6. September 2016, Dienstag, Baro 1015, sonnig, Wind N 6-4
Les-Saintes-Maries-de-la-mer 10:00 – Cassis 18:00 ca. 58 sm
Kurz nach acht machen Volker und ich uns auf, um neben dem obligatorischen Baguette-Einkauf der schwarzen Madonna einen Besuch abzustatten und die Seglerkerze anzuzünden. Segler sind abergläubisch, und in den Kirchen, in denen auch richtige Kerzen angezündet werden, machen wir das stets. Nur die elektrischen, die in Spanien sehr verbreitet sind, verschmähen wir total. In der Apsis der Kirche ist es richtig heiß, so viele Kerzen haben hier die ganze Nacht gebrannt. Die schwarze Madonna steht in der Ecke und schaut lächelnd zu.
Mit einem ausgeklügelten Ablegemannöver schaffen wir es, trotz Seitenwind unbeschadet aus der Box zu kommen. Mit zwei Reffs im Großsegel und ganz kleiner Fock fangen wir an, draußen weht der kräftige Nordwind mit Böen bis über 30 Knoten. Wir segeln zunächst neun Meilen 136 Grad, das ist Raumschotkurs, vom Kurs her schön, aber es baut sich eine recht unangenehme Welle auf. Doch wir sind schnell, ich höre Volkers kleine Freudenrufe: “10 Knoten”, später: “11,7 Knoten!” Nachher müssen wir anluven auf 108 Grad, aber da sind wir weiter unter Land und die Wellen werden kleiner.
11:20 Tatsächlich werden die Wellen kleiner, aber der Wind weht unvermindert stark, wir gehen auf 104 Grad, das ist mehr Halbwind als Raumschots, aber stabil. Die Sonne scheint, und nur der Wind kühlt so sehr, dass Larissa sich eine Jacke auf die nackten Beine legt. Volker sitzt im kompletten Ölzeug, weil ab und zu Wellen oder Spritzwasser überkommen. Im Boot ist es angenehm, der Hund schläft, bei so viel Crew muss ich nicht auch noch draußen im Weg rumsitzen, ich mache es mir hier gemütlich, prüfe ab und zu die Navigation, checke das Wetter und die Windmesswerte, scheitere allerdings hier öfter an nicht vorhandenem Netz, in der Camargueregion am Wasser ist es eher menschenleer, wahrscheinlich laufen hier nur die weißen Camarguepferde in freier Natur.
Der Wind nimmt ab, wie vorhergesagt, nach 12:00 Uhr wird er zuerst ein bisschen weniger, wir können ausreffen, und das Ölzeug ablegen. Dann wird er noch weniger und nach 13:30 motoren wir. Larissa und Johannes kochen Kartoffelsuppe zum Mittagessen. Nach dem Verkehrstrennungsgebiet an der Rhônemündung hat der Wind soweit gedreht, und ein bisschen an Stärke zugenommen, dass wir mit Spi an Marseille vorbei segeln.
Kurz danach stirbt leider der Wind, aber wir nutzen es aus, dass der Spi nicht steht, Johannes und Volker gehen mit Taucherbrillen an den serh pittoresken Felsen schnorcheln, aber es gibt keine Fische! Johannes hat einen oder zwei gesehen, und Volker klagt über das viel zu kalte Wasser. Daraufhin verzichten Larissa und ich auf den Badestopp, wir motorsegeln weiter.
Das macht allen nicht mehr so viel Spaß, wir beschließen, nach Cassis abzubiegen, und dort die Nacht zu verbringen. In der Marina ist kein Platz mehr für uns, wir sollen in die nahegelegene Calanque de Port-Miou fahren, da kann man an Bojen liegen. Das findet Volker aber zu weit weg vom Ort, wir ankern vor dem Hafen auf 10 Meter Wassertiefe. So haben wir die Möglichkeit, kleine Ausflüge in den Ort zu unternehmen, der auch jetzt, im Sommer, nichts von seinem Charme verloren hat.
Nachts um drei werden wir wach, weil die Wellen unangenehm ans Heck schlagen, so kann keiner schlafen, wir überlegen, direkt loszufahren, aber es wäre nachts genau gegenan, das macht auch keinen Spaß. So verholen wir uns in das hintere Ende der Bucht, da sind wir durch die steinernen Felsberge geschützt. Es ist viel ruhiger hier, und, wenn Wellen kommen, dann von vorne, das knallt nicht so. Zwischendurch gehen ein paar kräftige Böen durch, eine ganz ruhige Nacht wird es nicht, aber man kann immerhin immer mal wieder schlafen.