Noch immer stehen wir, auf Styroporblöcken aufgepallt, bei der Newport Shipyard an Land. Aber die gute Neuigkeit ist, dass es nur noch ein paar Stunden dauern wird, bis uns der 100-Tonnen-Travellift sanft anheben und unsere Hexe in ihr Element ablassen wird.
Seit wir an Land stehen, haben wir geschuftet wie die Wahnsinnigen, den kompletten Rumpf habe ich geschliffen, Cornelia hat dann schon mal die Ränder zum Gelcoat abgeklebt, drei komplette Lagen Anitfouling haben wir, meistens zusammen, gestrichen. Ingesamt 18 Liter Unterwasserfarbe, verdünnt mit 5 Liter Terpentin – damit lässt sich das Antifouling besser und randlos auftragen – sorgen ab jetzt für einen guten Bewuchsschutz.
Eine Macke am Bug ist mit Gelcoat aufgefüllt und plan geschliffen. Beide Rumpfseiten habe ich auf Hochglanz poliert. Mühsam haben wir die Ruderoberkanten vom Bewuchs befreit und mit einem dünnen Pinsel ebenfalls mit Antifouling versehen. Auch die Propeller haben eine Hochglanzpolitur erhalten. Beide Saildriveschenkel sind mindestens dreimal mit einem Haftgrund und fünfmal mit einer kupferfreien Antifoulingfarbe eingesprüht. Von einem Teil der geleisteten Arbeit hat Cornelia ja schon im letzten Blogbeitrag berichtet, ich habe es nur nochmal zur besseren Übersicht zusammengefasst.
Gestern kam endlich die erlösende Nachricht, dass der ersehnte Propellerkonus, der in England bestellt wurde, endlich vor Ort eingetroffen ist. Seit heute früh hängt der komplettierte Propeller, an dem ebenfalls mit frischem Öl aufgefüllten, komplettierten Saildrive. Normalerweise wäre das Boot schon heute wieder gewässert worden, aber ein starker bis stürmischer Wind hat diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn zu so einem Saildrivetausch gehört natürlich eine ausgiebige Testfahrt. Und wäre da ein Fehler, der die weitere Benutzung des Saildrives nicht zulässt, aufgetreten, hätten wir bei 27 Knoten Wind keine Chance gehabt, wieder sicher zum Kran zurück zu motoren. Wir müssen jetzt, da wir am Ende eines langen (Reparatur)-Weges angekommen sind, nicht unnötig etwas riskieren. So stehen bzw. schlafen wir eine weitere Nacht auf unserem hoch und trocken stehenden Boot.
Unsere Reisepläne stehen, wir haben ab Anfang Dezember bis über die Weihnachtsfeiertage, einen Liegeplatz in der inneren Lagune von Sint Maarten reserviert. Die Dieseltanks sind bis oben hin gefüllt, die Essensvorräte aufgefüllt, wir sind abreisebereit. Wäre da nicht ein tropischer Sturm, der auf den Namen Nicole hört und auf dem Weg von Florida voraussichtlich seinen Weg nach Newport findet, wären wir schon in 1-2 Tagen unterwegs. So heißt es abermals Abzuwarten, Tee zu trinken, Geduld zu haben und die weitere Wetterentwicklung mehrmals täglich zu checken.
Es scheint um ein vielfaches schwieriger zu sein, von der Ostküste Amerikas in die Karibik zurückzukehren, als von den Kanareninseln. Der Golfstrom strömt gegen uns, tropische Wettersysteme entwickeln sich zu dieser Jahreszeit vornehmlich zwischen der nördlichen Karibik und den Bermudas, oder starke südliche Winde stören unsere Abfahrtspläne.
Zum Glück haben wir mittlerweile einen sehr netten Freundeskreis, Menschen, die uns auch schon mal zu sich nach Hause einladen. Wären das nicht unsere Freunde, dann hätten wir beim letzten Treffen gedacht, dass sie uns einen Bären aufbinden wollen. Denn, und das haben wir echt nicht gewusst, es gibt hier in ländlichen Gegenden, noch keine Autostunde von Newport entfernt, jede Menge wilde Tiere. Ich zähle die jetzt mal auf und wer mir, bzw. uns nicht glauben will, dem kann ich auch nicht weiterhelfen. Koyoten, die unglaublich gefährliche und bedrohliche Fisher Cat (die kann ich leider nicht übersetzen, Google Suche hilft), Wölfe, Schwarzbären, Berglöwen und ein Koyote-Wolf-Mix. Einen Teil der possierlichen Tierchen haben wir auf alten Aufnahmen der Gartenkamera gezeigt bekommen. Unsere Projektmanagerin hier in der Werft hat uns gestern glaubhaft versichert, dass selbst in der städtischen Umgebung von Newport immer mal wieder ein Koyoterudel auf Nahrungssuche ist, und dass dabei schon mal der geliebte Gassi geführte Hund verspeist wird.
Überlegt mal, wenn wir solch wilde Tiere in Darmstadt hätten, da wäre was los.
Apropos los, am letzten Freitag war ein kleiner Umtrunk, zu dem das Hafenmanagement eingeladen hat. Dabei haben wir die Bekanntschaft von einem professionellen Skipperpaar gemacht, die auf einem 100-Fuß-Motorsegler arbeiten und die in diesem Jahr auf Wunsch des Eigners in Grönland rum gesegelt sind. Was für ein fantastische Reise mit eindrucksvollen Bildern in einer einziartigen Gegend. Sie hatten übrigens dann auch jemanden an Bord, der bei Landexkursionen mit einer Schusswaffe bestückt war, falls ein hungriger Bär auftauchen sollte. Sehr spannend.
Also, es sind jetzt noch ziemlich genau 12 Stunden bis zum Krantermin, die Uhr tickt, die Spannung steigt und mein Nervositätslevel auch. Hoffentlich funktioniert der neue Saildrive fehlerfrei und ist wasserdicht. Und alle Drücken die Daumen, bitte! 🙂