im süßen Wasser

Montag, 22. September 2025
Hoorn 13:30 – 21:30 Ijmuiden, 37,5 sm
Baro 1022, leicht bewölkt, Wind 10 – 20 Knoten, kühl

“Auf nach Hoorn!” hieß es vorgestern für uns. Um 8 Uhr stehen Ute, Wolfgang und Aljoscha vor unserem Haus, um uns abzuholen. Wolfgang hatte angeboten, uns mitzunehmen, weil er mit Familie sowieso nach Workum fahren will. Wolfgang und Aljoscha wollen morgens am Strand der Bucht von Workum kiten, und am Nachmittag werden sie ihr neu erworbenes Schmuckstück, ein zwölf Meter langes Plattbodenschiff namens „Swantje“ abholen. Wolfgang wusste, dass wir diesmal ohne eigenes Auto zum Boot kommen müssen, da wir ja den Hafen für unbestimmte Zeit verlassen werden. Für uns war das großartig und wir genossen die Fahrt im VW-Bus.

Bei strömendem Regen verlassen wir die hessischen Gefilde, und kurz nach 13 Uhr, ohne nennenswerte Stau auf der Route, steigen wir auf dem Parkplatz vom WSV aus. Wir räumen kurz ein, dann gehe ich mit Maureen bei Lidl einkaufen, einen ganzen Einkaufswagen voll. Der Inhalt wird verstaut, Matthijs ist auch schon da, um das neue Großfall einzuziehen. 

Dann kommen Leo und Doris Strempel vom Segelclub Saar, in dem Volker Mitglied ist, so ungefähr seit er laufen und in ein Boot steigen konnte. Die beiden machen Urlaub hier oben an der holländischen Küste und haben die Gelegenheit genutzt, einmal unseren Katamaran anzuschauen. Das hat uns natürlich sehr gefreut, auch wenn es nur ein kurzer Besuch war. Viele Freunde von dem SC Saar lesen auch fleißig unsere Blogs, dadurch sind sie immer auf dem Laufenden, wo wir uns gerade befinden.

Am frühen Abend gönnen wir uns ein köstliches Abendessen im Clubrestaurant. Es war wieder wunderbarer. Man wird empfangen wie bei Freunden, der Service ist super freundlich. Mein Tunfisch war eine Sensation, Volker genoss sein Ribeye sehr, und die Creme brulée war eine Offenbarung, ganz ungewöhnlich begleitet von einem hinreißenden Mousse au Chocolat. Das Lokal ist wirklich ein Gewinn für den Hafen.

Die Bösewichte

Doch am heutigen Morgen:
Um neun Uhr wollten wir ablegen, Segelfreund Matthijs wird uns begleiten bis irgendwo in Frankreich, pünktlich steht er, von Sabrina gebracht – vor dem Boot. Aber:
Was für ein Schreck! Kurz davor sind – plötzlich und unerwartet – alle Heizungslüfter ausgegangen. Und sie lassen sich auch nicht mehr starten. Es wird der Fehler gesucht, in der Elektrik, an dem Motor, mit telefonischer Hilfe von Freunden, aber nix passiert. Matthijs findet einen Monteur aus Alkmaar, der auch verspricht, gleich loszufahren.

Tatsächlich steht Kevin von Elektrostat eine Stunde später vor dem Boot, und er schafft es tatsächlich, dass nach relativ kurzer Zeit die Heizung wieder dreht und die Lüfter wieder die warme Luft ins Boot blasen. Der Temperatursensor war kaputt, der Brennereinsatz wurde ebenfalls ausgetauscht, Kevin hatte die richtigen Teile dabei. Wir sind glücklich, der Skipper auch wieder entspannt, und dann sind wir nicht mal fünf Stunden zu spät los gefahren und segelten bei schönstem achterlichem Wind Richtung Amsterdam.

Um 17 Uhr sind wir an der Schellingwouder Brug, aber die öffnet während der Amsterdamer Rush Hour von 16 – 18 Uhr nicht für den Schiffsverkehr, also müssen wir warten, damit wir anschließend noch in die Schleuse fahren können, und dann endlich im Kanal nach Ijmuiden sein werden.

Um 18 Uhr dreht die Brücke, wir fahren direkt in die Oranjesluis, direkt danach wird bei dem dahinter liegenden Bunkerschiff getankt. Nun werden wir wohl nicht bis 21 Uhr in Ijmuiden sein, um bei dem leckeren chinesischen Restaurant zu essen, also gibt es Hamburger an Bord, mit frisch gemachtem Kochkäse, auch lecker. 

Während der ca. 15 Meilen langen Fahrt durch den Nordseekanal wird es langsam Abend, und als wir in die Zeesluis vor Ijmuiden fahren, ist es eine stockdunkle Nacht, wir sind nur einenTag nach Neumond. Das war spannend, denn obwohl die Schleuse 11 m breit ist, blieb an jeder Seite neben den Fendern nur wenig Platz. 

Weiter geht es an den unbeleuchteten Bojen vorbei in die Seaport Marina, wo um 21:30 die Leinen fest sind. Es waren nur 35,7 sm mit zwei Schleusen, aber nun ist es auch genug, und nach einem alkoholfreien Radler fallen wir alle drei müde ins Bett. Morgen früh um sechs soll es weitergehen.

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Lecker, lecker, lecker

Bei unserem kurzen Trip nach Hoorn haben wir diesmal weniger auf dem Boot gekocht, wie wir das sonst meistens tun, sondern sind tatsächlich ziemlich oft ausgegangen. Dabei haben wir ganz verschiedene Restaurants besucht, von denen ich hier mal berichten will.

