Ponta Delgada

Gestern haben wir, zum ersten Mal seit über drei Monaten, im Hafen fest gemacht. Wir waren das gar nicht mehr gewöhnt, Fender zu hängen, Leinen raus zu holen, in die Marina zu fahren. Nach 92 Seemeilen von Terceira aus haben wir um elf Uhr in der Marina Ponta Delgada angelegt. Da die Hafenbehörde von 12 – 14 Uhr in der Mittagspause war, haben wir uns, nach wieder einer Nacht auf See, für eine Mittagsruhe hingelegt, bis uns der Hafenmeister mit einem freundlichen Klopfen aufgeweckt hat. Wir hatten längsseits an einem langen Schwimmsteg angelegt, aber hier könnten wir leider nicht bleiben, sagte der freundliche Mann, ab morgen käme da ein großes Boot, das auch schon angekündigt sei. Aber wir sollen mal ins Marina Büro gehen, dort werde man einen Platz für uns finden. Und außerdem müssten wir einklarieren, das könne man neben dem Hafenbüro machen. Eigentlich komisch, denn wir kommen aus Frankreich und sind hier in Portugal, also beides Europa. Aber dazwischen liegt natürlich auch ein großer Ozean.

So schön liegt die Hexe hier am Steg

Gut, ich packe meine Papiere ein, Pässe, Bootsschein, Ausklarierung aus St. Martin, Versicherung für die Hexe, und mache mich auf den Weg. Das wird – leider – zu einer kleinen Odyssee. Der Hafenmeister hatte gesagt, es seien nur fünf Minuten, ich müsse nur durch den Tunnel gehen, die Treppe hoch und dann nach rechts. 

Die Wände sind voller gemalter Bilder mit den Booten, die hier von fernen Ländern her kamen

Ich mache mich also auf, durch den Tunnel, aber wo ist jetzt die Treppe? Geradeaus geht es zu einem Freibad, nicht so gemütlich, auf dem heißen Beton zu liegen, aber das Wasser scheint in Ordnung zu sein, die Badeanstalt ist gut besucht. Da geht es nicht weiter, also gehe ich mal nach rechts, an der langen Pier sind viele Restaurants und Geschäfte, da werden, ganz am Ende, wohl Immigration und das Hafenbüro sein. Ich schlendere die Pier entlang, die Restaurants sind schwach besucht, die Läden eher gar nicht, aber am Ende ist nix mehr, keine Behörde, nix.

Auf dem Rückweg frage ich in mehreren Läden nach, wo denn die Imigração sei, aber keiner weiß was. Beim Tunnel zurück stehen zwei offiziell aussehende Burschen, die schicken mich hoch auf die große Straße, und dann nach links. Ich frage noch einmal nach: „Links oder rechts?“ Links, links wurde mir beteuert. Ich steige also die breite Freitreppe hinauf, dort oben wird gerade ein Zelt aufgebaut, die Leute laufen geschäftig mit irgendwelchen Eisenstangen und Planen herum, und ich wende mich auf der breiten Avenue nach links.

„Komisch“, denke ich, „wo soll denn hier Zoll und Hafenbüro sein, das sieht alles nach Bürohäusern und Banken aus.“ Ein Stück gehe ich die Straße entlang, aber dann kehre ich um, und versuche es in die andere Richtung. Bei einer Autovermietung frage ich noch einmal nach, die freundlichen Mädels haben auch keine Ahnung, aber ihr Kollege sagt plötzlich, ich solle noch ein Stück weiter gehen, dann gäbe es eine Treppe, die solle ich nach unten gehen, und dann nach rechts, dort ganz am Ende sei das Hafenbüro. Tatsächlich, nach all den Irrwegen stehe ich vor dem Hafenbüro, melde mich mit allen Formalitäten an, und eine halbe Stunde Bin ich auf dem Weg zurück zum Boot. Mission accomplished!

Courtesy Álvaro RP | Die Prozession während des Senhor Santo Cristo dos Milagres
mit den geschmückten Straßen

In Ponta Delgada findet an diesem Wochenende ein großes Fest statt. Einheimische von den anderen Azoreninseln, Auswanderer aus Amerika, Brasilien, Kanada  etc. kommen extra deswegen angereist. Die Stadt ist voll, und alle werden der Prozession am Sonntag folgen, oder von den Balkonen der Innenstadt aus zuschauen.  Es ist zweifellos ein religiöses Fest, aber es erinnert ein bisschen an Rosenmontagszug in Mainz.

Die Sage schreibt, dass im 17. Jahrhundert, nahe eines Klosters im Süden der Insel, wahrscheinlich von einem havarierten Boot eine Kiste antrieb, in der sich eine Christusstatue  mit Dornenkrone befand. Die Nonnen nahmen die Reliquie zu den Schätzen des Klosters auf. Am 11. April 1700 veranstalteten die Nonnen eine Prozession, um für das Ende des schweren Erdbebens zu beten. Während eines starken Erdstoßes fiel die Statue zu Boden, und von da an war das Erdbeben beendet. Seitdem wird an dem 5. Sonntag nach Ostern in Ponta Delgada dieses große Fest gefeiert.

Am Abend schlendern wir durch die sehr hübschen Straßen der Altstadt, genießen die Atmosphäre bei einem Glas auf der Gasse, bevor wir uns ein Restaurant suchen. Nun, das war nicht so einfach, denn klar, wenn die Stadt voll ist mit Touristen zu Ehren des Festes, dann sind natürlich alle Restaurants voll belegt. Glücklicherweise finden wir – kurz vor dem Aufgeben – ein kleines Restaurant mit Sushi und chinesischen Gerichten, all you can eat. Lecker.

Der Eingang zur Altstadt

Anschließend sind wir zum Boot zurück gegangen und fanden am Anfang der Marina eine große Ausstellungshalle mit allen möglichen Konsumartikeln vor. Auch Kunsthandwerk, Wein und Essen von den Azoreninseln wurde angeboten. Für nur einen Euro Eintrittsgeld schlenderten wir an den Ständen vorbei, probierten da ein bisschen Gebäck, dort einen süßen Honigrum in den verschiedensten Geschmacksrichtungen, und vieles andere. Ein bisschen Schmalzgebäck und vier Trüffelpralinen mussten wir einfach einkaufen und zum Boot mitnehmen. Dort hat Volker nicht mal mehr die eine Dose Bier ausgetrunken, die er sich aus dem Kühlschrank geholt hatte, ehe er auf dem Sofabett in einen seligen Schlaf fiel. Die Nacht auf dem Meer fordert ihren Tribut.

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