Ponta Delgada

Gestern haben wir, zum ersten Mal seit über drei Monaten, im Hafen fest gemacht. Wir waren das gar nicht mehr gewöhnt, Fender zu hängen, Leinen raus zu holen, in die Marina zu fahren. Nach 92 Seemeilen von Terceira aus haben wir um elf Uhr in der Marina Ponta Delgada angelegt. Da die Hafenbehörde von 12 – 14 Uhr in der Mittagspause war, haben wir uns, nach wieder einer Nacht auf See, für eine Mittagsruhe hingelegt, bis uns der Hafenmeister mit einem freundlichen Klopfen aufgeweckt hat. Wir hatten längsseits an einem langen Schwimmsteg angelegt, aber hier könnten wir leider nicht bleiben, sagte der freundliche Mann, ab morgen käme da ein großes Boot, das auch schon angekündigt sei. Aber wir sollen mal ins Marina Büro gehen, dort werde man einen Platz für uns finden. Und außerdem müssten wir einklarieren, das könne man neben dem Hafenbüro machen. Eigentlich komisch, denn wir kommen aus Frankreich und sind hier in Portugal, also beides Europa. Aber dazwischen liegt natürlich auch ein großer Ozean.

So schön liegt die Hexe hier am Steg

Gut, ich packe meine Papiere ein, Pässe, Bootsschein, Ausklarierung aus St. Martin, Versicherung für die Hexe, und mache mich auf den Weg. Das wird – leider – zu einer kleinen Odyssee. Der Hafenmeister hatte gesagt, es seien nur fünf Minuten, ich müsse nur durch den Tunnel gehen, die Treppe hoch und dann nach rechts. 

Die Wände sind voller gemalter Bilder mit den Booten, die hier von fernen Ländern her kamen

Ich mache mich also auf, durch den Tunnel, aber wo ist jetzt die Treppe? Geradeaus geht es zu einem Freibad, nicht so gemütlich, auf dem heißen Beton zu liegen, aber das Wasser scheint in Ordnung zu sein, die Badeanstalt ist gut besucht. Da geht es nicht weiter, also gehe ich mal nach rechts, an der langen Pier sind viele Restaurants und Geschäfte, da werden, ganz am Ende, wohl Immigration und das Hafenbüro sein. Ich schlendere die Pier entlang, die Restaurants sind schwach besucht, die Läden eher gar nicht, aber am Ende ist nix mehr, keine Behörde, nix.

Auf dem Rückweg frage ich in mehreren Läden nach, wo denn die Imigração sei, aber keiner weiß was. Beim Tunnel zurück stehen zwei offiziell aussehende Burschen, die schicken mich hoch auf die große Straße, und dann nach links. Ich frage noch einmal nach: „Links oder rechts?“ Links, links wurde mir beteuert. Ich steige also die breite Freitreppe hinauf, dort oben wird gerade ein Zelt aufgebaut, die Leute laufen geschäftig mit irgendwelchen Eisenstangen und Planen herum, und ich wende mich auf der breiten Avenue nach links.

„Komisch“, denke ich, „wo soll denn hier Zoll und Hafenbüro sein, das sieht alles nach Bürohäusern und Banken aus.“ Ein Stück gehe ich die Straße entlang, aber dann kehre ich um, und versuche es in die andere Richtung. Bei einer Autovermietung frage ich noch einmal nach, die freundlichen Mädels haben auch keine Ahnung, aber ihr Kollege sagt plötzlich, ich solle noch ein Stück weiter gehen, dann gäbe es eine Treppe, die solle ich nach unten gehen, und dann nach rechts, dort ganz am Ende sei das Hafenbüro. Tatsächlich, nach all den Irrwegen stehe ich vor dem Hafenbüro, melde mich mit allen Formalitäten an, und eine halbe Stunde Bin ich auf dem Weg zurück zum Boot. Mission accomplished!

Courtesy Álvaro RP | Die Prozession während des Senhor Santo Cristo dos Milagres
mit den geschmückten Straßen

In Ponta Delgada findet an diesem Wochenende ein großes Fest statt. Einheimische von den anderen Azoreninseln, Auswanderer aus Amerika, Brasilien, Kanada  etc. kommen extra deswegen angereist. Die Stadt ist voll, und alle werden der Prozession am Sonntag folgen, oder von den Balkonen der Innenstadt aus zuschauen.  Es ist zweifellos ein religiöses Fest, aber es erinnert ein bisschen an Rosenmontagszug in Mainz.

Die Sage schreibt, dass im 17. Jahrhundert, nahe eines Klosters im Süden der Insel, wahrscheinlich von einem havarierten Boot eine Kiste antrieb, in der sich eine Christusstatue  mit Dornenkrone befand. Die Nonnen nahmen die Reliquie zu den Schätzen des Klosters auf. Am 11. April 1700 veranstalteten die Nonnen eine Prozession, um für das Ende des schweren Erdbebens zu beten. Während eines starken Erdstoßes fiel die Statue zu Boden, und von da an war das Erdbeben beendet. Seitdem wird an dem 5. Sonntag nach Ostern in Ponta Delgada dieses große Fest gefeiert.

Am Abend schlendern wir durch die sehr hübschen Straßen der Altstadt, genießen die Atmosphäre bei einem Glas auf der Gasse, bevor wir uns ein Restaurant suchen. Nun, das war nicht so einfach, denn klar, wenn die Stadt voll ist mit Touristen zu Ehren des Festes, dann sind natürlich alle Restaurants voll belegt. Glücklicherweise finden wir – kurz vor dem Aufgeben – ein kleines Restaurant mit Sushi und chinesischen Gerichten, all you can eat. Lecker.

Der Eingang zur Altstadt

Anschließend sind wir zum Boot zurück gegangen und fanden am Anfang der Marina eine große Ausstellungshalle mit allen möglichen Konsumartikeln vor. Auch Kunsthandwerk, Wein und Essen von den Azoreninseln wurde angeboten. Für nur einen Euro Eintrittsgeld schlenderten wir an den Ständen vorbei, probierten da ein bisschen Gebäck, dort einen süßen Honigrum in den verschiedensten Geschmacksrichtungen, und vieles andere. Ein bisschen Schmalzgebäck und vier Trüffelpralinen mussten wir einfach einkaufen und zum Boot mitnehmen. Dort hat Volker nicht mal mehr die eine Dose Bier ausgetrunken, die er sich aus dem Kühlschrank geholt hatte, ehe er auf dem Sofabett in einen seligen Schlaf fiel. Die Nacht auf dem Meer fordert ihren Tribut.

