Back to Europe Tag 14

Dienstag, 9. Mai 2023

Notwendigkeit

An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs.
Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit

(Albert Einstein)

Eigentlich könnte man meinen, dass der Segler seinen Kurs, frei von äußeren Zwängen, selbst bestimmen kann, und den Bug seines Bootes dahin richten kann, wo er hinfahren möchte. Jederzeit und immer. Doch selbst der abenteuerlustigste Seemann unterliegt zahlreichen äußeren Einflüssen, die massiven Auswirkungen auf seinen Kurs und die erreichbaren Ziele haben. Doch nicht nur äußere Faktoren haben Einfluss auf des Seglers Reise, sondern auch Gefühle, Empfindungen und Erfahrungen, die uns im Laufe des Lebens prägen. So ist bei mir schon vor geraumer Zeit ein innerer Widerstand gegen Horta spürbar, den ich erst einmal einsortieren musste.

Es lag nicht nur am Wetter, dass Volker nicht hierher wollte …

Jetzt weiß ich, woher der kommt und warum ich mich die ganze Zeit nicht auf Faial und den Landfall freuen konnte. Es gab schon vor dem Internet immer wieder mal Berichte in Seglerzeitungen und Fachbüchern, die beschreiben, dass die Situation für Segler, insbesondere, wenn die Boote so zahlreich sind, dort nicht so einfach ist.Vor allem wenn mal ein Sturm durchs übervolle Ankerfeld rast. Es haben sich wohl schon viele dramatische Szenen dort abgespielt, die in Kollisionen zwischen Yachten mündeten. Es waren wohl diese lang zurückliegenden Berichte und die bisher gemachten Erfahrungen mit eng beieinander ankernden Yachten, die dieses negative Gefühl über Horta an die Oberfläche gebracht haben.

Auch Inge-Lores Schilderung heute Morgen, von den Liegeplätzen an der Hafenmauer, im gezeitenabhängigen Revier, inklusive der notwenigen Kletterübungen, fördern kein positives Karma an den Tag. Weiterhin erzählte sie uns, dass der Ankergrund unrein sei und immer wieder Taucher engagiert werden müssten, um Anker zu befreien, die sich an irgendwelchen versenkten Dingen am Meeresgrund eingehakt haben. Zudem sei der Ort nicht wirklich hübsch und das berühmte Café Peter Sport in der Regel heillos überfüllt. 

Die innere Ablehnungshaltung und die neue Information von außen waren dann Grund genug, dass wir unseren Kurs auf ein anderes Ziel ausrichten werden. Nach langem Hin und Her und nochmaligem Telefonat mit Inge-Lore, ist es schließlich Terceira geworden, dort werden wir wahrscheinlich den Anker werfen in der Angra do Heroismo,  der Bucht des Heldenmutes. Die gleichnamige Stadt soll zudem der mit Abstand schönste Ort auf den gesamten Azoren sein. Wir sind mal wieder sehr gespannt, wie es dort aussehen soll und freuen uns total auf den baldigen Landfall. Vielleicht, das ist dem plötzlich aufgetretenem Wind geschuldet, der uns gerade auf über zehn Knoten Fahrt beschleunigt hat, wird es für morgen erst einmal die Praia do Vitória, eine gut geschützte Bucht gegen die bis zum nächsten Tag andauernden Südwinde.

Das Ziel wurde neu positioniert

Jetzt liegt doch noch eine komplette weitere Nacht auf See vor uns, egal ob fremd bestimmt oder durch innere Notwendigkeit. 

Einstein hatte recht!

Statistik:

  • Noch 150 Seemeilen
  • Erst Nebel dann Dauerregen
  • Leichter Wind genau von vorne
  • Motorfahrt für 14 Stunden
  • Seit 12 Uhr 15, volles Groß und Genua bei 10-15 Knoten Wind aus 95 Grad, mit 7-9 kn Fahrt
  • See: 3/4 Meter Dünung, keine Windwelle
  • Die Heizung läuft immer mal wieder
  • Abendessen: Königinpastete mit Kalbsragout (nicht selbst gemacht, courtesy Chefkoch von LeaderPrice, dem französischen Discounter)
  • Eine Möwe besucht uns, macht es sich auf dem Bugkorb bequem und bleibt längere Zeit bei uns
  • Delfine, die mit dem Boot spielen
  • Bier und Wein (letzte Flasche Giguan von Lanzarote) sind für die Ankunft kaltgestellt
  • Ja, Segler (also wir) müssen auf den Azoren einklarieren

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2 Antworten zu Back to Europe Tag 14

  1. Schneider Manfred sagt:

    Willkommen zurück in Europa.
    Bin seit letzten Juli zurück auf Sardinien.
    Mittelmeer ist auch schön aber es bitzelt trotzdem.
    Kommt erst mal aufs Festland.
    Liebe Grüße
    Manfred von der Capriole

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