Sonntag, 11. Juli – Montag, 12. Juli 2021, Baro 1025, Wind vorherrschend Nord-Nordost zwischen 16 und 30 Knoten
Quinta do Lorde 11.07. 06:40 – Puerto Calero 12.07. 15:00, 304,7 sm
Der zweite Teil
Nach dem ersten Frühstück hat hat der Skipper um 13:00 Uhr ausgeschlafen, der Wind hat abgenommen auf 13-14 Knoten, auch die Wellen sind etwas kleiner, dann muss natürlich sofort zuerst die Genua, dann aber auch das Großsegel ausgerefft werden. Mal sehen, wann er den Gennaker setzt. Das hätte ich vielleicht nicht schreiben sollen, denn natürlich wird zehn Minuten später der Gennaker rausgeholt und um 14:00 Uhr steht das bunte Segel, bei um die 15 Knoten Wind haben wir wieder über zehn Knoten Geschwindigkeit.
Leider nimmt der Wind wieder ein bisschen zu, und eigentlich sollen wir den Gennaker nur bis 15 Knoten wahren Wind stehen lassen. bis zu 14 Knoten Fahrt zeigt die Logge mit dem bunten Vorsegel an. Als Volker dann die 20 Knoten auf dem Display sieht, nehmen wir den 190 Quadratmeter großen Gennaker halt wieder weg, und rollen die Genua aus. Der Wetterbericht, den ich über die Kurzwelle geholt habe, sagt auch voraus, dass der Wind gegen Nachmittag/Abend zunehmen soll, nun passiert das vielleicht schon etwas früher. Das war halt nur ein kurzes Vergnügen, aber wenigstens konnte Ulrike ein paar schöne Photos machen.
Der Wind bleibt beständig, wir sind unglaublich schnell. Ulrike und ich sitzen „auf der Brücke“, sozusagen am Außen-Kommandostand, und träumen und ratschen ein bisschen auf Frauenart. Eigentlich wollten wir am Abend einen frisch gefangenen Fisch essen, und Volker hat auch die Angel aus dem Vorschiff geholt, der bunte Kalmar zappelt als Köder durchs Wasser, aber noch hat kein Fisch angebissen. Dann müssen wir zum Abendessen halt doch die Reste von der Lasagne essen, vielleicht haben wir ja morgen noch Anglerglück.
Als Volker erwacht und nach oben kommt, drehen wir die Genua ein bisschen ein. Doch wir bleiben schnell, ab und zu hebt eine große Welle das Boot an, und beschleunigt es. Um 19:00 Uhr haben wir ein Halbtages-Etmal von 118 Meilen, und ab dann beschleunigt der Wind mal wieder auf gut über zwanzig Knoten, wir reffen das Großsegel. Auch die Wellen sind wieder höher, sicher zwei Meter, und es fällt ein leichter Regen. Hinter uns ist es ganz dunkel, hoffentlich kommt da nicht noch mehr Wind.
Vor dem Abendessen drehen wir die Genua zwei Umdrehungen ein, das Boot fährt immer noch mit einer Geschwindigkeit von deutlich über zehn Knoten, die Wellen allerdings sind noch ein bisschen höher geworden, und manchmal knallt so ein Brecher ans Brückendeck und es rumpelt ganz laut. Um 21:30 ist die letzte Tageshelligkeit verschwunden, und leider wird es auch eine richtig dunkle Nacht werden, denn vorgestern war Neumond, da leuchtet uns keine gelbe Scheibe durch die Nacht. Außerdem ist es sowieso bewölkt, da hätte auch der schönste Mondenschein wenig Chancen.
Das Nachtsofa wird hergerichtet, also der Tisch im Salon abgesenkt und eine große Liegewiese entsteht, wo wir alle noch ein bisschen in den Ecken sitzen können und uns die Zeit vertreiben mit lesen, rätseln oder Handy-spielen. Carl-Martin zieht sich zurück ins Bett, dann kann er sich mal so richtig ausschlafen. Etwas später geht auch Ulrike in die Kabine, um 23:30 lege mich nach unten, Volker hält Wache. Irgendwann wird es mir unten zu bunt, die lauten Wellen schlagen gegen den Rumpf, und jeden Surf des Bootes bekomme ich dort verstärkt mit. Volker gibt mir ein Stück von dem Sofa ab, hier ist der ruhigste Punkt im Boot.