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Wieder unterwegs

Donnerstag, 11. Mai 2023
Baro 1030, bedeckt, Nieselregen, Wind um 4, die See 1 -1,5 m

Hexe, Mann und Hase?

Gestern Abend haben wir einen schönen Spaziergang durch das noch ziemlich verschlafene Städtchen Praia Vitória gemacht. Man merkt sofort den portugiesischen Geist. Die Straßenfronten der Häuser sehen aus wie in Porto oder Sines, es gibt schöne kleine Plätze und ungefähr sechs Kirchen auf engem Gebiet.

In der eigentlichen Innenstadt ist nichts los, einzelne Gestalten, gerne auch mit Hund, wandeln durch die Straßen. Die Läden sind alle geschlossen, in den Kneipen oder Restaurants, die allerdings auch mehr Fast-Food-mäßig aussehen, ist höchstens ein Tisch besetzt. Die eigentliche Saison auf den Azoren fängt wohl erst im Sommer an. 

Der allererste Drink seit der Karibik

Glücklicherweise haben wir auf Anraten eines Australiers, der mit seinem Kat in der Marina liegt, eine Restaurantempfehlung bekommen für „O Pescador“. Volker hatte ein bisschen Bedenken, dass es dort nur Fisch geben würde, aber auf der draußen hängenden Speisekarte waren die verschiedensten Steaksorten aufgeführt. Wir wurden nicht enttäuscht! Der Service war großartig, das Essen eine Sensation, Oktopus für mich, Steak für Volker, beides außergewöhnlich lecker. Es gibt hervorragenden Wein vom ganzen Archipel. Hier wird tatsächlich auf allen Inseln Wein angebaut, wenn man mit dem Flugzeug anreist oder mit dem Boot, was auffällt, sind die Vulkankrater und die terrassierten Traubenfelder.

Die Hexe am Anker

Dass die Saison erst noch anfangen wird, ist uns auch von unserem Ankerplatz aufgefallen. Die wunderschönen langen Sandstrände werden in Ordnung gebracht, der Bagger schiebt Massen an Sand auf. den Strand und verteilt sie gleichmäßig „Praia“ heißt ja „Strand“ auf portugiesisch, wahrscheinlich ist die Stadt dafür berühmt, denn ansonsten gibt es bei vulkanischen Inseln höchstens mal schwarze Strände aus Lavasteinchen.

Die Azoren sind alle aus Vulkaneruptionen entstanden, Terceira zum Beispiel hat fünf Vulkankrater, bei den anderen habe ich es nicht gezählt. Und wie uns Freundin Inge-Lore von ihren früheren Reisen hierher beschrieb, gibt es auch immer noch Seebeben, ausgelöst durch Vulkanausbrüche unter Wasser. So sind die acht Inseln des Archipels entstanden.

Tja, und heute Nachmittag sind wir schon wieder Ankerauf gegangen, morgen früh wollen wir in Ponta Delgada sein, um einen Tag mit einem Leihauto die Insel zu erkunden und um unsere Vorräte aufzufüllen für die Überfahrt nach Lanzarote.

Warum wir es so eilig haben? Nun, bei der Ankunft auf Terceira hat Volker plötzlich festgestellt, dass unser Backbord Ruderblatt einen Schaden haben muss, denn statt der gewohnten Farbe schaute er auf glattes Weiß! Ein Teil des Ruderblattes ist weg! Noch können wir das Ruder normal gebrauchen, solange nicht mehr Teile sich verabschieden. Irgendwie müssen wir etwas getroffen haben, ein „UFO“, (ja das gibt es auch im Wasser, ein „Undefined Floating Object“), ein Stück Holz, einen Container oder sonst was, undefined halt. Deshalb sollen und wollen wir jetzt nach Lanzarote, weil dort der Schaden repariert werden kann. Es gibt einen Travellift, der breit genug ist, um die Hexe aus dem Wasser zu holen. Außerdem ist es viel einfacher, dort eventuell nötige Teile hin schicken zu lassen.

oh je!

Heute Abend, auf See, gibt es “Reste essen” zum Abend, damit wir den Kühlschrank frei haben für die Einkäufe. Außerdem gehen wir sicher die nächsten beiden Abende an Land essen, ehe wir wieder allein auf weiter See sind.

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Back to Europe, letzter Tag

Dienstag, 10. Mai 2023

Baro 1025, Nebel, später ergiebiger Regen (hätten wir einen Regenwassersammler, wären unsere Tanks heute voll geworden), Wind zunächst um 5 Knoten von vorne, ab 12:30 (ein bisschen verspätet laut Wettervorhersage) 15 Knoten aus 100° von Steuerbord, die See: nur atlantische Dünung. 

Die für gestern Abend angekündigte Königinpastete wurde gestrichen, statt dessen gab es eine frisch gekochte Kartoffelsuppe mit Mettwurst.



Morgens müssen wir noch unter Motor fahren, erst ab Mittag kommt ein beständigerer Wind aus Süd mit 15 Knoten im Gepäck. Nach anderthalb Stunden, in denen Volker Mittagsschlaf machen konnte, frischt der Wind immer weiter auf, sodass ich den Skipper wecke: „Wir müssen reffen!“ Zuerst die Genua, 30 Minuten später kommt Reff 1 ins Großsegel. Damit läuft bis jetzt alles stabil, mal sehen, wie lange.

Trotzdem muss der Motor ein bisschen mitlaufen, es it so kalt im Boot, wir machen für eine Stunde die Heizung an. Das hier ist nichts für die wärme-verwöhnten Karibiksegler! Zieht ein anderes Wolkengebilde durch, kann es sein, dass der Wind auf ein Minimum nachlässt, dann kehrt  er zurück und die Hexe rennt wieder los. Das macht Spaß, denn die See ist schön flach. Einreffen, ausreffen, bei der Genua ist es einfach, da muss nur die Elektrowinsch arbeiten, und der Skipper, wenn er nach dem Verkleinern die Genua wieder dicht holen muss.

