Auf nach Süden – ein Fazit von der Capitania

Die Facts:
Reisezeit insgesamt 12  x 24 Stunden, 11 Tage unterwegs, 1 Tag Ruhezeit
Meilen: 1806, Tagesschnitt ca. 155 sm
Wenn ich eine gute Statistikerin wäre, hätte ich die Manöver mitgezählt z.B. 15 x Genua reffen, 3 x Großsegel Verkleinerung auf Reff 2, hab ich aber nicht, das waren zu viele, und manche hab ich auch verschlafen, weil der Skipper sie ganz alleine ausgeführt hat. Das Großsegel war auch, abgesehen von einem Tag, immer mindestens im 1. Reff.

Planung unter Berücksichtigung des Golfstroms (hellgrau)

Natürlich war uns bewusst gewesen, dass uns da draußen kein Spaßegeln erwartet. Für mich war dies nicht unbedingt eine der schöneren Überfahrten, was natürlich auch daran liegen mag, dass ich zwischendurch so krank war. Außerdem konnte ich mich nur noch hangelnd durch das Boot bewegen, jeder Gang auf die Toilette im Rumpf wurde zu einer  Herausforderung. Am ersten Tag ging es besonders hoch her, beim wilden Wellenrodeo; und später beim Hoch-am-Wind-Segeln gegen die gut 2,5 Meter hohen atlantischen Wellen in den letzten fünf Tagen unserer Überfahrt von Amerika in die Karibik.

Gut gegessen haben wir trotzdem immer, Volker hat jeden Tag zur Abendzeit etwas Leckeres auf den Tisch gezaubert. Und wenn es nichts am Boot zu tun gab, haben wir die Tage mit Lesen, Schlafen und Rätseln verbracht. Leider war es in den Nächten nicht so verlockend, den Sternenhimmel zu studieren, er zeigte sich auch nicht immer, sondern verschwand gerne hinter Wolken.

Der Trimm des Vorsegels

Eine kleine Anekdote zwischendrin:

Wir hatten ja, wie berichtet, in Rudee Inlet eine Pause eingelegt, um die für Camp Hatteras vorhergesagten starken Winde abzuwarten.Am Nachmittag bin ich dort mit einem „Uber“, das ist so etwas wie ein günstigeres Taxi, nach Norfolk gefahren, um den gebrochenen Bolzen des Lümmelbeschlages schweißen zu lassen.

In der nahen Marina hatte man mir diese Adresse gegeben, und versichert, dass Larry uns hervorragend helfen könne. Bevor ich wegfuhr, legte Volker mir nahe, „ordentlich Geld einzustecken“, Schweißer seien teuer. Und in den Staaten wahrscheinlich sowieso. 

Ein freundlicher älterer Mann, eben Larry, empfängt mich, bittet mich höflich herein, hört sich mein Anliegen an. Dann verschwindet er mit meinem Bolzen ein bisschen weiter in die Halle hinein, „Ich muss dabei nachdenken“ sagt er, vorher setzt er mich auf einen Besucherstuhl, ich solle mich entspannen. 

Nach weniger als einer halben Stunde kommt er mit dem perfekt reparierten Teil, es ist noch warm. Von Volker vorbereitet frage ich ihn nach dem Preis, höhere Zahlen erwartend. „Ach weißt Du, nimm es als Geschenk, ich will nichts dafür.“ Ich glaube, ich sah nicht sehr intelligent aus, als er geendet hatte. Mir stand der Mund offen. Natürlich versuchte ich zu protestieren, er solle doch an seine Kinder und Enkelkinder denken, aber es half nichts.

Das T-Shirt kommt sofort zum Einsatz

Und zu allem Überfluss gab er mir am Ende, nachdem wir eine Weile charmant geplaudert hatten, noch ein T-Shirt seines Betriebes für Volker mit. Und als der Uber kam, der mich zurückbringen sollte, begleitete Larry mich bis zum Auto, „um zu schauen, ob der Fahrer auch ordentlich ist“. So ein schönes Erlebnis! Thank you so much, Larry!!!

Anmerkungen von Volker

Gesplitterte Segellatten

Was ging kaputt/bereitete Probleme:

  • Der obere Teil vom Lümmelbeschlag, an dem gleichzeitig das Vorliek vom Großsegel angebunden ist, ist abgebrochen.
  • Bei einer Patenthalse hat es die obersten zwei Segellatten zerbröselt.
  • Der Geschwindigkeitsgeber, die Logge, hat ihren elektronischen Geist aufgegeben.
  • Der Mantel der Reffleine vom ersten Reff ist kurz vorm Ziel durchgescheuert.
  • Der Steuerbordmotor musste entlüftet werden (woher die Luft im Treibstoffsystem kam, bleibt ein Rätsel).

An der Stelle müssen wir unbedingt mal unsere Outremer loben.

Squall im Anzug

Die ist wirklich steif und solide von ihrer Struktur her gebaut, wir sind über so viele Wellenkämme geflogen und in so viele Wellentäler gekracht, das hätten wir manch anderem Serienschiff nicht zumuten wollen. Alle Schotten und alle Verbindungen haben gehalten, auch alle Möbeleinbauten sind schadensfrei an ihrem Platz geblieben, vorbildlich. Zudem saßen wir in einem absolut wasserdichten Kokon, keine Luke hat geleckt, keine Fenster auch nur einen Tropfen Salzwasser nach innen gelassen. Wir können uns momentan kein besseres Fahrtenboot  für schwierige Seegangsverhältnisse vorstellen. Anmerkungen Volker Ende.

Als wir im ersten Morgenlicht des letzten Tages Land sahen, St. Martin mit seinen Bergen war hinter Anguilla, der vorgelagerten Insel, in der Ferne gut zu erkennen, ließ die Vorfreude auf die Insel bereits alle Strapazen vergessen.

Werden wir weiterhin lange Etappen segeln? Natürlich! Aber wenn ich mir was wünschen dürfte, könnte der Wind ruhig ein wenig achterlicher kommen, und die Wellen ein bisschen kleiner sein. 

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