Über die Kurzwelle hatte ich noch einen Wetterbericht geholt, die Gribfiles sagen, dass es so bleiben wird bis nach Lanzarote, ca. zwanzig Knoten Wind aus Nordnordost, in Böen auch mal bis dreißig Knoten. Die Wellenhöhe beträgt weiterhin ca. 2,5 m, eventuell kann es im Laufe der Nacht etwas abflauen, dann verringert sich auch die Welle. Am südlichen Ende von Lanzarote wird es ganz bestimmt ruhiger werden, schon weil wir dort im Windschatten der Insel entlang fahren, ehe wir die letzten sieben Seemeilen bis Puerto Calero werden kreuzen müssen. Aber das wird ja dann erst morgen im Laufe des Tages sein. Tatsächlich lässt der Wind ab 02:00 Uhr ein kleines bisschen nach, die Genua wird ausgerefft, aber der Wind kommt immer weiter östlich, der Windwinkel wird immer spitzer, Volker schotet das Groß enger und auch die Genua, am Ende haben wir Halbwindkurs, aber mit 16 Knoten ist das ausgesprochen angenehm, die Wellen knallen nicht mehr so und die Schiffsbewegungen werden geschmeidiger.
Ab 04:00 lässt der Wind immer mehr nach, wir schütten das Reff aus dem Großsegel, und jetzt dreht er auch wieder auf den vorherigen Windwinkel NO, das ist dann wieder ein Raumschotkurs, aber leider reicht der Wind nicht mehr zum Segeln, bei Bootsgeschwindigkeiten unter fünf Koten motoren wir. Um 05:00 Uhr sind wir 22 Stunden gesegelt und haben 219 Seemeilen auf der Logge, das ist ein Schnitt von 10 Knoten! Natürlich versaut uns das jetzige Motoren die Durchschnittsgeschwindigkeit, aber angeblich soll ab 09:00 Uhr der Wind wieder auffrischen. Das macht der gute Wind tatsächlich schon früher, ab 05:50 können wir wieder segeln, und sind dann schneller als unter Motor. Bei 14-16 Knoten und einem Windeinfallswinkel von 140-148° segeln wir über 7 Knoten schnell. Das ist auch gut so, denn ein großes Containerschiff würde, wenn wir die geringere Geschwindigkeit von knapp über sechs Knoten beibehielten, in nur einer halben Seemeile passieren. So aber fahren wir mit einem Abstand von zwei Seemeilen vor dem Containerschiff durch.
Um 06:00 Uhr weicht im Osten die tiefschwarzer Nacht bereits einer sehr sehr zarten Helligkeit, um 06:30 kann man rund ums Boot eine klare Linie zwischen Meer und Himmel unterscheiden, und im Nahbereich sind die Wellenbewegungen sichtbar. Die Nacht ist vorbei! Das Etmal um 07:00 ist 234 sm, das entspricht, trotz der kurzen Schwachwindphase in der Nacht, einem Tagesdurchschnitt von 9,75 sm, das freut insbesondere den Skipper und Carl-Martin, und ich freue mich über die flachere See bei gutem Wind. Inzwischen sind auch unsere Gäste aus ihren jeweiligen Kabinen gekrochen, es gibt einen ersten löslichen Kaffee, und ich setze den Hefeteig für die Brötchen an. Rechtzeitig zum Frühstück fangen die ersten Handys an zu piepen, wir haben wieder ein Mobilfunk-Netz, wenn auch nur schwach, es reicht noch nicht für einen Video-Anruf mit unserer kleinen Enkelin. Wir sitzen am Frühstückstisch und alle schauen wie gebannt auf ihre Handys. Das war ja auch ein Entzug von von fast 24 Stunden!
12:30 Uhr sind wir am Leuchtturm Pechiguera, dem südwestlichsten Ende von Lanzarote, nun sind es nur noch 13 Meilen bis Puerto Calero, wo Hafenmeister Alex unseren angestammten Liegeplatz frei gehalten hat und die Marineros schon auf uns warten, um die Leinen anzunehmen. Am Südende Lanzarote ist der Wind wie vorhergesagt eher schwach, aber auf dem letzten Stück nach Calero haben wir natürlich den Wind direkt auf die Nase, wir müssen tatsächlich, wie befürchtet, das letzte Stück heftig gegenan kreuzen. Es weht so heftig, dass Volker am Ende seine Mühe hat, das Großsegel ordentlich aufzutuchen. Nun müssen alle mithelfen, die Fender zu hängen, die Leinen vorzubereiten, und den Hafen zu informieren, dass wir gleich reinkommen werden.
Was für eine tolle Überfahrt, unsere schnellste längere Reise bisher, und das Gute war, dass es am Anfang anstrengend war, mit dem vielen Wind und den hohen lauten Wellen, und dass die Reise dann, im Laufe der Nacht, immer angenehmer wurde.
Es war ein wunderbarer Segeltörn. Bin noch nie so schnell gesegelt. Danke an Cornelia und Volker für diese Erfahrung.
Liebe Cornelia,
Ich beneide Dich um deine Schreibe – man liest und hat das Gefühl dabei gewesen zu sein.
Dein Peter
SY Zapoli
z.Zt. LGM