Der Skipper berichtet:
Tiefliegende Wolken bedecken den Himmel, der sonst so blaue Atlantik erscheint als graue Wasserwüste, einen Silberstreif am Horizont gibt es im Moment nicht. Jedoch, wir kommen gut voran, der Nordwind ist unser treuer Begleiter, und entgegen der geplanten Strategie, ganz nahe an Portugals Küste vorbeizusegeln, haben wir uns nach dem gestrigen Wetterbericht über Kurzwelle dazu entschieden, einen direkteren Kurs nach Madeira einzuschlagen. Der Windgürtel hat sich weiter nach Westen verschoben als ursprünglich vorhergesagt. Wir segeln mit flotten 8-10 Knoten, mit vollem Großsegel und der Genua, bei 15-21 Knoten Wind von schräg hinten. Und das auf direktem Kurs nach Madeira, sprich 213 Grad. Das Ziel liegt noch 428 Meilen entfernt.
Bei dem guten Speed ist unser Hydrogenerator der Energielieferant Nummer 1 und das rund um die Uhr, auch ohne Sonnenschein. Denn die Solarpaneele brauchen die Sonne und die hat heute wohl Urlaub. Der Autopilot, die Plotter, der Kühlschrank, der Spannungswandler zum Laden der Computer und einige andere kleinere elektronische Helfer saugen gut 120 Watt, was bei unserem 24-Volt-System ca. 5 Ampere entspricht, stündlich aus unserer Batteriebank. Neben der Bewölkung sorgen auch die kürzer werdenden Tage für einen schlechteren Ertrag der Solarzellen. Wir sind jetzt schon soweit im Süden, dass es erst morgens nach 6 Uhr hell wird und abends um 22.30 bereits wieder stockdunkel ist, und das verschiebt sich mit den gesegelten Meilen nach Süden zum negativen. Doch nach all den Problemen, die wir mit dem Hydrogenerator hatten, lädt er jetzt unsere Batterien, rund um die Uhr, zuverlässig voll. Ansonsten ist das Leben so fern ab von allem, zu zweit auf dem weiten Ozean, sehr angenehm. Wir haben uns eingeschaukelt, uns dem Rhythmus des Meeres angepasst, backen täglich frische Brötchen, Cornelia hört/spricht täglich in der Amateurfunkrunde von Intermar, ich absolviere ein tägliches Sportprogramm und abends kochen wir zusammen, ein herrliches Leben in unserem eigenen Kosmos.
Zumal es hier fast keine Frachter und Fischer gibt, und wir das Meer fast für uns alleine haben.
Unseren Wachrhythmus haben wir komplett umgestellt und weichen damit auch vom üblichen Schema an Bord der meisten Fahrtenyachten ab. Im Moment ist es so, dass die Capitania um 23 Uhr abends zu Bette geht und dann erst, so gegen 7Uhr morgens wieder auf der Bühne erscheint (Das stimmt nicht ganz, ich, die Capitania, komme zwischendurch immer mal nach oben, frage, ob der Skipper gerne schlafen möchte, und er schickt mich dann wieder zu Bett mit der Aussage, dass er ja zwischendurch gut schlafe). Ich erlaube mir in dieser Zeit mehrere 15-minütige Schlaffrequenzen, dazu schlafe ich mehrere Stunden am Tag, je nach Müdigkeitsgrad. Ich komme mit den nächtlichen Kurzschlafphasen gut zurecht, da ich sowieso schnell einschlafen kann und zackig wieder wach bin. Cornelia hingegen liest noch ein paar Seiten und braucht immer eine Weile, bis sie einschläft. Daher ist es für sie angenehmer, wenn sie eine längere Zeit am Stück schlafen kann. Im Moment gefällt uns die Routine einfach am besten
Wir hoffen, dass der Rest der Reise weiterhin so unspektakulär verlaufen wird. Wir haben in den letzten 24 Stunden 192 Seemeilen zurückgelegt. Und keine Segelmanöver seit 24 Stunden, lediglich ein paar kleinere Kurskorrekturen, je nach Windeinfallswinkel.
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