09.03.2015, Baro 1016, sonnig, leichter Wind später Sturm bis 8 Beaufort
Estartit 08:20 – Cap d’Agde 19:30, 80 sm
Ich wache rechtzeitig auf, um der Maje zu winken, die sich auf die Fahrt nach Port Napoleon machen, 120 Meilen liegen vor ihnen. Wir legen auch bald danach ab, noch ist wenig Wind, und wir treiben gemütlich über kristallklares Wasser. Dann muss der Motor mitschieben, bei zwei bis drei Knoten Wind von hinten ist das nicht mehr schön.
Um 10:00 Uhr sieht man, wie sich die Wasseroberfläche kräuselt, es kommt Wind, wir setzen den Spinaker. Eine Stunde später sind es über zwanzig Knoten, die Logge zeigt schon mal über neun Knoten Fahrt an, der Spi muss wieder runter. Ab 18 Knoten wahrem Wind wird bei uns der Spinnaker wieder eingeholt, zu groß sind die Kräfte, die auftreten, bei 150 Quadratmetern Segelfläche.
Aber auch nur mit ausgebaumter Fock und Großsegel machen wir locker sieben bis acht Knoten Fahrt. Den Wind von hinten und die Sonne im Cockpit, ein Gefühl von Sommer. Es kommt immer mehr Wind, und Volker refft die Fock. Wir beschließen, nicht nach Canet-en-Roussillon zu fahren, sondern noch zwanzig Seemeilen weiter nach Gruissan. Dazu müssen wir halsen, und reffen vorher schon mal das Großsegel, denn der Wind hat auf über vierundwanzig Knoten zugenommen.
Und dann frischt es schnell immer weiter auf. Mannomannomann! Der Windmesser pendelt bei 30 Knoten und klettert auch schon mal auf 35, das ist Windstärke 8.
Zuerst wird das Boot immer schneller, fast immer über 10 Knoten und in einigen spektakulären Surfs werden die 15 Knoten überschritten. Volker refft die Fock auf ein handtuchgroßes Stück. Nachdem der Großbaum das dritte Mal im Wasser war, kommt auch das 2. Reff ins Großsegel. Vor dem Wind zu reffen ist nicht ganz einfach und kostet viel Muskelkraft, aber jetzt in den Wind zu fahren, würde das komplette Chaos auslösen und wir hätten die perfekte Salzwasserdusche. Und mit ein paar kleinen Tricks und Kniffen ist diese Art der Segelreduzierung ganz praktikabel! Mit den zwei Reffs im Groß und der kleinen Fock sind wir immer noch rasend schnell.
Und jetzt bauen sich auch die Wellen auf eine respektable Höhe auf. Volker hat natürlich wieder seinen Einsatz: Er jauchzt vor Freude, wenn die Hexe die Wellen hinunter surft, schneller und immer schneller wird. Selbstverständlich muss auch die GoPro heute wieder arbeiten, den Film dazu gibt es hier zu sehen. Wenn die Hexe lossurft, wird zuerst das Heck von der Welle angehoben, der Wind drückt in die Segel, das Schiff beschleunigt, wird immer schneller und rast dem vorhergehenden Wellental entgegen. Ein magischer Moment! Ist der Surf vorbei, spürt man förmlich die Welle unter dem Boot entlang laufen, so ein bisschen wie Schlittenfahren durch Neuschnee, zu den Seiten spritzt das Wasser weg, und am Heck gurgelt laut rauschend das zurückströmende Wasser. Unser Top-Geschwindigkeit: 18,5 Knoten SOG ( Speed over Ground).
Nico ist nicht ganz so begeistert, ihm machen die wilden Bewegungen eher ein bisschen Angst. Das kann man aber auch verstehen, er weiß ja gar nicht, was das alles bedeutet, dieses Gewackel und das Heulen des Windes.
Bei dieser Wellenhöhe scheint uns die Einfahrt nach Gruissan nicht ideal zu sein. Ich telefoniere mit der Capitainerie, die meinen, dass man reinfahren könne, aber Volker gefällt die Einfahrt auch nicht, und so suchen wir eine Alternative. Cap d’Agde würde sich anbieten, da ist noch eine Insel vor der Einfahrt, es sind aber auch nochmal 20 Seemeilen mehr. Wir rechnen damit, dass der Wind abends nachlässt, uns der Kurs auf Steuerbordbug aus dem stürmischen Sektor herausbringt und das damit einhergehend die Wellenhöhe abnimmt. Ich rufe dort bei der Capitainerie an und die Antwort von dort bestätigt unsere Erwartungen. Wir setzen unseren Kurs ab nach Cap d’Agde.
Nach weiteren drei Stunden anspruchsvollen Segelns nimmt tatsächlich der Wind ein bisschen ab, wir können in kleinen Schritten wieder ausreffen. Um 18:30 Uhr sind wir wieder mit voller Seegelfläche unterwegs. Der Wind weht nur noch mit zehn bis zwölf Knoten.
Cap d’Agde ist gut zu sehen, der massive große Leuchtturm auf dem Felsen, mit demschwarz-gelbem Gefahrenzeichen davor, zeichnet sich gut vorm Horizont ab. Kurz darauf passieren wir die Hafeneinfahrt, bergen die Segel, starten den Motor und bereiten Fender und Leinen zum Anlegen vor. 19:30 Uhr sind die Leinen fest an dem Steg vor der Capitainerie. Was für ein Tag!
Danach folgt noch ein bisschen Routine, die Segel werden ordentlich aufgeklart, die Leinen hübsch aufgeschossen (in Buchten gelegt), das Landstromkabel wird angeschlossen, das ganze Schiff wird mit dem Wasserschlauch entsalzt und ich gehe natürlich direkt mit Nico spazieren.
Dann lassen wir den Segeltag Revue passieren, trinken ein Anlegebier, kochen etwas, das schnell geht und fallen müde in unsere Kojen. Denn bei solchen anspruchsvollen Wetterbedingungen ist Segeln zwar reizvoll, aber auch sehr anstrengend!
Es grüßen der Skipper und die Capitania