Der Skipper hat das Ruder fest in der Hand

Um 20:30 Uhr legt Volker sich hin, ich warte am Kartentisch auf die tägliche Funkrunde mit Bernd und Jan um 19:00 UTC, 21:00 unserer Zeit. Bei der Ankunft morgen wird die Uhr noch einmal zwei Stunden vorgestellt, dann sind wir in der Azoren Ortszeit. Jan und Bernd kann ich heute gut verstehen, wir tauschen en paar Fakten über die jeweils erlebten Situationen des Tages aus. Bernd und Rainer hängen leider immer noch in der windarmen Zone, während es bei uns ja eher Starkwind hat. Zum Schluss verabreden wir uns noch einmal zur gleichen Stunde am morgendlichen Tag, ab dann steige ich aus, wir werden hoffentlich nicht die nächsten Abende an Bord verbringen, wir wollen mal schauen, was die Azoren so an kulinarischen Highlights aufzuweisen haben, und welche lokalen Biersorten es hier wohl gibt.

01:10 Der Wind hat auf über 24 Knoten zugenommen, wir verkleinern – mal wieder – die Genua.

Der kleine Kalmar hat sich verirrt

01:40 Mittlerweile weht es mit über 26 Knoten,  Das hat bestimmt etwas mit der Düse zwischen den Inseln Pico und Sao Jorge zu tun, das ist eine Accelleration Zone, wie wir sie von den Kanaren kennen. Die beiden lang gestreckten Inseln, Pico und Sao Jorge,  liegen parallel zu einander, dazwischen wird der Wind kanalisiert. Jetzt muss Reff 2 in das Großsegel. Im Cockpit muss man – wie auf Helgoland  – mit persönlicher Schräglage gegen den Wind ankämpfen; wenn das Boot in den Wind gedreht wird, hat man am Steuerstand das Gefühl, die Haare flögen vom Kopfe.  

Keine halbe Stunde später ist der Spuk vorbei, die stärkste Düse überwunden, Volker refft die Genua wieder aus. Das Großsegel bleibt erstmal in Reff 2, hier zwischen den Inseln ist nicht klar, wann die nächsten stärkeren Winde anfangen. Wir werden noch zwischen Sao Jorge und Terceira durch fahren, aber Terceira ist ganz rund, während Sao Jorge eben diese langgestreckte Form hat. Da wird schon Wind kommen, aber eher nicht so viel wie noch eben.

Die Dämmerung, mal dramatisch (Volker), mal verheißend (Cornelia)

Pustekuchen! Mit der ersten Helligkeit des neuen Tages, geht es wieder los, 27 – 28 Knoten, sogar bis 29 Knoten Wind zeigt das Display am Kartentisch an, die Genua wird wieder auf „Handtuchgröße“ verkleinert. Gut gemacht, je näher wir der Insel kommen, desto mehr frischt der Wind auf, bis 36 Knoten auf dem Display stehen.

Nach einer Stunde sind wir aus der Starkwindzone raus, die Windgeschwindigkeiten nehmen ab. Leider zeigt sich Terceira in einem etwas einförmigen Grau, doch die fünf (!) Vulkankegel sind aus der Ferne gut zu erkennen. Rechts von der Insel ist der Himmel leicht rosa gefärbt, das macht Hoffnung auf einen nicht komplett bedeckten Tag.

Ankunft an der Hafeneinfahrt: Mittwoch 10. Mai 2023, um 07:27 (UTC 09:27),nach2414 sm.
Der Anker ist fest im Grund um 07:47, in der Bucht von Praia Vitoria, Terceira

Statistik 

  • 2414 sm in
  • 13 Tagen, 19 Stunden = 331 Stunden
  • Durchschnitt Geschwindigkeit 7,3 kn
  • Distanz unter Motor 248 sm
  • Motorstunden 49 h
  • Max Wind 36 kn
  • Max Speed 17,9
  • Niedrigstes Etmal 122 sm
  • höchstes Etmal 221 sm
  • Bierkonsum noch immer 1,75 l, bald ansteigend
  • gegessene Eier 40
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Back to Europe Tag 14

Dienstag, 9. Mai 2023

Notwendigkeit

An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs.
Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit

(Albert Einstein)

Eigentlich könnte man meinen, dass der Segler seinen Kurs, frei von äußeren Zwängen, selbst bestimmen kann, und den Bug seines Bootes dahin richten kann, wo er hinfahren möchte. Jederzeit und immer. Doch selbst der abenteuerlustigste Seemann unterliegt zahlreichen äußeren Einflüssen, die massiven Auswirkungen auf seinen Kurs und die erreichbaren Ziele haben. Doch nicht nur äußere Faktoren haben Einfluss auf des Seglers Reise, sondern auch Gefühle, Empfindungen und Erfahrungen, die uns im Laufe des Lebens prägen. So ist bei mir schon vor geraumer Zeit ein innerer Widerstand gegen Horta spürbar, den ich erst einmal einsortieren musste.

Es lag nicht nur am Wetter, dass Volker nicht hierher wollte …

Jetzt weiß ich, woher der kommt und warum ich mich die ganze Zeit nicht auf Faial und den Landfall freuen konnte. Es gab schon vor dem Internet immer wieder mal Berichte in Seglerzeitungen und Fachbüchern, die beschreiben, dass die Situation für Segler, insbesondere, wenn die Boote so zahlreich sind, dort nicht so einfach ist.Vor allem wenn mal ein Sturm durchs übervolle Ankerfeld rast. Es haben sich wohl schon viele dramatische Szenen dort abgespielt, die in Kollisionen zwischen Yachten mündeten. Es waren wohl diese lang zurückliegenden Berichte und die bisher gemachten Erfahrungen mit eng beieinander ankernden Yachten, die dieses negative Gefühl über Horta an die Oberfläche gebracht haben.

