Erfahrungen in Barbuda

Am Mittwoch war es dem Skipper  – mit dem Gedanken an die nächsten vier Tage vor Jolly Harbour – langweilig. Eine Lösung dieses schwerwiegenden Problems wäre es, wenn wir am nächsten Tag rund Antigua segeln würden. Zuerst 9 Meilen bei halbem Wind zu der nordwestlichsten Spitze der Insel, dann 10 Meilen kreuzen bis zur nordöstlichen Spitze. Von dort aus könnten wir – bei einem angenehmen Halb- bis Raumwindkurs – bis zur südöstlichen Ecke „brettern“, wie Volker es nennt. Schließlich ginge es – je nach Uhrzeit – direkt vor dem Wind entweder bis English Harbour oder wieder zurück nach Jolly Harbour.

Antigua ist auch rund

Aber Donnerstag Morgen um sechs Uhr, direkt nach dem Aufwachen, meinte Volker: „Wir könnten doch auch heute nach Barbuda segeln, und Samstag zurück nach Jolly Harbour?!“ Barbuda ist die zu Antigua gehörende kleine Insel im Norden. Klar, am Montag könnten wir dann in Antigua ausklarieren, und in die Bucht von Malendure auf Guadeloupe segeln. Dort werden wir, zusammen mit Bernd von der Hullu Poro, auf Segelfreund Rainer am Dienstag sowie auf Larissa und Johannes am Karfreitag warten.

„Also dann los!“ Der Skipper macht die Motoren an, das Großfall klar, unser improvisiertes  Ankerlicht wird von der Lazy Jack-Aufhängung geholt, Zähneputzen kommt später. Zehn Minuten danach ist der Anker gelichtet, und wir fahren langsam aus der Bucht, in der ebenfalls einige Segler bereits an Deck sind.

„Guten Morgen“, unser Nachbar  hat eine deutsche Flagge am Heck. „Goedemorgen“ grüßt Volker den Skipper des kleinen Bootes dahinter, ein Holländer. „Good Morning“ heißt es ein bisschen weiter draußen, dort ankern zwei englische Einrumpfer und ein amerikanischer Katamaran nahe beieinander. Kurz vor dem Segel setzen noch ein „Bonjour“ an den dort vor Anker liegenden französischen Kat. Spanische und italienische Boote haben wir an diesem Morgen nicht gesehen, sie sind aber durchaus vorhanden, ebenso wie zahlreiche Dänen, Norweger und Schweden. Noch viele andere Nationen werden durch die Flaggen am Heck der Boote repräsentiert. So international ist des Seglers Leben in der Karibik. Wir genießen es sehr.

Wir segelten unter Vollzeug mit einem Windeinfallswinkel von 90 Grad über die nordwestliche Inselspitze raus Richtung Barbuda, das schon am Horizont gut erkennbar ist. Im Osten zeigen dicke Wolken an, dass in ihnen sicher mehr Wind und vielleicht Regen, lauert, als die angenehmen 17 Knoten, die zuerst unsere Segel füllen. Tatsächlich frischt es auf bis über 25 Knoten Wind. Zuerst muss die Genua ein Stück gerefft werden, dann kommt wieder mal Reff 1 ins Großsegel.  Nun kann Volker durch Ein- und Ausreffen der Genua die optimale Balance halten zwischen Komfort und Schnelligkeit. 

Überhaupt Speed: Mit gerefftem Groß und verkleinerter Genua standen auf der Logge 14,7 Knoten!  Beinahe 11 Knoten Durchschnitt für unsere gesamte Fahrt. Volkers Mundwinkel ziehen sich – trotz der frühen Stunde – ganz nach oben. Diese Fahrt wird in unsere Segelgeschichten einfließen.

Die 33 Meilen bis Barbuda vergingen schnell, sodass wir bei der Ankunft nach einer Katzenwäsche  für die von den überkommenden Wellen versalzene Hexe, unser Frühstück einnehmen konnten.

Jetzt unser Eindruck von Barbuda: Auf meinen Wunsch sind wir nach Codrington gefahren, das ist die Hauptstadt der Insel, und der einzige Ort. Meistens gehen die Segler vor dem südwestlichen Strand mit rosa Sand vor Anker, dort befindet sich ein legendäres Restaurant, Shak a Kai, wo Enoch, kalte Drinks serviert, und die Hummer auf Bestellung frisch aus dem Meer holt. Wir haben uns das für unseren nächsten Besuch aufgehoben, weil ich mir unbedingt ein Bild von der Stadt machen wollte, in der fast alle der 3.000 Einwohner der Insel leben.

Wir ankerten am südlichen Ende der Low Bay,  nicht weit von der Einfahrt in die Lagune. Die Fahrt  nach Codrington wurde zu einem wilden Ritt, die Wellen in der Lagune sind ganz schön ruppig, aber irgendwann waren wir am Steg angekommen. Ich hatte ja nichts wirklich Besonderes erwartet, aber was wir in dem kleinen Ort vorfanden, hat uns sehr schockiert. Wir liefen durch die Straßen, wo große verblichene Plakate hängen, dass Barbuda wieder aufgebaut und zu neuer Blüte gebracht werden soll. Das ist wohl nicht passiert. Die Häuser sehen immer noch aus, als sei der letzte Hurrikan, der die Insel getroffen hat, ein paar Monate her, nicht einige Jahre.

Die Kita

Es gibt einen kleinen Supermarkt, der ziemlich gut bestückt ist, denn er ist der größte auf der Insel. Es gibt eine Kita für Kinder von drei Monaten bis zu drei Jahren. Dort sieht es auch ganz ordentlich aus.

Und da ist eine Grundschule mit einer großen Wiese. Dass dort eine ganze Ziegen-Großfamilie seelenruhig die Blätter von den Sträuchern frisst, ist zwar für uns ungewohnt, aber durchaus in Ordnung. Nur dass dort ebenfalls große Mengen an Müll herum liegen, ist skandalös! Wie sollen die Kinder denn lernen, dass Abfälle, vor allem Plastik, nicht einfach so in die Gegend geworfen werden können! Überall finden wir Müll, am Straßenrand, auf großen Haufen, das ist wirklich sehr traurig. Trotzdem sind die Menschen dort so freundlich und hilfsbereit, sie müssten nur lernen, wo die Abfälle hin gehören.

Zerstörtes Haus am Strand

Auf der Rückfahrt aus der Lagune machten wir noch einen Abstecher ans nördliche Ende der Bucht. Auch dort sind ehemals schöne Häuser einfach so dem Verfall preisgegeben, und das auf einer Insel, die für viele Reisende ein Art Traumziel darstellt. Schade!

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