Pustekuchen

Ich hätte mir besser das „es bleibt spannend“ am Ende meines letzten Beitrages verkniffen. Nun sind wir ja schon seit einigen Tagen zuhause, und können etwas emotionsloser über die Ereignisse berichten.

Einen Tag, bevor die Hexe ins Wasser gehen sollte, ist ein großes Missgeschick passiert. Beide Ruder waren am Mittwoch Nachmittag eingebaut worden, jedoch ohne die Ruderquadranten zu montieren. Nun war leider beim Einbau des Backbord-Ruders ein Delrin Gleitring vergessen worden. Bei der Korrektur wurde versehentlich die Rudersicherung gelöst und – zack – das Ruder fiel raus, auf den Asphalt unter dem Boot. 

Ich hatte die Leckereien für die Freitag-Abend-Feier im örtlichen Supermarkt eingekauft und war gerade dabei, alles an Bord zu tragen, um Bier, Wasser, Cava und Wein in den Kühlschrank zu bringen. Ich stand am Kofferraum des Wagens, mit dem Rücken zum Boot, als es plötzlich dieses schreckliche Geräusch gab. Auf der Stelle war mir klar, dass das gar nicht gut sein kann, ich drehte mich ahnungsvoll um, und sah das Ruder auf dem Boden liegen.

Zunächst schien es so, also ob mit dem Ruder nichts passiert sei, nur das glutneue Ruderlager war zerbrochen und lag in seine Einzelteile zersplittert auf dem Boden. Doch dann stellte sich heraus, dass das Ruderblatt an der Vorderkante aufgeplatzt war. Also musste das schon mal neu laminiert werden, anschließend wieder den Coppercoat-Anstrich bekommen und drei Tage trocknen. Das schien zunächst das größere Übel zu sein, denn es kostet natürlich wieder Zeit. Aber dank des großen Einsatzes von Sandy und Wes, die über das Wochenende diesen Schaden behoben haben, war die Wartezeit deutlich verkürzt worden.

Doch das Ruderlager! Auf den Kanaren war kein passender Ersatz zu finden, also musste das Ruderlager  von Outremer aus Frankreich kommen. Nun sind Lieferungen vom europäischen Festland zu den Kanaren meist sehr zeitaufwändig, also versuchte man es mit einem speziellen Paketdienst, der für den Versand zu den kanarischen Inseln zuständig ist. Aber leider konnten oder wollten diese das Ruderlager am Freitag Nachmittag nicht mehr in La Grande Motte abholen, und wie das in der nächsten Woche aussieht, wusste auch keiner. Also hatte Wes sich überlegt, nach Barcelona zu fliegen, und dann mit dem Leihauto weiter nach La Grande Motte zu fahren um das Ruderlager direkt bei Outremer abzuholen.

Im Flieger

Nun wollte ich ja auf jeden Fall am Sonntag nach Hause fliegen, und Volker war schon ganz traurig, so lange alleine auf Lanzarote bleiben zu müssen, wenn er ja sowieso in den nächsten Tagen nichts zum Fortschritt der Reparatur beitragen kann. Deshalb kam ihm die Idee, er könnte doch mit mir nach Hause fliegen. Das hätte zwei Vorteile, wir würden unsere, von langer Hand  geplante Woche mit Enkeltochter Zoey verbringen können und der Ersatzteilversand von Frankreich nach Deutschland würde mit Expresslieferung nur wenige Tage dauern.

Also saßen wir beide am Sonntag im Eurowings Flieger, sind pünktlich um 22:40 in Frankfurt gelandet, Larissa holte uns dankenswerterweise ab. Am Flughafen folgte die nächste Katastrophe: Die Hälfte der Passagiere  waren schon mit ihren Koffern nach Hause gegangen, für uns andere hieß es: „Die Koffer kommen gleich.“ Dann, inzwischen war es 14 Minuten nach Mitternacht, kamen zwei verschüchterte Gepäck-Mitarbeiter, und sagten, dass die Koffer heute nicht mehr kämen. Volker hat das lautstark für alle Anwesenden verkündet, und wir erlösten Larissa, Johannes und Nana von der langen Wartezeit. Unglaublich!

Am Montag holten wir Zoey bei ihren Eltern ab, zum Urlaub bei den Großeltern. Auch die Urgroßmutter kam für die nächsten Tage dazu, so hatte das Kind alle erdenkliche Aufmerksamkeit und sehr vergnügliche Tage.

Am Dienstag kam, nach einer rekordverdächtig kurzen Lieferzeit, das ersehnte Ersatzruderlager von Outremer an, und wir buchten den nächstmöglichen Rückflug für Volker nach Lanzarote. Der ging am Donnerstag und verlief jedoch auch nicht hürdenfrei (befinden wir uns etwa in einer Pechsträhne???). Nach zwei Zwischenstopps und 14 Stunden Reisezeit landete der Skipper nebst Ersatzteil spätabends in Arrecife und verbrachte die Nacht im Gästezimmer von Wes und Roisin.

Am nächsten Morgen wurde das reparierte Ruder eingebaut, die Ruderquadranten montiert und endlich schwebte die Hexe sicher in den Gurten des 850-Tonnen-Krans liegend ihrem angestammten Element entgegen.

Sechs Wochen Werftzeit liegen nun endlich hinter uns. Das Segeln nach Calero entschädigte schon mal für Vieles. Jetzt liegt unser Boot gut vertäut im Hafen. Sonntag ist Volker wieder nach Frankfurt zurück geflogen. 

Entwarnung gib es auch beim Koffer, der kam am vergangenen Samstag wohlbehalten und vom Paketdienst geliefert, zuhause an. Selbst der eingeschweißte Käse und die Wurst haben die sechstägige Lieferverspätung schadlos überstanden.

Es gibt jetzt am Boot vor der nächsten großen Herbstreise immer noch einiges zu tun, der Watermaker soll aus dem Motorraum unter das Gästebett verlegt werden, die Fernbedienung für den Reserveautopilot muss eingebaut werden. Auch der Hydrogenerator muss nach der Reparatur wieder komplett montiert werden, die neu angefertigte Abstellfläche in der Dusche eingeklebt werden, das gerichtete Leitblech vom Anker  wieder montiert werden. Mehr noch: Der Riss von der Segelpersenning muss genäht werden, der Anschluss vom Backbord Dieseltank neu eingedichtet werden. 

Deswegen hat der Käptn nur einen kurzen Sommerurlaub in Deutschland geplant und wird Anfang September schon wieder zum Boot zurück fliegen, um dann vielleicht Ende September nochmals ein paar Tage in Deutschland verbringen zu können.

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