Auch Inge-Lores Schilderung heute Morgen, von den Liegeplätzen an der Hafenmauer, im gezeitenabhängigen Revier, inklusive der notwenigen Kletterübungen, fördern kein positives Karma an den Tag. Weiterhin erzählte sie uns, dass der Ankergrund unrein sei und immer wieder Taucher engagiert werden müssten, um Anker zu befreien, die sich an irgendwelchen versenkten Dingen am Meeresgrund eingehakt haben. Zudem sei der Ort nicht wirklich hübsch und das berühmte Café Peter Sport in der Regel heillos überfüllt. 

Die innere Ablehnungshaltung und die neue Information von außen waren dann Grund genug, dass wir unseren Kurs auf ein anderes Ziel ausrichten werden. Nach langem Hin und Her und nochmaligem Telefonat mit Inge-Lore, ist es schließlich Terceira geworden, dort werden wir wahrscheinlich den Anker werfen in der Angra do Heroismo,  der Bucht des Heldenmutes. Die gleichnamige Stadt soll zudem der mit Abstand schönste Ort auf den gesamten Azoren sein. Wir sind mal wieder sehr gespannt, wie es dort aussehen soll und freuen uns total auf den baldigen Landfall. Vielleicht, das ist dem plötzlich aufgetretenem Wind geschuldet, der uns gerade auf über zehn Knoten Fahrt beschleunigt hat, wird es für morgen erst einmal die Praia do Vitória, eine gut geschützte Bucht gegen die bis zum nächsten Tag andauernden Südwinde.

Das Ziel wurde neu positioniert

Jetzt liegt doch noch eine komplette weitere Nacht auf See vor uns, egal ob fremd bestimmt oder durch innere Notwendigkeit. 

Einstein hatte recht!

Statistik:

  • Noch 150 Seemeilen
  • Erst Nebel dann Dauerregen
  • Leichter Wind genau von vorne
  • Motorfahrt für 14 Stunden
  • Seit 12 Uhr 15, volles Groß und Genua bei 10-15 Knoten Wind aus 95 Grad, mit 7-9 kn Fahrt
  • See: 3/4 Meter Dünung, keine Windwelle
  • Die Heizung läuft immer mal wieder
  • Abendessen: Königinpastete mit Kalbsragout (nicht selbst gemacht, courtesy Chefkoch von LeaderPrice, dem französischen Discounter)
  • Eine Möwe besucht uns, macht es sich auf dem Bugkorb bequem und bleibt längere Zeit bei uns
  • Delfine, die mit dem Boot spielen
  • Bier und Wein (letzte Flasche Giguan von Lanzarote) sind für die Ankunft kaltgestellt
  • Ja, Segler (also wir) müssen auf den Azoren einklarieren

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Back to Europe Tag 13

Montag, 8. Mai 2023
Baro gestiegen um 5 Grad auf 1023. leider noch bedeckt, aber die Wolkendecke ist ein bisschen dünner, Wind 12 – 16 Knoten, kühl, die See 2,5 m

13 Stunden haben wir gestern durch motort, bevor der Wind, erst zögerlich und später kräftiger, mit 15-21 Knoten aus süd-südwestlicher Richtung wieder eingesetzt hat. Mit vollem Großsegel und voller Genua ging es durch die Nacht, zum Teil mit doppelstelligen Geschwindigkeiten.

Stundenlang zieht uns der bunte Gennaker

Über  100 Seemeilen sind wir in 12 Stunden gesegelt, und haben somit Stück für Stück verlorene Meilen von der langsamen Motorfahrt wieder eingeholt. Wir pushen das Boot, damit wir möglichst lange in dem schmalen Windkorridor bleiben, außerhalb davon ist es nahezu windstill. Früh am Morgen ging der Gennaker nach oben und seitdem segeln wir, zwischen 6-8 Knoten schnell, mit raumem Wind um die 3-4  Beaufort.

Wie lange das wunderbare Segelvergnügen anhält, lässt sich nicht präzise sagen, da dieses Windfeld langsam nach Norden abzieht und erst morgen früh von einem einsetzenden Ostsüdost-Wind ersetzt wird, dieser aber soll dann dann bis zum Ziel durchstehen. Es kann jedoch gut sein, dass wir in der Nacht abermals in einem Flautenfeld einparken werden. Um möglichst tiefe Kurse mit dem Gennaker fahren zu können, haben wir ihn schon, so weit es geht, zum Luvrumpf gezogen. Dort steht er fast wie ein asymmetrisch geschnittener Spinnaker.

Das war jetzt der segeltechnische Teil des heutigen Blogbeitrages, und wer nicht alles versteht kann: wirklich gerne nachfragen. Noch haben wir Zeit, noch sind es 200 Seemeilen bis Faial. 

Jetzt kommt dann schon der nächste, diesmal ausrüstungstechnische Teil vom Blog.

Basteljob, das angerissene Großsegel

Ein Problem zeigt sich, als wir das Großsegel auf dem Baum liegen haben. An der Stelle, an der die Leine angreift, die das ausgestellte obere Teil des Großsegels (das Squarehead) aufstellt und der wir schon mehrfach repariert haben, ist durch den Zug der Leine das Segeltuch auseinander gerissen. Bilder sagen da mehr als viele Worte, hier liegt ein echtes Projekt vor uns, dem wir uns in Horta widmen müssen.

Bei der Routinekontrolle des Lümmelbeschlages ist mir aufgefallen, dass eine Hälfte des Sicherungssplintes abgebrochen  ist und auf Austausch wartet. Außerdem müssen wir ja noch die mehrfach erwähnten Ruderquadrantenprobleme lösen. So wird es uns sicher nicht langweilig auf den Azoren, ein Boot bei dem nichts  kaputt geht oder ist, gibt es wohl nicht.

Vorhin hat Cornelia zur Vorbereitung unserer Ankunft auf Faial schon mal die elektronische Seekarte für den Kartenplotter geladen, dank Starlink funktioniert auch das bestens. Wir konnten über Starlink sogar Filme streamen, das hat ein bisschen Abwechslung in den Bordalltag gebracht. So ein Kinonachmittag auf hoher See ist sehr unterhaltsam, wir haben dabei Filme wie Titanic oder All is lost, strict vermieden. Wir mögen Komödien oder Krimis als Genre, oder eine gut gemachte Dokumentation ist auch in Ordnung, nur so richtige Problemfilme oder Dramen vermeiden wiran Bord zu schauen.

