Schreckmoment

Nachdem der gestrige Tag ruhig und mit der üblichen Funkrunde mit Bernd und Rainer von der Hullu Poro zu Ende ging, verlief auch die Nacht äußerst angenehm und ruhig.

Trüber Sonnenaufgang

Der Autopilot hatte mit dem Boot und dem moderaten Wind ein leichtes Spiel, die See war nur ein bisschen bewegt, und trotzdem segelte die Hexe bei idealem Windwinkel zügig voran. Cornelia ist um Mitternacht in ihre Koje verschwunden, da hatte ich schon 4 Stunden Schlaf hinter mir. Die Nacht war mondbeschienen, ich mag das sehr, wenn es auf See nicht so ganz stockduster ist. Man kann dann, fast wie am Tage, die Stärke des Windes und die Richtung der Wellen einschätzen, ein beruhigendes Gefühl, trotz der vorhandenen Instrumente.

Die Capitania backt frische Brötchen fürs Frühstück

Um 6.30 kam Cornelia, halbwegs ausgeschlafen aus dem Backbordrumpf gekrochen und eröffnete den Tag, wie üblich mit einer Tasse Kaffee in der Hand.

Da gestern, bei reichlich Sonnenschein, der Wassermacher für eine Stunde gelaufen ist, und der Tank gut gefüllt war, stand zur Reinerhaltung der gesamten Mannschaft, duschen auf dem Programm. Die Capitania machte den Anfang. Anschließend war ich an der Reihe, da fiel mir ein, dass ich auch mal wieder den Pumpenhebel der Toilette mit Vaseline einstreichen könnte, damit der sich beim Toilettenvorgang leichter pumpen lässt. Gedacht, getan, frisch ans Werk. Der erste Schritt ist das Zuschließen des Seeventils für den Toilettenzulauf, damit kein Salzwasser aus dem offenen Pumpzylinder nachströmt, wenn der Pumpenhebel gezogen ist. Doch als ich den Bodendeckel zum Erreichen des Seeventils anhob, sah ich schon Wasser in dem Bilgenabteil schwappen. 

Der Übeltäter bzw. seine Abdichtung

Das erste, was der Segler tut, ich glaube da spreche ich für alle Seesegler, er taucht den Finger ruckzuck ins Wasser und steckt ihn sich in den Mund. Die Geschmacksprobe entscheidet dann über Glück oder Unglück. Betrachten wir zuerst den glücklichen Ausgang der Geschmacksprobe. Schmeckt der Finger nicht salzig, weicht die Anspannung, die abrupt durch das angetroffenen Wasser entstanden ist, erstmal einer sofortigen angenehmen Entspannung. Denn Süßwasser im Schiff bedeutet immer und zwangsläufig, dass kein Wasser von unterhalb der Wasserlinie eingedrungen ist.  Schmeckt der Finger salzig, steigt der Stresslevel gleich um ein Vielfaches, denn dann hat man ein Leck im Boot, durch das Salzwasser eindringt, und das kommt leider meist von unten. Huh, das war jetzt ausführlich, aber notwendig , um die Gefühlswelt der Segler, besser verstehen zu können. 

Bei uns lief das so ab. Bodendeckel hoch, ich rufe zu Cornelia: „da steht Wasser in der Bilge“, gleich danach wie oben beschrieben den Finger reingesteckt und das Nass probiert; Meldung an die Capitania, „Du, das ist Gott sei Dank nur Süßwasser. Ich gleich wieder halbwegs entspannt und die Capitania auch. Das die Sucherei erstmal nach dem Ausräume der Bilge losging war klar. Denn wir lagern in den Bilgenabteilen des Bads, weil es sich ja anbietet, unser Toilettenpapier, und jeder Deutsche weiß seit der Pandemie, wie kostbar dem Deutschen sein Toilettenpapier ist, auch wenn die Welt heute im Nachhinein gerne drüber spottet. Egal wie, der Übertäter war schnell gefunden, das Syphon vom Duschablauf war undicht. Ich habe es gleich mit Silikon neu eingedichtet. Fazit, die Capitania ist glücklich, ich bin stolz über die gelungene Reparatur und das Klopapier lagert wieder trocken und sicher.

Zurück zur Segelei. Seit heute früh hat es aufgefrischt, Böen bis 20 Knoten schieben den Kat flott an, auf durchschnittlich 9 Knoten Fahrt. Die See ist bewegt, aber durchaus noch moderat. Die Aussichten für die nächsten 24 Stunden sind gut, auch wenn der Wind 25 Knoten erreichen soll. Denn wenn wir mehr Druck in den Segeln haben, können wir raumere Kurse segeln. Und das ist durch die vorherrschende Windrichtung notwendig, um auf direktem Kurs zu den Azoren zu gelangen.

Nachdem wir gestern vergessen haben zu schreiben, was es vorgestern zum Abendessen gab, hole ich das schnell nach. Nudeln mit Pesto, simpel und lecker. Gestern Abend haben wir  eingelegte Nackensteaks und Bratwürste gegrillt. Cornelia hat dazu ihren weltberühmten Kartoffelsalat gemacht. Und zu so einem tollen Essen, gehört ein kühles Bier.

Für die Statistiker:

Bierkonsum an Bord: 0,75 Liter seit Saint Martin. 

Noch 1300 Seemeilen bis nach Horta.

Diesel an Bord 800 Liter 

Dieser Beitrag wurde unter Logbuch veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Schreckmoment

  1. Rolf sagt:

    Das hört sich doch alles sehr gut an und ihr habt bisher eine gute Reise …
    Deine Beschreibung mit dem Wasser kann ich sehr gut nachvollziehen , gut dass du es so einfach lösen konntest. Trotzdem wirst du in den nächsten Tagen bestimmt die bilge immer mal wieder prüfen 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert