28. Juni 2015, Baro 1010, sonnig, warm, Wind SO um 3 Beaufort
Cannes 10:30 – Juan-les-Pins 14:00, 15 sm
Sonntag Morgen verlassen wir Cannes und machen uns erneut auf den Weg nach Osten. Für heute Nacht wollen wir uns eine schöne Ankerbucht suchen, wie weit wir segeln werden, hängt ganz davon ab, ob der Wind durchhält oder zu früh schlafen geht, denn weit motoren mögen wir nicht.
Vorher bekommt die Hexe einen neuen Heimathafen. Die “Hexe aus Hoorn”, das klang zwar nett, aber wir segeln ja jetzt nicht mehr von Holland aus los, da haben wir wohl vor zehn Monaten angefangen, aber unsere aktuelle Heimat ist natürlich Darmstadt. Also muss der Schriftzug Hoorn ab, das macht Volker ganz schnell, und ich klebe anschließend die mitgebrachten Klebebuchstaben “Darmstadt” auf. Und weil Darmstadt ja nun in der ersten Liga mitspielt, kommt auch eine blaue Lilie aus dem Fanshop mit zur Stadt, zufällig in dem gleichen Blau wie unser Schriftzug.
Wieder fahren wir an St. Honorat vorbei, der Mönchsinsel mit Kirche und Kastell direkt am Wasser. Heute, am Sonntag, sind natürlich viele Menschen unter, auf und über dem Wasser unterwegs. Die Tauchboote machen an den Bojen vor interessanten Felsen oder Wracks fest, in den Buchten sind Schnorchler unterwegs, um die Unterwasserwelt zu erkunden. Auf dem Wasser ist es eher eine Zeit für Motorboote, der Wind ist eigentlich nur eine thermische Brise, kommt am Vormittag und stirbt gegen Mittag. Trotzdem sind auch viele Segelboote unterwegs, denn auch die haben ja Motoren. Und natürlich Wasserskifahrer und Paddler und Jetskis (lärmig). Über dem Wasser fliegen Helikopter und kleine einmotorige Flugzeuge ihre Rundflüge, und am Nachmittag bis zum späten Abend, nahe bei Nizza, sieht man eben auch die großen Verkehrsflugzeuge starten und landen.
Wir bleiben standhaft und machen den Motor nicht an, obwohl sich vor allem der Skipper maßlos ärgert, dass sich offensichtlich schon wieder Muschelbewuchs unter der Hexe angesiedelt hat, und sie für seine Begriffe viel zu langsam segelt. Aber wir fahren auch nicht so weit, in einer wunderschönen Bucht auf der Ostseite von Juan-les-Pins fällt der Anker. Beim Schwimmen raspele ich mit der Spachtel, so gut ich kann, den Muschelbewuchs unterm Boot weg, vielleicht ist der Skipper dann beim nächsten Segeln glücklicher…
Bei Juan-les-Pins denke ich immer an dieses unvergessliche Lied von Peter Sarstedt: “Where do you go, my lovely?” Die Zeilen über den Urlaub in St. Moritz und Juan-les-Pins kenne ich auswendig:
“When you go on your summer vacation, you go to Juan-les-Pins,
With you carefully designed topless swimsuit
You get an even sun tan, on your back and on your legs…”
Als wir in Cannes Peter aus England getroffen haben, und er meinte, er müsse unbedingt auch eine Nacht in Juan-les-Pins verbringen wegen des Liedes, haben wir es alle zusammen gesungen. Auch ein bisschen Gänsehaut-Feeling.
Jetzt liegen wir hier in der Bucht, vorne am Cap war so eines von diesen wundervollen Häusern, aber auch die hier im Ort sind nicht zu verachten. Wenn man in dem Restaurant “Keller Plage” am Strand essen mag, wird man von einem schwarzen Bootsmann mit Motorboot abgeholt und nach dem Essen wieder zurück gefahren.
Gegen Abend (es ist Sonntag) wird es leer in der heute Mittag noch prallvollen Bucht, alle Motorboote mit den hübschen Mädels, aber auch viele Segler machen sich auf den Heimweg nach Antibes. Nach Sonnenuntergang sind nur noch sieben Boote in der Bucht geblieben.
Nach dem Abendessen fahren wir mit dem Dingy zum Land, dort ist ein kleiner Anlegesteg für die Beiboote der Ankerlieger. Wir gehen an den Felsen entlang, über einen extra angelegten Weg mit Geländer, schauen in Buchten mit wilden Steinformationen. Auf einem Wegweiser erfahren wir, dass die Villa am Cap, die wir von See aus gehen und fotografiert haben, “Villa Eilenroc” heißt. Da werde ich sofort hellhörig, denn das ist mein Anagramm, nur schriebt man es bei mir “Ailenroc”.
Im Internet finde ich heraus, dass meine Vermutung richtig ist: In den 1880er Jahren verbrachten die wohlhabenden Nordeuropäer die Winter gerne an der Riviera. Ein schwerreicher Holländer hat die Villa 1867 bauen lassen und nach seiner Frau benannt. Nachfolgende Besitzer haben junge Künstler unterstützt, und die Innenräume von ihnen renovieren und dekorieren lassen. Heute gehören die Villa und die dazugehörigen Gärten der Stadt Juan-les-Pins, und können besichtigt werden.
Am nächsten Morgen liegt ein sehr großes (hässliches?) Motorboot mit Namen”A”. Das Internet weiß, dass sie einem russischen Milliardär gehört, von Philipp Stark gezeichnet und 2008 bei Bloom und Voss in Kiel gebaut wurde.