So, wie es zur Zeit aussieht, liegt noch eine letzte komplette lange Nacht auf See vor uns. Ob wir es schaffen, morgen am helllichten Tag anzukommen, darf bezweifelt werden. Dafür sind wir zu langsam unterwegs, und auch die zuvor erwähnte Windvorhersage macht wenig Hoffnung darauf. Wir schätzen, dass wir, obwohl wir das nicht wirklich mögen, mitten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der Nähe des Hafens vor Anker gehen. 

Sunset vor der letzten Nacht

Irgendwie bin ich nun auch, wie bei mir üblich, vollkommen auf die Ankunft fixiert. Als ob ein Schalter umgelegt wurde, der Weg ist ab jetzt nur noch Mittel und Zweck um anzukommen. Die See, das Boot und der Wind sind die notwendigen Gehilfen dafür. Hört sich nicht nach Seefahrerromantik an, sondern nach Stress, das ist es aber auch nicht. Ich glaube, es geht eher darum, wie bei allen anderen längeren Segelreisen, so auch diese Fahrt sicher zu Ende zu bringen. Und das Ende ist erst da, wenn sich der Anker fest in den Grund vor Horta eingraben hat!

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Back to Europe Tag 12

Sonntag, 07.Mai 2023

Baro 1014, noch bedeckt, Wind um 7 Knoten, leider ganz aus West, konfuse See 2,5 bis 3 m, es wird immer kühler, die Wassertemperatur liegt bei 17 Grad (brrrr)

Sonnenaufgang, hinter Wolken

Es war eine unruhige Nacht, als ab Mitternacht der Wind deutlich nachgelassen hatte, sind wir zum Teil mit nur noch vier Knoten voran gekommen. Die Segel schlugen, es ist ein scheußliches Geräusch, das Boot  bewegt sich, als sei man auf einer dieser seltsamen Jahrmarkt-Fahrgeschäfte, bei denen man komplett durchgeschüttelt wird.

Party in der Nacht? So viele Boote auf einmal haben wir die ganze Reise über nicht gesehen

Um 06:00 ist Schluss mit segeln, Genua und Großsegel werden geborgen, ein Motor geht an, auf halbwegs sparsamen 1800 Umdrehungen. Die Wellen sind zunächst immer noch hoch, aber das Meer wird zunehmend flacher und ruhiger. Der Wassermacher wird angeschaltet, der Motor wärmt das Wasser im Tank, wir können nachher luxuriös mit heißem Wasser unter der Dusche stehen, und nicht nur morgens mit der kleinen Katzenwäsche in den Tag starten. 

Sie hängt wieder, unsere Ersatzuhr, bis die alte aus der Reparatur zurück kommt

Die gestern wiederum eine Stunde vorgestellte Uhr, kann an ihrem Platz fest geschraubt werden, das war gestern Abend wegen des rupppigen Wellengangs nicht möglich. Jetzt sind wir noch eine Stunde näher an Europa, wenn es bei uns an Bord 15 Uhr ist, und wir gemütlich ein Stück Kuchen zum Nachmittagskaffee bekommen, haben die meisten Deutschen schon zu Abend gegessen, dort ist es dann 19 Uhr.  Erst auf den Azoren wird die Zeit noch einmal weiter gedreht, diesmal um zwei Stunden, denn abgesehen von der nächsten Zeitzone ist dort auf Sommerzeit umgestellt worden.  In der Karibik gibt es keine „daylight saving time“, es ist 12 Stunden hell, 12 Stunden dunkel. 

Zu dem oben erwähnten Nachmittagskaffee gab es zwar keinen Kaffee, aber Brownies, die ich aus einer amerikanischen Fertigbackmischung zusammengerührt und 40 Minuten im Ofen gebacken habe, Lecker, aber sehr süß, am besten ist man die Stückchen mit saurem Apfel, vielleicht sogar mit Apfel und Philadelphia Frischkäse. Das probiere ich morgen. 

Volker wäscht an den Steuerständen ein bisschen das Salz ab, und inspiziert die eingerissene Stelle am Großsegel, die wir vor nicht allzu langer Zeit repariert hatten. Es ist auch nicht an dieser Stelle gerissen, sondern neben dran, unsere Reparatur hat bombenfest gehalten.

Kaum auszumachen: Flipper im grau der Wellen

Am Morgen haben uns, zum ersten Mal auf diesem Abschnitt, Delphine besucht, fünf oder sechs kleine Kerle spielten zwischen den Rümpfen, nur leider waren Meer und Himmel so grau, dass Volker nicht einmal ein brauchbares Foto schießen konnte.

Am frühen Nachmittag starten wir einen erneuten Segelversuch, denn der Wind hat auf zwölf Knoten zugenommen. Nicht wirklich beständig, kommt die eher leichte Brise aus 180° zum Boot. Bei dem Wellengewackel setzen wir den Gennaker nicht, wie schon bei früheren Gelegenheiten auf dieser Reise hätten wir Angst um sein dünnes Tuch. Segel wieder fort, Motor an, der „Dieselwind“ schiebt.

Das Wetter hat – laut Vorhersage – auch keine großen Windmengen mehr im Gepäck. Vielleicht dreht der der leichte Wind dann wenigstens so weit auf Süd, dass wir mit einem Windeinfallswinkel von 90 – 100 Grad fahren könnten, dann würden uns 8 – 10 Knoten locker reichen.

Heute Abend gibt es vom Skipper selbst zubereitete Canneloni, ich freue mich schon darauf.

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Back to Europe Tag 11

Seit Anbeginn des Tages versucht sich die Sonne mit aller Macht gegen die Wolken durch zusetzten. Leider verliert die Sonne den Kampf und weit dicke, bitterliche Tränen. Mehr als eine matte Erscheinung des guten Planeten, hinter einen grauen Wolkenschicht, ist heute nicht drin. Das war leider schon zum Tagesstart absehbar, den ich, in meiner langen Freizeitkarriere auf See, so duster, noch nie erlebt habe. Doppelt schlecht für uns, das Ganze, denn keine Sonne bedeutet auch keinen Ertrag über die Solarpaneele.

