Jeden Morgen, wenn ich mit Samy spazieren gehe, erfreue ich mich an der Schönheit dieses Ortes. Natürlich auch vormittags oder nachmittags, aber morgens ist es besonders schön.
Über allem thront der Hochzeitsturm mit seinen fünf Fingern, daneben das Ausstellungsgebäude mit der auf dem Dachfirst balancierenden Figur, und vorne dran erstrahlt die Russische Kappelle mit ihren Goldtürmchen im sommerlichen Sonnenschein.
Hier ist das Zentrum des Jugendstils zuhause, viele Gebäude auf dem Hügel und rundherum in der Künstlerkolonie stammen von Joseph Maria Olbrich, dem großen Jugendstil-Architekten. So auch der Hochzeitsturm, in dem man sich heute noch das Ja-Wort geben kann, hoch über der Stadt mit großartiger Aussicht. In der Eingangshalle sieht man das Mosaik „Der Kuss“ und hier gibt es allerlei Schönes zu kaufen, so auch den Hochzeitsbecher, oder Darmstadt Memories, bei uns beliebt an Heiligabend, wenn wir uns die Geschenke verdienen müssen.
Außen am Turm prangt eine wunderschöne Sonnenuhr, und immer wieder sieht man festlich gekleidete Gesellschaften, die vor dem Eingang das gegebene Jawort mit einem Glas Sekt begießen. Oder ein launiger Butler begrüßt die Gäste und stellt den Turm vor.
Das Ausstellungsgebäude ist seit 2012 ein riesiger Bauplatz, die Kosten für den Umbau sowie für die Sanierung sind auch deutlich höher als erwartet. Nun soll der Umbau bis zum Sommer 2019 fertig gestellt sein, wir sind gespannt.
Die Russische Kappelle ist ein wahres Kleinod, eine prachtvolle kleine Kirche, die der russische Zar Nikolaus II. errichten ließ, damit er auch bei Besuchen bei der Familie seiner Frau, Zarin Alexandra, geborene Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt, nicht auf den Besuch in einem orthodoxen Gotteshaus verzichten musste. Tatsächlich ist die Kappelle auf aus Russland importierter Erde errichtet. Noch heute werden dort orthodoxe Gottesdienste abgehalten, sonntags sowie an einigen Wochentagen begegnen mir vor allem Frauen mit duftigen Schleiern auf dem Kopf auf dem Weg dorthin. Der Rasen rund um die Kappelle und das angrenzende Wasserbassin in schönem Mosaik ist grün, im Gegensatz zum Rest der Wiese auf der Mathildenhöhe, weil der Küster der russischen Kirche jeden Morgen die Rasensprenger bemüht. Eine Augenweide!
Mein Favorit jedoch ist der kleine Schwanentempel, der ein bisschen im Schatten der Kappelle steht, am Ende einer großen Treppe, die von dem Olbrichweg mit seinen Jugendstil-Künstlerhäusern zur Mathildenhöhe führt. Der Regen, der vom Dach dieses Tempels abläuft, wird durch den Mund von weißen Marmor-Schwänen geführt, ich finde diesen Tempel einfach zauberhaft.
Abends treffen sich die Darmstädter gerne im Platanenhain, es gibt ein kleines Freiluft-Café dort, und genug Raum unter den Bäumen für viele Boulespieler. Auch wir lieben diesen Platz und gehen am späten Nachmittag gerne auch mal nur zu Zweit dorthin, um unsere Fertigkeiten mit den kleinen Kugeln zu üben.