24. Mai 2015, Pfingstsonntag, Baro 1013, sonnig, Wind NW zuerst 20 Knoten, apäter weniger
Cap d’Agde 09:35 – Saintes-Maries-de-la-Mer 16:35 42 sm
Endlich machen wir die Leinen los! Nach fünf Tagen mit Wind in Sturmstärke weht es heute angenehm und es ist auch nicht so bewölkt wie vorhergesagt, sondern die Sonne strahlt vom blauen Himmel. Der Wind kam immer aus West oder Nordwest, daher hat sich draußen keine große Welle aufgebaut.
Wegen dreier Sperrgebiete müssen wir uns entscheiden, ob wir weiter raus fahren oder unter der Küste bleiben wollen. Wir nehmen den kleinen Umweg dicht unter der Küste gerne in Kauf, da kann man auch mehr vom Land sehen, unter die See bleibt flach. Schnell fährt die Hexe mit einem Fast-Amwind-Kurs bis zum Ende des Sperrgebiets, dann kann die ganze Fock raus und wir haben Halbwind, fahren 80 Grad, noch 35 Meilen bis Saintes-Maries-de-la-Mer. Dort sollen heute und morgen Prozessionen von Zigeunern zu der Kirche stattfinden und Umzüge. Angeblich liegt man auch mitten im Ort mit dem Boot. Hoffentlich hält der Wind durch.
12:00 Uhr: Der Wind wird immer schwächer und dreht auf Ost, der Motor muss mitschieben. Es scheint, als hätten wir Bewuchs unterm Boot, selbst bei Vollgas ist die Hexe zu langsam. Wir konsultieren die Wetterberichte, ab morgen soll es wieder Wind geben, Dienstag und Mittwoch richtig viel. Jetzt müssen wir uns entscheiden, ob wir die vor uns liegenden 28 Seemeilen motoren wollen, oder ob wir 17 Seemeilen nach Port Camargue motoren, da ist es aber nicht wirklich schön, Saintes-Maries hingegen lockt mit einer angeblich wunderschönen Altstadt…
13:30 Uhr: So langsam hat der Wind auf Süd gedreht und wieder aufgefrischt, ich stelle die Segel auf Halbwind ein und drehe den Motor langsamer. Das weckt natürlich den Skipper aus seinem Mittagsschlaf und wir können die letzten drei Stunden bis in den Hafen segeln.
Noch vom Wasser aus sehen wir Trauben von Menschen am Strand und auf der Mole, das hat bestimmt mit den Zigeunerprozessionen zu tun, die hier zu Pfingsten stattfinden. Richtig, im Hafenbüro erfahre ich, dass es tatsächlich eine Prozession zu Ehren der „Vierge Noir“, der „Schwarzen Maria“ ist, die von den Zigeunern ans Meer und ins Wasser gebracht wird.
Es sind aber auch mindestens genauso viel Touristen dabei, und der kleine Ort läuft fast über von den Menschenmassen. Offensichtlich findet im Anschluss an die Prozession eine Messe in der Kirche statt, innendrin und rund um die Kirche herum singen, tanzen und beten die Gypsies, machen Musik auf uralten Geigen, Gitarren und Kontrabässen.
Später setzen wir uns auf einen Drink in eins der vielen Restaurants hier. Eigentlich besteht der ganze Ort nur aus der Kirche, der Arena, zahlreichen Andenkenläden und unzähligen Restaurants, die fast alle mit riesigen Paella-Pfannen locken, auch die Miesmuscheltöpfe und die Pizzen sehen lecker aus. Am Nebentisch sitzen zwei Frauen, die manchmal urplötzlich anfangen, rhythmisch zu klatschen und zu singen.
An der Rückseite von Saintes-Maries, nur zwei Straßen weg von der Uferpromenade, liegt der Etang des Launes. An dessen Ufer stehen mehrere hundert Wohnwagen, die jetzt völlig ausgestorben sind, weil ihre Bewohner alle in der Kirche oder im Ort sind. Ein Fest auch für Nico: Überall liegt etwas zu essen auf der Straße!
Und noch ein Fest: Dank der freundlichen Informationsversorgung durch unsere Nachbarn Gerhard und Axel (vielen Dank euch beiden hierfür) waren wir, obwohl auf See, live dabei beim 1:0-Sieg der Darmstädter Lilien über St. Pauli, und damit in der Bundesliga angekommen. Volker hat schon überlegt, ob wir die Reise abbrechen müssen, damit er bei allen Spielen in der nächsten Bundesliga-Saison dabei sein kann 😉
Heute morgen haben wir früh abgelegt und sind jetzt, bei strahlendem Sonnenschein, mit Spinnaker unterwegs nach Marseille.
(Bilder folgen)