So dunkel war es heute morgen bei Sonnenaufgang, die hat sich hinter Wolken versteckt.

Heute früh gab es einen Frontendurchgang mit Böen über 38 kn und länger andauernden 35 Knoten Wind, dabei wurde durch die oben erwähnten dicken Sonnentränen der Katamaran einmal gründlich an Deck entsalzen, auch gut.

Wir wollen es nicht beschreien, doch der Quadrant hat trotz aller Böen und hohem Seegang bis jetzt gehalten, was schon mal ein großes Plus ist. 

Die letzte Nacht verlief insgesamt ereignislos, (naja, wir haben um 23 Uhr ein 2, Reff ins Groß gebunden, das ist doch stets ein aufregendes Szenario, mit hohen Wellen gegenan, wenn wir in den Wind gedreht haben, usw.) Wir haben ein uns unbekanntes Segelboot in einem Abstand von drei Seemeilen überholt, eine der seltenen Begegnungen mit anderen Seglern auf dem weiten Meer. Die Wellen haben nun, wie vorhergesagt, eine Höhe von ca. 4 Metern erreicht, und  das Boot wird schon ordentlich durcheinander geschüttelt, bevor es den Wellenberg runtersurft, und wenn es relativ langsam, im Wellental ist. Ein Ständiges auf und ab und hin und her bedeutet bei diesem Seegang, dass das Schlafen einem da nicht ganz so leicht fällt, man ist mit einem Ohr immer beim Boot. 

Die Wellen sehen hier so klein aus, aber sie sind sicher drei bis vier Meter hoch.

Die Hexe hält sich prima in diesem konfusen Seegang und ist ein echter Meilenfresser. Respektable 220 Seemeilen haben wir in den letzten 24 Stunden zurückgelegt, das bedeutet einen Schnitt von über 9 Knoten in der Stunde. Die Segelei hier im Nordatlantik ist insgesamt anspruchsvoller als auf der Passatroute, macht mir aber viel mehr Spaß. Jetzt surfen wir schon seit Tagen von einer Welle in die nächste. Die Glückshormonproduktion ist im vollen Gange, ich liebe diese Art zu segeln. Cornelia ist nicht so Dopamingesteuert, aber ebenfalls in ihrem Rhythmus und froh gestimmt.

Wir sind auch sehr glücklich, dass unsere Champagne-Challenge Wettgegner das kleine Sturmtief, das über sie hinweggezogen ist, abgesehen von einer kleinen Kurskorrektur, wahrscheinlich auch wegen dieses Umwegs, gut überstanden haben. Am heutigen Abend soll nochmals eine Front mit bis zu 35 Knoten möglicherweise über uns hinwegziehen. Wir sind mit kleinen Segeln darauf vorbereitet.

550 Seemeilen trennen uns von Horta. Dienstag sollen wir, so wie es die letzten Berechnungen ergeben, wohl ankommen. Dem  zwischenzeitlichen Gedanken, direkt nach Madeira weiter zu segeln, war die Capitania nicht so zugeneigt, und nun ist er auch komplett verworfen.

Kurs Horta liegt an, die Winde sind günstig, einen ganz kleinen Schlenker zur Flautenvermeidung müssen wir nach Osten machen, wir sollten dann ohne Motorfahrt durchkommen.

Heutiges Etmal 221 Seemeilen
Barometer stabil bei 11012
1,5 Gigabyte Datenverbrauch bei Starlink
Bierverbrauch seit Saint Martin, 1, 25 l

Abends ist es ein bisschen heller als bei Sonnenaufgang , aber immer noch grau, grau, grau, und es regnet, der Regen wiederum wäscht das Salz vom Boot, man kann das auch positiv sehen. Es ist sowieso zu kalt, um an Deck zu sitzen.

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Back to Europe Tag 10

Freitag, 5. Mai 2023
Baro 1017, bewölkt, sehr grau, Wind um 20 kn, die See 3 m
Position um 10:20: 33° 54.933N 043°42.072W, E. South America Standard Time, Etmal 211, noch 780 sm bis Horta

Den zweiten Teil der Nacht habe ich im Salon auf dem großen „Sofa“-Bett verbracht, unten sind die Wellen so laut, wenn sie gegen den Rumpf schlagen, außerdem sind die Bootsbewegung in der Mitte weniger stark. Und mein Skipper liegt schließlich auch hier.

Der heutige Tag beginnt mit ein bisschen Sonne

Der Wetterbericht bleibt bei seiner Voraussage von gestern, wir befinden uns zwischen einem sich ausbreitendem Azorenhoch und einem von den USA heranziehendem Tief, das nach Nordost zieht, sodass wir den südlichen Rand, mit für uns vorteilhafter Windrichtung, abbekommen sollen. Trotzdem werden Böen von 40 kn vorausgesagt, wir hoffen, dass die nicht kommen, oder wenigstens nicht zu stark und zu häufig.

Heute Nacht sind wir mit je einem Reff in Großsegel und Genua unterwegs gewesen, heute morgen hat Volker die Genua kurzfristig ausgerefft, aber um 08 Uhr wird sie wieder eingerefft. Der. Wind frischt auf bis 25 Knoten, unser Spitzenspeed lag heute Vormittag bei 17,5 Knoten Fahrt! Inzwischen sind wir bei Reff 2 in der Genua angelangt, es waren ab und an über 25 Knoten Wind. 

Gleich sind es unter 700 Meilen bis zum Ziel auf Horta

Volker entwickelt sich allmählich zu einem richtigen Bordingenieur! 