Der Turm

Als erstes waren wir mit Kees und Maureen im Turm, bei den „Hooftoren“, ein Restaurant am Hafen, das wir schon lange und gut kennen. Volker isst dort auch immer wieder das gleiche, Spareribs, von denen er sagt, sie seien noch besser als die von ihm gemachten. Ich bin da nicht ganz einverstanden, aber ich halte mich dort gerne an die Dinge aus der See. Es gibt erstklassige Miesmuscheln, einen ganzen Kochtopf voll, und auch der Fisch vom Tag ist immer sehr gut. Beim vorletzten Mal haben wir dort den ultimativen Nachtisch entdeckt: „Advocaat met Slagroom“, also lauwarmer Eierlikör mit Schlagsahne. Mmmmhmmm! (Das haben wir dann auch mal auf dem Boot nachgemacht, da schmeckt es ebenso gut.)

Auch in dem Vereinsrestaurant kann man hervorragend essen. Freitag Abend bis Sonntag Mittag ist es geöffnet, ein professioneller Koch kocht, und viele Freiwillige aus dem Verein machen den Service, sehr professionell und liebenswürdig. Es gibt eine kleine feste Karte und immer ein wechselndes Fleisch- und Fischgericht. Alles wirklich lecker, es scheint auch bei den Passanten gut anzukommen. Hoffen wir mal, dass es so bleibt.

Bei unserem Lieblings-Italiener sind wir auch einen Abend eingekehrt, und auch hier wurden wir nicht enttäuscht. Beim letzten Mal war Zoey mit uns dort, und sie bekam eine Kinderpizza, die so hübsch aussah, dass man sie fast nicht essen wollte. Diesmal hat Volker sich auch so eine Pizza bestellt, allerdings in der Erwachsenen-Größe, der Teig dort schmeckt einfach köstlich, und ich bekam meine favorisierte Melanzane Parmiggiana, Auberginen in Tomatensoße, „da da daaa, ich liebe es“!

Das Ankertje, in dem wir  mit Matthijs und Sabrina an unserem letzten Abend in Holland gegessen haben, war geschmückt – wie immer, wir waren dort früher häufig mit den Kindern – mit Modellen von alten Schiffen. In dieser maritimen Atmosphäre aßen wir lecker klassisch holländisch zum Abschied, bevor wir am nächsten Tag für unseren kurzen Ausflug nach Deutschland aufbrachen.

Die Krönung aber war unser Ausflug nach Alkmaar. So ein Restaurant haben wir beide noch nie erlebt! In dieser schönen holländischen Stadt haben wir Kees und Maureen in ihrer Wohnung besucht, und wollten dort auch zu Abend essen. Maureen hat darauf ein nettes Restaurant in Laufnähe vorgeschlagen, wunderbar. Wir gingen hinein, es war bereits gut besucht, aber wir bekamen noch einen Tisch für uns vier, obwohl wir nicht reserviert hatten. Ein sehr freundlicher Kellner fragte nach unseren Getränkewünschen und erklärte uns auch, wie das hier läuft. Also man scannt den QR-Code, bekommt dort die Speisekarte angezeigt, und bestellt über das Smartphone. Zunächst hatten wir es so verstanden, dass wir uns zwei Gerichte auswählen können und eine Beilage. Und alle Getränke seien inkludiert. Für 37 €. „Wieviel, 37 Euro????!!!“, fragt Volker entsetzt. Aber dann kommt die Erklärung: Nach 15 Minuten kann man wieder zwei Gerichte bestellen, Vorspeisen, Fisch, Vegetarisches, worauf auch immer man Lust hat. Und wiederholen, solange das Herz begehrt oder der Magen mitmacht. Das haben wir ausgiebig getan, zu viert haben wir wahrscheinlich einmal die gesamte Speisekarte auf dem Tisch gehabt. 

Es stimmte, alles waren übersichtliche Portionen, unglaublich lecker und optisch wunderbar angerichtet. So hatte man danach Lust auf den nächsten Gang, nur so haben wir jeder zehn oder zwölf verschiedene Gerichte probieren können. Angefangen mit Suppen oder Sushi oder anderen Vorspeisen, über alle möglichen Varianten von Fisch- und Fleisch-Überraschungen, auch Mini-Portionen Spareribs, Aal und Rotbarsch waren dabei.  Laut Volker kam danach die Offenbarung in Gestalt von sehr unterschiedlichen und extrem leckeren Desserts. Also rundum jeden Cent wert!

Immer bei Eva und Yanni dabei: Restaurant-Hündin “Daisy”

In Darmstadt angekommen, gingen wir sozusagen „zuhause“ essen, nämlich mit Petra und Axel bei „Kassandra“, unserem Lieblings-Griechen-Freund, wo wir überschwänglich begrüßt wurden, von Yanni und Eva, den Besitzern und von vielen Freunden, die – wie wir – dort viele gemütliche und unvergessliche Abende verbracht haben. Und der Zander im Kartoffelteig schmeckt köstlich wie eh und je, auch das klassische Champignon-Schnitzel (ratet mal für wen) war unverändert lecker.

Unsere kleine Tour als Restaurantverkoster hat sich gelohnt, so viele verschiedene Küchen, so viele Geschmäcker und so viel leckeres Essen. Glücklicherweise haben wir keine Waage an Bord.

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