Die elektronische Lageanzeige des Autopiloten am Kartenplotter, zeigt wieder sehr große Ausschläge nach Backbord an. Trotz Seegangs will der Skipper in den Motorraum, um abzuchecken, ob der Ruderquadrant  wieder auf der Ruderachse gerutscht ist. Leider kam er mit der Meldung zurück, dass das tatsächlich so sei. Wir überlegen gemeinsam eine Weile, was nun die beste Strategie ist. Lassen wir es so, auf die Gefahr hin, dass es noch weiter verrutscht, und es dann mitten in der Nacht repariert werden muss? Fahren wir tagsüber auf dem anderen Autopiloten, dessen Kurs man halt nur am Backbord Steuerstand verändern kann, und nicht bequem von innen auf dem Kartenplotter? Vorübergehend wird die Steuerung umgeschaltet auf Autopilot 2, Kurz danach ist die Sache entschieden, Volker verschwindet zur Reparatur wieder im Motorraum ,während das Boot mit 10 bis 13 Knoten die Wellen hinab surft. Mein Held kehrt nach 20 Minuten mit einer Erfolgsmeldung zurück. Hoffentlich halten die Schrauben jetzt den Quadranten kraftschlüssig bis Horta fest, dort werden wir uns eine finale Lösung für dieses Problem überlegen.

Der Teig führ die Semmelknödel

Zum Abendessen gab es heute von Volker selbst gemachte Semmelknödel, und feines Gulasch am Kartentisch, denn draußen ist es uns inzwischen zu kalt (ich weiß, wir hätten auch in den südlicheren Breiten bleiben können), außerdem sind keine Poster mehr auf den Bänken, das ist auch nicht gemütlich.

Im späteren Lauf des Tages haben wir mehrere neue Wetterberichte bekommen und eingeholt, Leider sieht  es wirklich so aus, dass das Sturmtief unseren Weg streifen wird. Ab morgen sehr früh kann es in Böen mit über 30 Knoten wehen. Wir sind präpariert, die Cockpitkissen werden in die Gästekabine verstaut, die Genua ist schon in Reff 2, und heute Nacht werden wir eventuell Reff 2 ins Großsegel binden. Wenn es uns zu heftig wird, können wir immer noch nach Süden ausweichen, um dem Schlimmsten zu entkommen.

Hier ist es gut zu sehen, das Tief im Nordwesten und das Hoch im Südosten, wir sind genau an der Grenze zwischen den beiden.

Bis zum kommenden Sonntag werden wir wohl beständig sechs bis acht Windstärken haben und Wellen bis zu vier Meter. Das Wetter haben wir uns nicht gewünscht, aber auf der atlantischen Tiefdruckautobahn und so früh im Jahr ist das nichts Außergewöhnliches. Gut ist es, dass wir wie zuvor schon erwähnt, die Option haben, nach Südosten, auszuweichen, wenn wir uns unsicher -oder sehr unkomfortabel fühlen sollten. Ein Gutes hat der starke Wind, der seit ein paar Tagen weht und wohl noch stärker werden soll, wir kommen viel schneller voran als gedacht und der Captain geniesst die endlosen Surfs.

Man darf gespannt bleiben, was und wann es kommt, wir bleiben wachsam.

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Back to Europe Tag 9

Donnerstag, 4. Mai 2023
Baro 1012, bedeckt, Wind SW 17 Knoten, die See um 3 m
Position  08:00 Uhr: 32° 19.473N 047°33.798, Etmal um 09:20 Uhr: 171 sm, noch 985  sm bis Horta

Gestern waren wir westlich des 50. Längengrades angekommen, damit haben wir die AST, die atlantische Standard Zeit verlassen, und befinden uns nunmehr in der gleichen Zeitzone wie z.B. Buenos Aires. Deshalb haben wir die Uhr um eine Stunde vorgestellt, wir sind jetzt auf UTC – 3., also fünf Stunden später als in Deutschland.

Grau in Grau

Als ich um 05:30 Uhr nach oben in den Salon komme, macht Volker zunächst den Motor an, um die Batterien aufzuladen, denn in der Nacht verbrauchen die Instrumente und vor allem der Gefrierschrank, eine Menge Strom. Heute ist es leider so bedeckt, dass die Solarpaneele die Batterien nicht genug aufladen werden. Allein der Hydrogenerator sorgt für den Energienachschub.

Um 07:30 refft Volker aus, jetzt sind wir wieder unter vollen Segeln. Um 07:59 haben wir keine 1.000 Meilen mehr vor uns, sondern nur noch 999,9 sm. 

Ab jetzt wird es dreistellig

Irgendwie hatte ich seit gestern ein enormes Schlafdefizit. Ich spürte am ganzen Körper, wie müde ich war. Der Kaffee um sechs Uhr hat mich ein bisschen aufgeputscht, aber nach dem Frühstück, das es heute ausnahmsweise schon um neun Uhr gab, habe ich mich im Salon hingelegt und wie der berühmte Stein geschlafen. 

Um 11 Uhr weckt Volker mich, um zu reffen, der Wind hat auf über 22 Knoten zugenommen, und wir wollen unsere Hexe nicht zu sehr stressen. Uns auch nicht. Ich hatte so fest geschlafen, dass ich zunächst wie ein Mondwandler herum gelaufen bin, und schon das Großsegel ablassen wollte, bevor die Genua weggerollt war. Mit Reff 1 im Groß läuft die Hexe wieder viel ruhiger und zieht trotzdem stabil ihre Bahnen durch den Nordatlantik.

Auf dem Daybed liegend planen wir die Taktik für die nächsten Tage, ich hatte einen neuen Wetterbericht über PredictWind Offshore geholt, wir sollen, je nach Modell, im Laufe des 8. Mai bei Horta ankommen. De letzten zwölf Stunden wird es eher leichten Wind geben, dann können wir noch ein bisschen von unseren großen Dieselvorräten  verbrennen, am Anfang hatten wir noch Angst, dass sie nicht ausreichen würden.

Außerdem ist Volker inspiriert von den vielen Segelbüchern, die er gelesen hat, und wir planen die weiteren Törns in ferne Länder. Segeln wir nach Surinam über die Kapverden im Herbst? Und vielleicht im Sommer darauf, nach Island? wir sollen es sehen.

Um 18:30 wird wieder ausgerefft, der Wind war zuweilen bis 17 Knoten gefallen, das gefiel wiederum dem Skipper nicht, schließlich befinden wir uns in dem weltberühmten Champagner Race.

 Zum Abendessen gab es heute leckeres Sahne-Geschnetzeltes von der Schweinelende mit Nudeln. Das gestrige Essen war leider nicht so gut, der Blumenkohl in Bechamelsauce schmeckte bitter, dafür waren die kleinen Koteletts sehr gut.

Nach dem Abendessen gehen wir wieder in unseren üblichen  Schlaf-/Wachrhythmus, ich schreibe Logbuch oder Mails an unsere Wetterberater, wenn ich zwischen 23 und 24 Uhr ins Bett verschwinde, übernimmt Volker die Nachtwache mit 15-20-minütigen Schlafphasen, um fünf Uhr löse ich ihn dann wieder ab. Aber wir schlafen auch am Tag im Wechsel jeder mal ein bis zwei Stunden, wenn es passt. Jetzt gerade, um 21 Uhr unserer Zeit, sind es nur noch 888 sm bis Horta.

Damit wir – vor lauter rasenden Reportern – mit unserer Logbuch-Berichterstattung nicht ganz ins Hintertreffen geraten, gibt es heute ausnahmsweise mal zwei Beiträge.

Gute Nacht an alle da draußen im Netz!

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Ahoi lieber Blogleser, 

wir sind nicht nur durch Starlink mit der Außenwelt verbunden, sondern auch über den guten alten und immer noch sehr lebendigen Kurzwellenfunk.

Was wäre der Titanic Blockbuster ohne die Sequenz, in der der Notruf rausgeht und wer weiß, ob die Liebste von Leonardo di Caprio, Kate Winslet, ohne die Kurzwelle und die herbeieilenden Schiffe überhaupt gerettet worden wäre. 

In letzter Zeit, so kommt es uns zu Ohren, gehen auch immer mehr Weltgeschichte schreibende Nachrichten über den Äther. 

Eine der tragenden Figuren, die Nachrichten zurück aus dem Internet und hinein in die historische Kurzwellenzeit katapultieren möchte, bezeichnet sich selbst als Uwe der Ahnungslose. Aber das ist nur sein Pseudonym. In Wirklichkeit hat Uwe Zugang zu allen relevanten Segelnachrichtenagenturen. So ist ihm kürzlich, die topaktuelle Story von dem „Champagner Race“, das gerade auf dem Nordatlantik stattfindet, unter die Finger gekommen.

Aber lest bitte selbst, was für ein grandioses historisch-relevantes Sportereignis sich hinter dem Champagnerrace verbirgt:

Hier meldet sich der allseits bekannte “Flurfunkreporter” Uwe, der “Ahnungslose”!

Schon mal was von Ocean Race, Minitransat, America’s Cup oder gar Vendée Globe gehört? Sicherlich, für eingefleischte Hochseeseglerenthusiasten keine Fremdwörter!

Aber, das ist alles “Nichts” gegen ein z.Zt. auf dem Atlantik ausgetragenen Rennen, der “Champagner Challange”. Man stelle sich vor, 2 Yachten, die wohl kaum unterschiedlicher sein können. Ein Katamaran der Marke Outremer 5x (Hexe), ausgerüstet mit allem “was des Segler’s Herz höher schlagen läßt”, einer gemischten Crew, Cornelia und Volker, gegen einen Einrumpfer, eine Hallberg-Rassy 43 MK I (Hullo Poro), ebenfalls gut für solche Races ausgerüstet, “bevölkert” mit einer Crew, bestehend aus 2 Männern, Bernd und Rainer.


Beide Crews mit Amateurfunkern, oh, korrekt wohl mehr 2 Amateurfunkern (Bernd, DL9BS, Rainer, DO6GO) und einer Amateurfunkerin Cornelia, DL3HEX kennen sich persönlich, die “Hexe” auf dem Weg aus der Karibik zu den Azoren, die “Hullo Poro” von Bermuda ebenfalls in Richtung Azoren unterwegs.

Begleitet werden diese herausragenden Segler (Cornelia, sorry, bin kein “Genderer”…) von einem “Hobbywetterexpertiesemeteorolügen” mit Namen Uwe, auch Amateurfunker, DD1HUR. Dieser, beheimatet in…. Bayern…! ergänzt die lokal von beiden Yachten eruierten Wetterprognosen mit denen von ihm Eruierten und in kompetent klingende Worte gefassten Prognosen 😄.


Soweit, so gut! Wohl dank der Kommunikationsmöglichkeit des Amateurfunks wird nun dieses bedeutende, ja sicherlich in diesem Jahrzehnt ev. einmalige Race vereinbart! Wer als erster in Horta auf den Azoren ankommt, hat gewonnen und der Verlierer muss den Champager bezahlen, der dann gemeinsam genossen wird! Man kann sich als Nichtsegler kaum vorstellen, welch eine Schmach dies sein kann 😄

Aber, wie ist der Stand des Rennens? Nun, der geneigte Beobachter “Uwe, der Ahnungslose” kann nur im Moment berichten, es sind noch einige Seemeilen zu segeln, das Wetter scheint sich täglich zu ändern, gereicht ev. mehr der einen oder anderen Yacht zum Vorteil, somit ist und bleibt es hochspannend!


Wird der Wettergott gnädig sein und beiden Yachten passendes Segelwetter bescheren?
Nutzten die Crews alle Tricks und Kniffe, denen sie habhaft werden können, um das Ziel so schnell als möglich zu erreichen? -> Man darf annehmen…JA!
Werden die täglichen Berichte, die ausgetauscht werden, immer der “Wahrheit” entsprechen? -> Ein entschiedenes JA!!

So vielleicht zum Schluß dieser “Breaking News” eine Eigenerfahrung von “Uwe, dem Ahnungslosen”… Der Segler an sich…ist fair!

Das Copyright liegt bei dem ahnungslosen Uwe, aber die Weitergabe von Auszügen des Artikels ist ausdrücklich erwünscht.

Das Rennen bisher im Bild, Stand Donnerstag 4. Mai

Die orangen Fische markieren die Positionen der Hullu Poro seit dem Start am 30. April von Bermuda, während die blau-weißen Flaggen den Fortschritt der Hexe vom Start am 26. April in St. Martin zeugen. Die roten Flaggen sind von der Überfahrt der Hexe in die Karibik im Januar 2022.




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